Ab welchem Punkt ist es sexuelle Gewalt? Nicht falsch verstehen, das ist schlimm und kann ein ganzes Leben verändern. Aber ist es immer gleich sowas? Ist es legitim, alles mögliche unter diesem Begriff einzuordnen, was nicht ganz so nach unseren Wünschen abläuft? Und laufen wir dadurch nicht vielleicht Gefahr, diesen Begriff inflationär zu benutzen? Ich bin hin und her gerissen. Denn wenn man diesen Begriff zu häufig und vielleicht sogar falsch einsetzt, könnte dieser schnell zum Buzzword werden. Und das wäre dann die richtige Gefahr.
Ich will jetzt keinen ganzen Artikel nacherzählen. Ich will aber mal auf ihn Bezug nehmen. Denn in diesem Artikel wird sexuelle Gewalt thematisiert. Wir denken jetzt natürlich daran, dass jemand mehr oder weniger zum Koitus gezwungen wird oder wurde und das Alles ohne Einverständnis und so abgelaufen ist. Aber nein, so weit geht das im folgenden Beispiel noch gar nicht. Und das zeigt eigentlich, wie absurd das Thema manchmal angegangen wird. Lesen Sie einfach mal:
Da geht es um ein 15-jähriges Mädchen, das auf der Suche ist, was wohl Sexualität ist und was ihr gefällt und all das. Ich erzähle das jetzt nicht in allen Einzelheiten, Sie wissen selbst, was man so als Teenager alles erlebt. Jedenfalls schreibt die Autorin davon, dass sie da einen drei Jahre älteren Teenager kennenlernt und sie sich über kurz oder lang näher kommen. Sie schreibt, dass man sich „nach ein paar Wochen“ dann auch körperlich näher kam. Und wie das eben so ist, landete man auch im Bett. Aber sie fühlte sich unwohl, und es kam eben nicht dazu.
So, und das soll die sexuelle Gewalt gewesen sein, die sie erfuhr. Weil das Flirten beiden gefallen hatte und man dann in der Kiste landete, ist es sexuelle Gewalt? Ich will das nicht herunter spielen. Aber ist das nicht ein Schlag ins Gesicht jedes Opfers sexueller Gewalt? Die gibt es nämlich wirklich. So schlimm kann es dann aber auch nicht gewesen sein, wenn sie ihn noch häufiger traf, wie sie schreibt. Ich will das nicht klein reden. Aber wenn wir diesen Text einem Opfer zeigen, was wird dieses Opfer dazu sagen? Wird das Opfer das Ganze auch als sexuelle Gewalt einstufen?
Wenn jeder harmlose Vorfall – und sorry, da ist nichts zu lesen, was nach sexueller Gewalt aussieht – als Gewaltorgie einsortiert wird, was wird denn dann zukünftig passieren? Der arme Junge, dem hier unterstellt wird, eine Drecksau zu sein, ist es doch eigentlich gar nicht. Er hatte das Gefühl, sie würde „es“ auch wollen. Dass dem nicht so war, dafür kann er nichts. Er hatte ja sogar sofort aufgehört. Er hatte sogar vorsichtig später nochmal angefangen. Um ihr das Gefühl zu geben, es sei nicht so schlimm, dass es nicht geklappt hat. Was für ein Schwein, da in dem Text! Das sehe ich nicht mal allein so, wie man hier lesen kann:
Kann es manchmal sein, dass sie sich aus einem ganz anderen Grund unwohl gefühlt hatte? Hat sie einfach mal gemerkt, dass es nicht ihre Zukunft ist, mit Männern etwas zu haben? Ja, das klingt jetzt bescheuert. Aber sie schreibt doch im Text oben etwas davon, dass sie mit einer ihrer Partnerinnen über Konsens gesprochen hatte. Kann es manchmal sein, dass ihr klar wurde, dass Heterosexualität nichts für sie ist? Das ist ja in Ordnung. Aber dann bitte soll sie sich nicht hinstellen und den Jungen hinstellen, als sei er das gewalttätige Dreckschwein, das sie fertig machen wollte. Denn das ist ihrem Text zufolge gar nicht passiert.
Mir ging es in diesem Artikel nicht darum, irgendwas klein zu reden. Gewalt in jeglicher Form, gerade wenn sie nicht gewollt ist, ist abzulehnen. Und wenn ich hier von „gewollt“ schreibe, dann meine ich das auch so. Wer weiß, manche Praktiken haben ja mit Gewalt zu tun. Nun aber so eine Geschichte unter diese Flagge zu stellen, halte ich für falsch. Der Text ist ein Schlag ins Gesicht jedes Missbrauchsopfers. Das kann so nicht richtig sein. Es mag sein, dass das als solches empfunden wurde. Sie tut dem jungen Mann auf jeden Fall damit Unrecht. Oder sehe ich das falsch?
Hinweis: Um bei diesem Text mitreden zu können, empfiehlt es sich, beide Links zu öffnen und die dortigen Texte zu lesen. Deshalb sind sie auch besonders hervor gehoben worden.
Gewalt hat viele Gesichter. Und es sind sehr oft keine offensichtlichen Verletzungen zu sehen. In der Seele jedoch bleibts ewig.
War das Gewalt, was sie mit U erlebte? Wissen wir so nicht genau, jeder empfindet das wohl anders. Sie, in einer Art Schockstarre, nicht fähig sich zu artikulieren. Kann schon sein, dass sie immer schon schüchtern war, eingeschüchtert wurde, es von den Eltern vorgelebt bekam oder es von ihnen verlangt wurde?
Zumindest scheint U nicht allein an seiner körperlichen Befriedigung gelegen gewesen zu sein, sonst hätte er sich ja nicht noch öfter mit ihr getroffen.
Ich denke mal, sie wollte wohl so sein wie „alle“, das klassische Heterobild bedienen, das ihr vorgelebt wurde, und sie wusste nichts von ihrer eigenen Ausprägung. Dies aber nun unbedingt als Gewalterfahrung zu bezeichnen halte ich für zu hoch gegriffen.
Mit der Erkenntnis ihrer wahren sexuellen Orientierung ist ihr die Geschichte mit U vielleicht im Nachhinein peinlich? Oder aber sie fühlt es als eine Verletzung, als Verrat an ihrer lesbischen Sexualität?
Wissen wir alles nicht, wir sind auch keine Psychologen.
Wie wäre es wohl ausgegangen, wenn ihre erste sexuelle Erfahrung mit einer Frau, aber einer sehr fordernden, gewesen wäre?
Aber wie vorher schon gesagt: jeder erlebt und fühlt das anders.
Wie ein Gewaltopfer sowas liest? Ich glaube, so manches Opfer sexueller Gewalt würde froh sein, wenns nur so gewesen wäre.
Hallo Kathrin. Danke erstmal für den Kommentar. Die Frage, die sich mir stellt, ist doch: Lag denn wirklich sexuelle Gewalt vor? Ich kann beim besten Willen nicht erkennen. „U“ hatte sich ja alle Mühe gegeben, nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen. Ich denke nicht, dass ihm irgendein Vorwurf zu machen ist. Ich denke eben auch wie du, dass das Alles zu weit ging. Ich finde es aber gut, dass kein echter Name genannt wurde.
Ich habe die Frage deshalb so im Artikel anklingen lassen, weil mir eben Opfer sexueller Gewalt bekannt sind. Und die wären alles andere als erfreut, so etwas zu lesen. Na klar, sie wären froh gewesen, lieber so etwas zu erleben. Aber sie würden wohl eher sagen, dass da eine Fliege zum Elefanten gemacht wurde.
Also wenn man mich fragt welche Paarung (w15+m18 oder w18+m60) ich für unnatürlich halte, habe ich eher kein Verständnis der gesellschaftlichen Haltung, die mit Paarung Nummer 2 kein Problem hat, aber schon mit Paarung Nummer 1.
Viel mehr sollte man die reale Situation betrachten…denn von außen betrachten gibt man statistische Fakten mehr priorität als wenn man selbst Teil dessen ist, wie zb. die Eltern. Dann entscheidet das Herz. Und wenn der Freund auch schon mehrere Jahre Teile des familiären Lebens ist, haben die Eltern auch ihn aufwachsen gesehen. Da kann der Altersunterschied auch mal 5 Jahre sein, niemanden stört das, da der nicht im Vordergrund steht.
Junge Erwachsene sollte man nicht gleich verteufeln, denn nur weil sie ihrem 18. Geburtstag hatten sind sie nicht von heute auf morgen andere Menschen. Denn würde man von einem 17 jährigen reden würde es ja auch keinem stören. Denn zwischen 17 und 18 können manchmal gar nur wenige Stunden liegen. Und dann gibt es ja sowieso Menschen die früher oder später erwachsen werden und meistens sind es ja die Mädchen die früher erwachsen werden.
Wenn Menschen später ihr Leben reflektieren, dann machen sie das auch oft aus gesellschaftlichen Regeln heraus. Das ist falsch und das ist richtig…dass aber gibt es bei Kindern so nicht, sie definieren falsch und richtig anders. Nicht immer aber öffters ist die kindliche Definition zu bevorzugen, da diese ohne fremdeinfluss getroffen werden.
Vor allem wenn es um ein sehr spätes Outing geht, stellt sich immer die Frage warum erst jetzt.
Ich persöhnlich habe meine Erfahrungen im Alte von 11 Jahren gemacht, ich durfte meine erst Liebe nicht lieben und erfuhr dass auch gesellschaftliche Regeln Gewalt sein kann. Damals war mir das so nicht bewusst. Aber jemehr man reflektierte desto erdrückender wurde es.
…ich möchte später noch mehr dazu schreiben, somit ist das nicht mein Schlusskommentar.
Zitat: Wie ich durch das Nachdenken über Konsens realisiert habe, dass ich sexualisierte Gewalt erfahren habe.
Das halte ich für fragwürdig. Gesellschaftliche Normen pressen sich auf ein Ereignis… Mit einem Ergebnis mit dem diese Person scheinbar nicht zurecht kam. Allein schon die sexuelle Orientierung macht den Konflikt deutlich.
Im Endeffekt kommt dieses Zitat genau richtig…
Zitat: Wie ich über das Nachdenken über einen feministischen Artikel realisiert habe, dass man sich dadurch sexuelle Gewalt einreden kann.
Denn wichtig ist was genau hat man zum Zeitpunkt der Erfahrung gefühlt… Wahrscheinlich ist das herausfinden anders gepolt zu sein.
Solche Probleme entstehen erst durch Regeln… Mal am Beispiel unserer Gesetze… Köln Silvester, schlimm genug das ganze, wurden aber gleich alle Delikte als Vergewaltigungen einsortiert… Egal ob Busengrabscher, Poklopfer oder die tatsächliche Vergewaltigung wurde als über einen Kamm geschert… Ist aber nicht richtig. Man muss schon unterscheiden ob wirklich etwas passiert ist oder nicht. Und im Fall Köln hab es statt angeblich über 100 Vergewaltigungen nur 2 tatsächliche.
Und mit diesem gesellschaftliche Bild bauen wir sehr schnell eine falsche Sichtweise auf ein Ereignis auf.