Ich stamme aus dem Leipziger Stadtteil Connewitz und kenne daher die Leopoldstraße. Dort gibt es seit Jahr und Tage eine Brachfläche, ein kleiner Park. Wir sind dort immer mit den Fahrrädern hin gefahren und haben uns mit den Kumpels aus dem Viertel getroffen. Wie das eben bei heran wachsenden Halbstarken ist, wurde hochtrabendes Zeug gequatscht, es gab die ersten Rauch-Versuche, es gab Spuck-Orgien, weil man cool sein wollte. Und dieser Platz oder Park – oder was immer es ist – soll weg. Er soll bebaut werden. Ernsthaft, Stadt Leipzig?
Wovon rede ich?
Die Fläche da, die Sie in der Bildmitte sehen, ist an sich für nichts wirklich nutzbar. Sie war immer schon Tummelplatz für Kids, Jugendliche und Hundebesitzer. Man traf sich dort oder lief sich über den Weg. Abgeranzte Stufen führen auf die etwas erhöhte Fläche, die wild bewachsen ist. Das war schon früher so, als ich Ende der Achtziger noch in die Schule ging.
Dieser – nun ja – Stadtteil-Park gehört zu Connewitz wie so vieles. Alle wirkt irgendwie so abgehalftert. Aber wie gesagt, das war vor 25, 30 Jahren schon so. Ich kenne den Platz eigentlich gar nicht anders. Nun ist irgendwem diese Fläche mal wieder in den Sinn gekommen, und man hat festgestellt, dass diese doch gar kein Park ist. Deshalb muss diese Fläche verschwinden.
Die Kein-Park-Interimsgrünfläche
Vor zwei Jahren wurde ein Bauvorbescheid erstellt. Der besagt, dass auf der Fläche Wohnhäuser mit vier oder fünf Etagen entstehen sollen. Das Alles soll in Blockrandbebauung geschehen. Soweit ich das sehe, handelt es sich dabei um ein Haus-Carée, welches einen Innenhof hat. Vielleicht – aber nur vielleicht – entsteht auch ein Anteil Sozialwohnungen. Die Stadtverwaltung hat nun die Baugenehmigung erteilt. Und alle sind aufgeschreckt.
Das Problem ist, dass sich niemand nach der Wende um die Fläche gekümmert hatte. Die Treuhand in Form der TLG war damals Eigentümer und hatte 2001 die Fläche beräumt und als Interimsgrünfläche gestaltet. Und die Stadt hat halt die Nutzung als Grünfläche und Stückchen Erholung in Connewitz eben nur geduldet. Und nun will man dort bauen. Wohnraum ist knapp in Leipzig, und deshalb wurde dieser Platz, der in den Augen der Stadtverwaltung wahrscheinlich eh zu nichts nutze ist, zur Überbauung freigegeben.
Und jetzt?
Connewitz war jahrzehntelang ein besonderer Stadtteil Leipzigs. Anwohner übernahmen die Herrschaft von Brachflächen und widmeten sie um, weil diese eh sonst niemanden interessierten. So wurden Spielplätze, Grünflächen und all das geschaffen, die irgendwie immer so aussahen, als seien sie nur mehr ein Versuch gewesen. Aber das hatte funktioniert. Im Zuge der allgemeinen Gentrifizierung darf so etwas nicht übrig bleiben. Alles muss weg und stromlinienförmig ersetzt werden.
Was soll mit den geschützten Bäumen im „Park“ passieren? Angeblich sollen sie erhalten bleiben. Aber wie oft haben wir schon von einem „bedauerlichen Versehen“ gehört? Wo bekommen die Connewitzer in Zukunft ihre Grünfläche her, und wo kann der Sonnenhunger gestillt werden? Auf überfüllten Spielplätzen, die wirken, als seien sie am Reißbrett entstanden? Die Stadtverwaltung empfiehlt, auf den nahen Herderplatz mit Kind und Kegel umzuziehen. Aber das können sie doch im Neuen Rathaus nicht ernst meinen. Oder ist das diese „Verdichtung“, von der Frau Baubürgermeisterin Dubrau jüngst sprach?
Beim Leopoldpark und diversen anderen bereits geopferten Flächen handelt es sich streng genommen um gesetzlich geschützte Biotope nach dem Sächsischen Naturschutzgesetz. Der Plan der Überbauung des Parks ist dann doch am Ende vielleicht gesetzeswidrig, oder? Wahrscheinlich fallen die Bäume im Park einfach mal „widrigen Umständen“ zum Opfer. So ist das eben in Leipzig. Zum Kotzen.
Schon ein paar Monate alt, hab´s per Googlesuche gefunden. Danke für die Information. Leipzig will „wachsen“, koste es, was es wolle. Besser gesagt, das Politikkartell will mehr Menschen ansiedeln. Es ist wohl in allen Städten dasselbe? Der Autor hat anscheinend Sorge, daß nicht genug Sozialwohnungen entstehen, aber ich denke, da muß man sich keine Sorgen machen. Ich werde die Ecke im Auge behalten, bin regelmäßig vor Ort.