Da schreibt jetzt also ein Deutscher über einen Bahnhof in London, nämlich King’s Cross. Ist das nicht ein bisschen verrückt oder so? Dabei möchte ich einfach an ein beeindruckendes Lied der Pet Shop Boys aus dem Jahr 1987 erinnern, welches eine eigentümliche Vorahnung mitbrachte. Ja, das klingt alles ein wenig nach Verschwörungstheorie. Das soll aber gar nicht so sein. Es ist nur eine interessante Geschichte, die vielleicht irgendwen interessiert.
Wer oder was ist Kings’s Cross?
King’s Cross befindet sich nördlich der Londoner Stadtmitte. Der Name stammt von einem Denkmal für König Georg IV. Er war u.a. Schauplatz diverser Musikvideos und beherbergt das imaginäre Gleis 9 3/4 aus den Harry-Potter-Romanen. Der Bahnhof selbst wurde 1850 eröffnet. Laut einer Legende soll sich der Bahnhof über dem letzten Schlachtfeld der britannischen Königin Boudicca befinden, ihre Leiche soll irgendwo unter den Gleisen begraben sein.
OK, und was will ich jetzt mit der Vorahnung sagen? Am Bahnhof King’s Cross schließt sich der U-Bahnhof King’s Cross St. Pancras an. In diesem brach Ende November 1987 ein fatales Feuer aus, bei dem es zu 31 Toten kam. In der Literatur und im Internet ist es verzeichnet als „The King’s Cross fire“. Und damit sind wir bei den Pet Shop Boys. Oh, und jetzt wird es spannend, wie wir gleich erleben können.
Was die Pet Shop Boys daraus gemacht haben
In dem Lied „King’s Cross“ heißt es in der zweiten Strophe: „Dead and wounded on either side / You know it’s only a matter of time“, also „Tote und Verwundete auf jeder Seite / Du weißt, es ist nur eine Frage der Zeit“. Das eigenartige ist, dass das Lied etwa 1 Jahr vor der Katastrophe aufgenommen wurde und das Album „Actually“ mit „King’s Cross“ als letztes Lied im September 1987 erschien.
Grob gesagt handelt das Lied von alltäglichen Desastern und vom Wunsch, von zuhause wegzulaufen und nie wieder zurückzukommen. Im Prinzip ist dies ein sehr düsteres und ernstes Lied. Die Musik dazu ist sehr gefällig und balladesk. Aber das eigentliche Desaster wird dabei ja an sich gar nicht besprochen. Oder sehe ich das falsch?
Wegen der oben genannten Passage und der Feuerkatastrophe schalteten Radiosender in England eine kostenpflichtige Hotline, die man anrufen konnte, um das Lied zu hören. Der Erlös kam den Opfern und Hinterbliebenen des Brandes im Bahnhof King’s Cross St. Pancras zugute.
Obwohl dieses Lied niemals als Single veröffentlicht wurde, existiert ein offizielles Video. Es stammt aus dem Pet Shop Boys Film „It couldn’t happen here“ aus dem Jahr 1988:
Die Moral von der Geschichte?
Nein, die Pet Shop Boys haben selbstverständlich nichts von dem Brand in King’s Cross St. Pancras gewusst. Wie auch? Aber natürlich gibt es wilde Verschwörungstheorien. Die gibt es zu allen möglichen Themen. Und wenn noch dazu irgendwas von Harry Potter mit dabei ist, gibt es nur schwer ein Halten. Was sagen solche Menschen dann eigentlich zu den Anschlägen in London, die auch an dem Bahnhof ereigneten?
Auch damit hatten die Pet Shop Boys nichts zu tun. Das Album „Actually“ (Eigentlich, sogar, in der Tat…) ist ein gutes Album voller Pop und sowas. Aber eben auch das Kirchen-kritische „It’s a Sin“ oder „What have I done to deserve this“ über Christine Keeler, die auf dem Höhepunkt des Kalten Kriegs gleichzeitig eine Affäre mit dem britischen Kriegsminister Profumo und dem sowjetischen Marine-Attaché Ivanov hatte.
Heikle Themen. Aber wie das Lied „King’s Cross“ jetzt nichts, weshalb irgendwelche Aluhut-Träger ausrasten können. Die Pet Shop Boys waren eben wie so viele Bands immer mehr als nur einfacher Pop. das zeigt sich an so vielen Stellen der beiden Musiker. „King’s Cross“ ist da jetzt nicht herausragend. Aber ich fand die Geschichte rund um den Bahnhof erwähnenswert.
Das ist sehr interessant, was du alles so weisst. Du interessierst dich für die gleiche Musik, wie ich, obwohl ich etwas jünger bin als du. Ich bin Mitte der 80er Jahre auf die Welt gekommen.
Dieser Beitrag ist sehr gründlich recherchiert und bietet echt viele interessante Informationen.
Zudem ist noch zu sagen, dass zu KINGS CROSS ein Video von dem großartigen Derek Jarman gedreht wurde, der auch das video zu Rent drehte.
In dem Video sieht man lediglich Chris Lowe in der gleichen Kluft wie im Rent Video.
Dieses video ist nie offiziell veröffentlicht worden. Es wurde lediglich bei Konzerten als Installation benutzt.