Leipzig ist bei vielem schnell, bei den Spätis kam die Stadt erst jetzt auf eine blöde Idee. Die Diskussion um die Spätis hatten andere Städte schon längst. Die kleinen Lädchen, die am Wochenende und spät am Abend noch offen haben und Anlaufstelle für alle die sind, die Lebensmittel, Getränke oder Zigaretten vergessen haben, stehen ganz plötzlich in Leipzig vor einer ungewissen Zukunft. Damit geht ein Stück Kultur den Bach runter. Wer kommt auf so eine Idee?
Viele ahnen ja gar nicht, wie viele Spätis es in Leipzig gibt. Im Prinzip ist ein Späti so etwas wie ein Tante-Emma-Laden, nur eben für die Zeit nach dem Ladenschluss. Die Spätis sind kleine Läden in der Nachbarschaft, in denen man sich eindecken kann, wenn man mit irgendwas nicht bis zum nächsten Morgen reicht. In Berlin soll es knapp 1000 davon geben. So viele sind es in Leipzig nicht. Im Ruhrgebiet nennen die sich wohl Trinkhalle. Aber sie erfüllen alle den gleichen Zweck.
In Berlin gab es letztes Jahr gewaltige Proteste, weil die dortige Stadtverwaltung die Spätis nicht mit Tankstellen und Bahnhofsshops gleichstellen wollte und sie in das Ladenschlussgesetz reinpressen wollte. Berlin verhängte stattdessen Bußgelder. Und nun – Achtung, man wachte jetzt auf – kommt die außerordentlich heldenhafte Heldenstadt Leipzig, das Kleinparis von der Pleiße, auf die gleiche unsinnige Idee. Man darf dann mal vorsichtig die Stadt fragen: Wozu gibt es Spätis, wenn sie an den Ladenschluss gebunden wären? Welchen Zweck könnten sie dann erfüllen?
Das Leipziger Ordnungsamt tanzt nun nach und nach bei den Spätverkaufsstellen (Spät – Kennt jemand das Wort?) an und kontrolliert, ob die sich an das Ladenschlussgesetz halten, das besagt, dass Verkaufsstellen nur Montag bis Samstag zwischen 06.00 Uhr und 22.00 Uhr offen haben dürfen. Ausnahmen sind Apotheken, Tankstellen und Verkaufsstellen an Bahnhöfen und Flughäfen. Niemand weiß, ob 5 Beschwerden im gesamten Stadtgebiet wirklich der Grund für die Schikane des Ordnungsamtes sind. Die soll es zwar gegeben haben, aber wieso die Tolerierung jetzt als nicht existent abgewiesen und den Spätis entzogen wird, ist unklar.
Angeblich sei es bei manchen Spätis abends etwas zu laut gewesen sein. Das mag sein. Das würde die 5 Beschwerden erklären. Aber wieso macht die Stadt da jetzt so ein Fass bei den Spätis auf? Wissen Sie, wie oft Feuerwerkskörper in Leipzig knallen, obwohl kein Silvester und kein Tag der Deutschen Einheit ist? Die Stadt unternimmt da nichts. Ich würde mir wünschen, dass bei wirklicher Belästigung etwas unternommen werden würde. Und da denke ich eher an Kriegsspielerei als an die Spätis. Aber ich bin ja auch kein Ordnungsamtsleiter.
Die Theorie ist, dass die Spätis weg müssen, um keine Konkurrenz für die Tankstellen darzustellen. Dabei stellen ja die Spätis nicht nur eine Einkaufsmöglichkeit dar, sondern auch einen Treffpunkt im Wohngebiet. Der organisierten Kriminalität in Leipzig kommt man nicht im Geringsten auf die Schliche, sodass diese weiter Katz und Maus mit den Behörden spielt. Aber den kleinen Einkaufsbuden macht man den Garaus. Ich sag’s ja immer wieder: Eine tolle Stadt haben wir da. Wenigstens überlegen SPD-Politiker eine Lockerung des Ladenschluss-Gesetztes. Wenigstens was.