Man kann sich das Leben unnötig schwer machen und alles verkomplizieren. Andererseits muss das auch ganz und gar nicht auf diese Art und Weise gehen. Was ist mit einem Tag wie ein leichter italienischen Sommerwein? Was ist mit einem Leben, das nicht schwer wie Blei, sondern leicht wie eine Feder ist? Ist es nicht so, dass alles ein wenig einfacher ist, wenn man nicht ständig einen Rucksack mit sich herumtragen muss? Ich denke, dass das genau der Schlüssel zu einem guten Leben ist. Sehen Sie das nicht auch so?
Wir alle geben im Alltag immer volle Pulle. Nach unseren Möglichkeiten und in unserem Zuständigkeitsbereich. Mancher programmiert eine bahnbrechende Software. Andere schaffen täglich aufs Neue einen guten Tag für Menschen, die ihnen anvertraut werden. Wieder andere treffen Entscheidungen für die Zukunft. Beruflich wird vielen Menschen immer wieder alles abverlangt. Und sei es, dass sie zu dem Zeitpunkt, zu dem sie 100% geben müssen, auch diese komplett abrufen können: Rettungs- und Sicherheitskräfte, Entscheider und so weiter.
All diese Menschen können dies nicht tun, wenn sie keinen Ruhepol haben. Das geht nicht, wenn im Privaten nicht alles außerhalb einfach mal unwichtig ist. Wenn der Rucksack weg ist, den man den ganzen Tag mit sich herumträgt. Wenn man dann einfach merkt, dass alles in dem Moment einfach mal gut und richtig ist. Dann fühlt man den leichten italienischen Wein auf der Zunge. Und nur dann schmeckt er.
Vieles war in meinem Leben kompliziert. Viel zu lang. Es gab immer wieder die Fehler, dass berufliche Rucksäcke nicht abgenommen wurden, wenn die Tür zum Privatleben von innen geschlossen wurde und die ganze Welt einfach mal draußen bleiben sollte. Oder es gab oft genug die Fehler, dass man sich Probleme geboren hat, wo erst gar keine vorhanden waren. Im Gegensatz dazu habe ich die Kunst zu leben neu lernen müssen. Und ich stelle fest, dass es genau das ist, was mir gut tut.
Wenn man sich leicht wie eine Feder fühlt, ist es nicht das wirkliche körperliche Gewicht, was hier gemeint ist. Nein, leicht wie eine Feder ist der nicht vorhandene Rucksack scheinbar unlösbarer Probleme und das Gefühl, dass der gemachte Fehler nicht so schlimm ist. Ars vivendi: Die Kunst zu leben ist, die Momente als wichtig zu erkennen, die wirklich essentiell sind. Das wird nur geschafft, wenn man privat das Gleiche will und in ungefähr die gleiche Richtung geht.
Wer den Rücken gerade machen kann, weil kein Rucksack mehr drückt, kann auch mehr erreichen, und Träume und Wünsche müssen nicht mehr Träume und Wünsche bleiben: Die Blumen von Madeira, die Wellen der Azoren, der Sturm am Hexentanzplatz, Rom und seine Tauben, gutes Essen, guter Wein, ein gutes Gefühl. Wenn das Leben leicht wie eine Feder ist, kann alles erreicht werden. Und auch wenn etwas nicht gleich klappt, ist das Alles nicht schlimm. Und so darf das gern auf ewig weitergehen.