Man fühlt sich nach irgendwo ins Nirgendwo versetzt, wenn man als Leipziger doch mal am Stadtrand auf der anderen Seite der Autobahn A14 herum tobt. Zwei Nester gehören zu Leipzig, die so vom Aussehen her so gar nicht dazu gehören dürften. Irgendwie ist das Alles ein großes „Hinter den sieben Bergen, bei den sieben Zwergen“. Ich hab mich dort mal umgeschaut, denn ich habe von den Nestern früher mal gehört.
Hohenheida
Im Schatten des riesigen BMW-Werks im Norden von Leipzig liegt das 600-Seelen-Dorf Hohenheida. Vor etwa 600 Jahren war das ein so genanntes Universitätsdorf, es befand sich im Besitz der Universität Leipzig. Diese nahm Gelder aus Hohenheida und einigen anderen Nestern ein. 400 Jahre später kam es zum Kuramt Leipzig und dann vor 160 zum Gerichtsamt Taucha. Vor über 20 Jahren wurde es zum südwestlich gelegenen Seehausen eingemeindet, was dann 1997 nach Leipzig eingemeindet wurde.
Wer auf der A14 fährt, registriert zwar das BMW-Werk, merkt aber nicht, was sich dahinter befindet. Ebenso geht es jemandem, der auf der B2 in Richtung Norden fährt. Irgendwie ist das ein recht verschlafenes Nest. Rund um den Gasthof stellt man ein wenig Leben fest. Man sieht beim genaueren Hinsehen einen kleinen Dorfplatz und einen Anger. Aber kaum jemand fremdes würde von der Hauptstraße abbiegen und in den Ortskern fahren. Und so schläft Hohenheida weiter.
Gottscheina
Wer noch ein bisschen weitergräbt, so irgendwo im Nirgendwo, der kommt irgendwann auch nach Gottscheina. Dieses Nest ist noch um einiges kleiner als Hohenheida, zu dem es eingemeindet wurde. Wie das größere Hohenheida war das Nest ein Universitätsdorf. Der Dorfkern liegt rund um einen verschlafenen Anger. Eigentlich war es das schon: Der Anger mit ein paar Häusern darum. Am Ortsrand haben sich aber ein paar Einfamilienhäuser angesammelt.
Über allem strahlt die Kirche mit ihrem spitzen Turm. Dem Dorf merkt man den tiefen Schlaf an. Als ich dort war, habe ich exakt eine Person gesehen. Aber das ganze Nest ist liebevoll hergerichtet. Es gibt sogar Tourismus dort, mindestens eine Pension am Angerteich habe ich gesehen. Aber an sich ist es so: In Gottscheina sagen sich wahrscheinlich nicht mal Fuchs und Hase gute Nacht, weil sie es gar nicht dort hin finden würden.
Was mich beeindruckt hat
Die beiden Ortschaften, die vielleicht zusammen tausend Einwohner zählen, liegen zwischen A14, BMW-Werk, Krostitz und Taucha. Sie liegen am äußersten Nordosten von Leipzig. Man hat wirklich als Stadtmensch den Eindruck, als ob dort ein Stück weit die Zeit stillstehen würde. Ich glaube aber, dass genau das die Nester Hohenheida und Gottscheina ausmacht.
Als Stadtmensch kommt man dort hin und hört Vogelgezwitscher. Das ahnt niemand, wenn man einem Fremden davon erzählt, dass die beiden Nester zu Leipzig gehören. Keine Straßenbahn, keine S-Bahn, keine Bundesstraße. Ich habe dort Bushaltestellen gesehen, so wie das auch schon früher so war. Aber der Stress, der ein paar Kilometer weiter in der Innenstadt abgeht, vor dem bleibt man irgendwo im Nirgendwo verschont.