Ich habe immer große Probleme damit, wenn irgendwer behauptet, dass die europäische Elfenbeinturm-Politik in die Geldbörsen des Volkes greifen würde. Auch jetzt ist das wieder der Fall, wenn jemand über solche Dinge wie „Bail-in“ fachsimpelt und behauptet, dass der Internationale Währungsfonds die EU aufgefordert haben soll, die Bürger zu enteignen. Aber kann da etwas dran sein? Wird „dem Volk“ alles weggenommen? Schauen wir mal.
Ich bin über einen Artikel von Ernst Wolff gefallen, der ein Buch beim Kopp-Verlag veröffentlicht hatte. Nun muss man wissen, dass dem Kopp-Verlag ein gewisser Ruf anheftet. Da muss man gar nicht weit schauen. Es reicht ein Blick in die Wikipedia, um die Ausrichtung des Verlags einzuordnen. Das ist also gar nicht schwer. Und so lesen wir jetzt alle mal laut vor:
Der Verlag vertreibt eigene und fremdverlegte Bücher und andere Medien sowie eine Onlinezeitschrift zu gesellschaftlichen und politische Themen und publiziert u.a. in den Bereichen rechte Esoterik, Pseudowissenschaft und Verschwörungstheorien sowie Rechtspopulismus und Rechtsextremismus.
Wenn man nach Ernst Wolff sucht, muss man etwas länger suchen. Er publiziert Bücher beim Kopp-Verlag und veröffentlicht Artikel bei Sputnik-News, über die ich auch bereits mal schrieb. In einem über 1000 Worte langen Artikel in der NEOpresse, einem Blog (und keine Presse), dem nachgesagt wird, eine eindeutige Linie zu fahren:
die Stoßrichtung […] diese […] [ist]: gegen die NATO, gegen die EU, gegen den Kapitalismus.
In diesem Zusammenhang werden auch Verschwörungstheorien genannt. Und somit haben wir auch diese Publikation eingeordnet. Dabei ist es gar nicht schlimm, kritisch gegenüber den genannten Organisationen zu sein. Es ist halt schlimm, wenn ein Artikel sich als Nachrichten ausgibt, es dann aber nicht halten kann, und die Leser das glauben. Und all das immer mit dem Vorwand, die „gleichgeschalteten Massenmedien“ würden doch eh alles verschweigen.
Jedenfalls lese ich einen Artikel, der da betitelt ist mit „IWF an EU: Enteignet eure Bürger!“ von eben jenem Ernst Wolff. Es geht um das Dilemma bei den italienischen Banken. Da sind ein paar ziemlich notleidend. Der eine oder andere hat das sicherlich in den Nachrichten irgendwo mitbekommen. Richtig ist, dass es sich abzeichnet, dass wieder Steuerzahler für marode Banken gerade stehen sollen. So wie 2008 nach der Lehman-Pleite. Seitdem gibt es auf Sparguthaben schlichtweg nur noch Zinsen, die mit der Lupe zu suchen sind.
Es ist nun so, dass es aufgrund des „Bail-In“ die europäischen Staaten die maroden Banken – unter anderem in Italien, das schon vorher abgehängt war – refinanzieren sollen. Also letztlich die Steuerzahler. Näheres dazu wird wohl das Ergebnis eines Stresstests ans Licht bringen, der Ende Juli veröffentlicht werden soll. Die deutschen Sparer wird das Ganze allerdings kaum betreffen, da die nicht bei italienischen Banken sparen. Deutsche Banken sind da schon dicker betroffen, da die auf italienischen Risiken in Höhe von 85 Milliarden Euro sitzen.
Das große Problem ist, dass die italienischen Banken zu lange so taten, als könnten sie das Problem einfach mal weg ignorieren. Frei nach dem Motto: Was ich nicht sehe, ist auch nicht da, und ich habe meine Augen zu. Sie haben den Kleinanlegern hochriskante Anleihe-Geschäfte angedreht, die nun reihenweise weggeplatzt sind. Aber diese Probleme gibt es ja bei italienischen Banken nicht.
Nun, da das Kind in den Brunnen gefallen ist, könnte das marode Bankensystem in Italien komplett in sich zusammenfallen. Eine einfache Lösung, wie sie Italiens Ministerpräsidenten Matteo Renzi vorschwebt, wird es nicht geben. Jetzt sucht Italien nach Lösungen. Beim italienischen Bankenverband gilt der „Bail-in“ sogar als verfassungswidrig, was die Suche nicht unbedingt einfacher macht. Der besagt, dass zunächst einmal die Aktionäre haften, dann die Eigner von Obligationen und dann Sparer mit mehr als 100000 Euro auf dem Konto. Aber das ist ja in Italien nicht gewünscht.
Nun will man pragmatisch sein. Im Falle der Bank „Monte dei Paschi di Siena“ bastelt man an einem Ausweg, der besagt, dass ein großer Teil der verbrannten Kredite in eine Art Bad Bank ausgelagert werden soll und danach eine Refinanzierung mit 2 bis 3 Milliarden Euro stattfindet. Unterstützen sollen die anderen Banken. Und – ach ja – der Staat. Aber das hat nichts mit dem Artikel in der NEOpresse zu tun, der auch noch auf anderen Webseiten erschienen ist. Das ist einfach nur Panikmache und trägt zu nichts bei. Ich kann das falsch sehen. Aber das ist meine Meinung. Und was denken Sie?