Die Welt, die wir wahrnehmen, wird von Deppen bestimmt. Das wird einem immer klarer, wenn man einmal ein paar Tage Ruhe bewahrt. Wie an Weihnachten. Ich habe ja vor Weihnachten angekündigt, dass ich über die Feiertage nichts mache. Aber ich hatte offen gelassen, ob ich „zwischen den Jahren“ schreiben werde. Nun ja, ich verfasse eben mal diesen Artikel. Und der ist nicht umsonst mit „Shit happens“ überschrieben. Denn das Jahr 2016 war ein merkwürdiges Jahr. Darauf muss ich einmal Bezug nehmen. Und dann ist es aber auch genug.
Syrien und kein Ende
Wir haben trotz allen Bekundungen immernoch Krieg in Syrien und so, gemeinhin auch „Levante“ genannt. Glauben Sie, dass noch irgendwer durchblickt, wer da gegen wen Krieg führt? Irgendwie kommt einem das so vor, dass die Kriegsverbündeten mitten in irgendwelchen Kampfhandlungen wechseln können. So wie im Roman „1984“ von George Orwell, als mitten bei einer Rede und ohne den Anflug einer Gefühlsregung ein neuer Kriegsgegner ausgerufen wurde. So ist das auch in Syrien. Was soll das dort?
Da kämpfen syrische Truppen, syrische Rebellen, türkische Truppen, irakische Truppen, Freischärler in saudischem Lohn und Brot, iranische irgendwas, Islamischer Staat und sonstwer gegeneinander. Mal sind die einen miteinander verbündet, mal verfeindet. Mal sind es andere. Es ist doch völlig unsinnig, sich darüber Gedanken zu machen, weil man es eh nicht überblickt. Schlimm ist es für die Bevölkerung. Aber greift man von außen ein, holt man sich eine blutige Nase. Wie soll man sich also in dieser Situation verhalten?
Das wissen auch verschiedene Beobachter nicht, wenn ich das so richtig sehe. Und irgendwie stellte man sich immer wieder das Jahr über die Frage, wie das Alles bezahlt werden würde. Klar scheint allerdings inzwischen zu sein, dass die Türkei irgendwen bezahlt, Saudi-Arabien bezahlt wieder irgendwen, Russland bezahlt auch irgendwas, und es scheint auch irgendwas mit dem Iran zusammen zu hängen. Jedenfalls berufen sich alle Truppen dort auf den Koran. Aber dann dürften sie gar nicht gegeneinander kämpfen, weil genau das die heilige Schrift verbietet.
Die Bekloppten sind unter uns
Daran sieht man aber, wie bekloppt das Alles ist. Ähnlich bekloppt wie der angebliche islamistische Attentäter vom Olympiazentrum München. Es stellte sich dann heraus, dass der Deutsch-Iraner ein rechtsradikaler Muslime war. Der war der Meinung, dass er ein „Herrenmensch“ und ein „Arier“ sei, weil seine Eltern Ende der Neunziger als Flüchtlinge aus dem Iran kamen, und der Iran altpersisch Ary?nam Xša?ra heißt, was wohl „Land der Arier“ bedeutet. Das war kein islamistischer Syrien-Flüchtling, der vom IS geschickt wurde. Das war ein Nazi.
Ähnlich soll es bei dem „islamistischen Axt-Anschlag“ am Hauptbahnhof Würzburg oder wo auch immer gewesen sein. In Würzburg war es jemand, der verwirrt war, in Ansbach wohl auch. Die Silvester-Übergriffe letztes Jahr in Köln sollen von jahrelang bekannten Straßengangs verübt worden sein. Und alle berufen sich auf den Koran – wenn überhaupt. Vermutlich wurde dieser gesellschaftliche Abfall, der übrigens seltenst aus Syrien, sondern eher vom Balkan oder so stammt, aus der Gesellschaft vertrieben, weil die nicht die mindesten Anforderungen erfüllten, um Teil der Gesellschaft zu sein.
So wie unsere rechtsradikalen und linksradikalen Truppenteile. Im Jahr 2016 gab es kolossale Übergriffe. Wir können am Ende festhalten, dass wir über all diese Leute nie wieder ein Wort verlieren sollten. Weder über richtige Islamisten (die genannten Beispiele waren Deppen, aber keine Islamisten), noch über Rechtsradikale noch Linksradikale. Alle in einen Sack, schwere Gewichte dran und im Marianengraben versenken. Die spinnen alle irgendwie. Und ich will nicht wissen, wer von denen bekloppter ist.
Ich habe nichts dagegen, wenn jemand eine fundierte linke oder rechte Meinung hat. Aber es ist ja mittlerweile völlig unmöglich geworden, irgendeine Meinung dazwischen zu haben. Es ist nun einmal so, dass wir in diesem Land doch irgendwie in der Lage sein müssen, uns sowohl die eine, als auch die andere Ansicht anzuhören und unsere eigene Meinung dazu äußern zu können. Es muss doch erlaubt sein, Flüchtlinge zu unterstützen, aber eben auch auf Probleme hinzuweisen. Aber genau das ist völlig undenkbar geworden in diesem Land.
Shit happens
Wir können nur hoffen, dass das Jahr 2016 ein Ausrutscher war. Shit happens. Im Jahr 2017 sollten wir uns ernsthaft darüber Gedanken machen, wie wir mit Radikalen aller Art umgehen. Politische und religiöse Radikale haben in einer zivilisierten Gesellschaft nichts verloren. Wie gesagt, nichts gegen fundierte Ansichten, die einen eventuellen Diskurs voranbringen. Aber diese Spinner, die einfach nur kaputt machen, müssen wir loswerden.
Und bitte glauben wir nicht alles, was bei Facebook geteilt wird. Nicht alles ist wahr, nur weil es dort steht. Das Jahr 2016 wird als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem das Postfaktische geboren wurde. Bitte lassen Sie uns zukünftig erst richtig informieren, bevor wir irgendwelchen Mist in die Welt klatschen. Vor allem, wenn wir so viele Leute um uns scharren, die gern mal von „Lügenpresse“ erzählen. Glauben wir denn wirklich, dass „Russia Today“ wirklich das bringt, was wir dann als Wahrheit anerkennen?
Es ist nämlich sehr einfach, sich auf eine der beiden politischen Seiten zu schlagen und mit der Mistgabel und der Fackel in der Hand der anderen Seite zu drohen und sie zu diffamieren. Viel, viel schwieriger ist es, sich zwischen beiden Seiten aufzuhalten und sich die Argumente beider anzuhören. Das habe ich in den letzten 1,5 Jahren erleben müssen. Aber vor allem in diesem Jahr. Das darf gern wieder anders werden. Man darf auch Meinungen akzeptieren. Man darf aber nichts kaputt machen oder Menschen zu Schaden bringen. Das gilt für alle Lager.
Ich hoffe, im Jahr 2017 können wir alle wieder ein wenig durchatmen. Wenn die Stadtreinigung die Scherben weggekehrt hat und die Heilsarmee die Opfer versorgt hat, vergessen wir mal, dass wir 2016 im Postfaktischen scharmützelt haben. Dann haben wir vielleicht auch wieder mehr Lust auf eine wirkliche Gesellschaft. Dann werden wir auch vielleicht die Meinung haben, dass man uns nicht die Lebensfreude durch das Verbreiten von Angst und Schrecken nehmen kann. Das wäre so ein bisschen mein Wunsch.