Fast Car – der größte Hit der US-Amerikanerin Tracy Chapman, Ende 2015 als Cover-Version von Jonas Blue und Dakota wieder entdeckt. Und nun? Ich halte ja nicht viel von solchen Cover-Versionen. Aber so ging es unseren Eltern auch, als wir zu „Always on my Mind“ von den Pet Shop Boys abfeierten und das Original von Elvis ausgeblendet hatten. Ich muss aber trotzdem mal ein paar Worte zu dieser Neuinterpretation der Alltagsgeschichte aus dem miefigen, piefigen Kaff loswerden. Denn ich finde, das gehört sich so.
You’ve got a fast car…
Er hat ein schnelles Auto, sie eine Fahrkarte sonstwo hin. Wer weiß, vielleicht wird man sich einig und fährt zusammen irgendwo hin. Überall ist es besser, man kann bei Null anfangen, es gibt nichts zu verlieren. Sie hat einen Plan, wie man rauskommt, hat ein bisschen Geld zur Seite gelegt. Es muss keine Weltreise sein, nur in die nächste große Stadt, wo man Arbeit findet. Ihr Vater ist durch den Alkohol am Ende. Ihre Mutter ist abgehauen, um ein besseres Leben zu haben. Und um sich um ihren Vater zu kümmern, hat sie die Schule geschmissen. Und nun? Ist sein Flitzer schnell genug, dass sie entkommen können? Wenn sie jetzt nicht abhauen, werden sie beide in diesem Kaff versauern.
In seinem schnellen Auto fahren Sie einfach so, nur zum Spaß durch die Gegend. Er hat noch immer keinen Job, sie arbeitet im Supermarkt an der Kasse. Irgendwann wird alles besser, wenn er Arbeit hat und sie befördert wurde. Dann ziehen sie weg aus der Hütte in ein großes Haus im Grünen. Er hat sein schnelles Auto, aber ihr Job bezahlt die Rechnungen. Bis spät in der Nacht hängt er in der Kneipe herum und kümmert sich mehr um seine Kumpels, als um seine Kinder. Sie ist weiterhin optimistisch. Aber sie hat keine Pläne, kein Ziel und keine Träume mehr. Darum soll er in seinen Flitzer steigen und weiter fahren. Er muss sich entscheiden: Zwischen dem kleinen Kaff, in dem er sterben wird, und der großen, weiten Welt.
Sie erinnert sich gern daran, wie sie zusammen mit dem Flitzer umher gefahren sind. Das war so schnell, dass sie dachte, sie sei betrunken. Die Lichter der Stadt sind vor ihnen zu sehen. Es war angenehm, von seinen Armen umschlungen zu sein. Sie hatte das Gefühl, zu jemandem zu gehören. Und sie hatte das Gefühl, endlich einmal eine Persönlichkeit sein zu können.
Wenn Träume zerplatzen…
Ist das nicht ein trauriges Lied? Träume und Ziele sind einfach zerplatzt, weil man es nicht geschafft hat, aus dem kleinen Kaff abzuhauen und etwas zu wagen, Chancen zu nutzen, etwas aus dem Leben zu machen. Geendet ist man dann in völliger Ernüchterung, weil man immernoch in dem kleinen Kaff wohnt und es wohl nicht mehr schaffen wird. Ich finde, das Lied ist perfekt vertont worden, als Tracy Chapman mit sparsamer Instrumentierung und klassischer Gitarre dieses Lied zu einem Welthit machte:
Ich weiß nicht, was ich von der Tropical-House-Version vom britischen DJ Jonas Blue halten soll. Klar, diese Instrumentierung passt besser in die aktuelle Zeit. Aber ein Stück weit ging das Gefühl der Ernüchterung verloren, was Tracy Chapman so wunderbar inszeniert hatte. Da kann „Fast Car“ noch so sehr das Lieblingslied der Mutter von Jonas Blue sein. Irgendwie fehlt mir die Tragödie, die im Original sprichwörtlich fühlbar war. Ja, es ist nicht schlecht, was Jonas Blue da gemacht hat. Aber die Brillanz von Tracy Chapman erreicht er bei weitem nicht.