Sag mir, wo sind die goldenen Zeiten?
Sag mir, wo wie und wann waren sie vorbei?
Der Erfolg der Band Unheilig spricht Bände. Im Radio laufen die letzten Singles in der Dauerschleife hoch und runter. Die Alben verkaufen sich zeitweise wie geschnitten Brot. Der Graf tritt in den großen Samstagabendshows auf. Eigentlich alles super. Wirklich?
Der oben genannte Textauszug stammt aus einem Lied von Unheilig namens „Goldene Zeiten„. Es handelt sich um ein typisches Lied in der Richtung: Die guten alten Zeiten. Es gibt nicht wenige Fans der Band, die an diese Zeiten erinnern. Und zwar in dem Zusammenhang: Früher hat „Der Graf“ richtige Musik gemacht, heute ist alles nur noch Schlager.
Ich als Außenstehender finde aber genau diese Beschreibung sehr treffend. Die früheren Lieder der Band hatten genauso interessante Texte wie die heutigen. Es hat sich damals wie heute um eine synthielastige Musik, die sehr voll und satt und auch halbwegs düster klang, gehandelt. Was ist also der Unterschied?
Hierzu zwei Beispiele: Die Single „Spiegelbild“ aus dem Sommer 2008 und die Single „So wie du warst“ aus dem vergangenen Winter:
Alles in allem klingt die Musik – so mein Eindruck – weicher. Ja, die Lieder sagen weiter alles mögliche aus. Ja, der Erfolg gibt der Band Recht. Alles richtig. Aber es ist nicht mehr die gleiche Musik. Ich habe aus gutem Grund zwei balladeske Lieder hergenommen, damit niemand sagen kann, dass die kraftvollen Lieder mit dem stampfenden Rhythmus doch ein unfairer Vergleich mit der aktuellen Single sind.
Jetzt ist etwas erstaunliches passiert: Aufgrund des Erfolges, ich erzählte schon davon, tritt der Graf in allerlei großen Sendungen auf. Jetzt war er tatsächlich in der Sendung „Willkommen bei Carmen Nebel“. Nicht, dass mich der Erfolg der Band stört. Ich finde halt nur, die Wurzeln, die zu dem Namen „Unheilig“ führten, sind nicht mehr vorhanden.
Im Internet wird nun skandiert, dass aus „Unheilig“ nun „Unglaubwürdig“ geworden ist. Obwohl ich generell musikalische Weiterentwicklungen gut finde, sehe ich diese Meinung ähnlich. Da die Band ihre Wurzeln verloren hat, kann sie nicht mehr der Szene gerechnet werden, aus der sie stammt. Und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, als ob der Bandname inzwischen unpassend ist.
Man soll ja nicht immer alles verteufeln, und ich gönne der Band wirklich den Erfolg. Aber wenn die Musik so klingt, als wäre Wave Gothic mit norddeutschen Volksliedern gekreuzt worden, stelle ich mir die Frage, ob man für Geld wirklich alles machen sollte.
Unheilig hat sich nun mal an das Major Label „Universal Music“ gebunden und über dieses Label das Album „Große Freiheit“ und nun den Nachfolger „Licher der Stadt“ veröffentlicht. Diesen Vertrag wird er wohl erfüllen müssen, der Graf. Aber er hat eben mit diesen neuen Alben viele Fans vertrieben.
Ich denke, man sollte nicht so streng mit der Band umgehen. Aber man fragt sich schon: Wo sind sie hin, die goldenen Zeiten? Aber alles, was geht, kommt irgendwann wieder. Ich erinnere nur an das „80s Revival“. Man kann es den alten Fans nur wünschen. Gleichzeitig wünsche ich es aber den neuen Fans, dass sie mit den „frühen Jahren“ auch etwas anfangen können.
Interessante Beobachtung eines – so mutmaße ich einfach mal – nicht selbst in der Szene verwurzelten Außenstehenden. Der Artikel spricht vieles aus, das ich ähnlich sehe.
Mittlerweile bin ich als frühere Hörerin der Band aber nicht mehr an einem „Revival“ interessiert. Es gibt genug glaubwürdige und authentische Bands, so daß ich nicht auf die Rückkehr des Herrn Grafen warten muß.Ich würde es ihm doch nach all den Äußerungen in neueren Interviews sowieso nicht mehr abkaufen. :wink:
Dunkle Grüße!
Lamashtu
Hallo Lamashtu,
richtig, in der „Szene“ bin ich nicht verwurzelt. Aber ich habe mir gern die Sachen von dieser Band angehört. Die Nachrichten, wo der Herr mittlerweile herumtingelt, überschlagen sich ja inzwischen. So muss ich sagen, das ist nicht mehr meine Musik.
Ich finde es durchaus bemerkenswert, dass meine Meinung teilweise ähnlich gesehen wird, und zwar von jemandem aus der Szene. Ich beobachte ja nur, aber das kann so falsch nicht sein.
Henning Uhle