Meine Tochter stellte mal die Frage, was davon zu halten ist, dass der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-un nun mit einem Atomkrieg gegen die USA droht. Das ist so eine Situation wie 1982, als Herbert Dreilich auf dem Karat Album „Der blaue Planet“ erzählte:
Jedes Kind stellt einmal die Frage:
„Wie weit fliegt die Taube im Märchen? Sag mir!“(Karat: „Wie weit fliegt die Taube?“- Swillms, Kaiser)
Darauf muss man als Vater eine Antwort haben. Das fällt nicht einfach, denn man will ja keine Panik machen. Andererseits will man ja auch sein Kind nicht im Unklaren lassen. Deshalb schreibe ich mal meine Gedanken auf.
Was hat Nordkorea nun wieder vor?
In der Vergangenheit ist nicht viel gutes aus dem fernöstlichen, isolierten Land zu hören. Aus den USA auch bloß nicht. Man empfindet das Ganze als verbales Säbelrasseln zwischen dem jungen Diktator aus Ostasien und dem alten Mann im Weißen Haus. Doch dieses ganze Geplänkel hat offenbar eine neue Qualität erreicht. Denn nun hatte Kim Jong-un die nächste Stufe der Eskalation erreicht. Er hatte offenbar den nordkoreanischen Botschafter bei den Vereinten Nationen davor warnen lassen, dass jederzeit ein Nuklearkrieg ausbrechen könne.
Hintergrund ist wohl die Stationierung von US-amerikanischen U-Booten und Kampfflugzeugen in Südkorea. Die sind Meldungen zufolge mit Atomwaffen bestückt. Aus Pjöngjang ist zudem zu hören, dass die Lust auf Verhandlungen beim Regime geschwunden ist. Die würde man wohl erst wieder aufnehmen, wenn Atomraketen Nordkoreas die Ostküste der USA erreichen. Die amerikanische Seite steht unterdessen im Verdacht, seine Elite-Einheiten „Navy SEALS“ nach Südkorea zu verlegen. Und so eskaliert alles weiter.
Kommt es zum Krieg?
Natürlich ist die Gefahr, dass zwischen Nordkorea und den USA ein Krieg ausbricht, nicht kleiner geworden. Wenn man aber so hört, was die Experten so erzählen, so ist es derzeit nicht sonderlich wahrscheinlich, dass wirklich eine solche Auseinandersetzung ausbricht. Ja, es soll angeblich zu einem Überraschungsangriff der USA kommen können. Aber momentan denkt man angeblich noch daran, dass dann doch einer der beiden Kontrahenten noch auf die Bremse tritt. So, als ob am Ende doch die Vernunft siegt.
Selbst den schlimmsten Kontrahenten dürfte ja wohl klar werden, dass sie beide – und nebenbei auch sonst jeder auf der Welt – einen Atomkrieg nicht überleben werden. Sicher kann sich freilich niemand sein. Aber selbst dann, wenn Kim oder Trump auf den „roten Knopf“ drücken wollen, gibt es wohl noch Kräfte, die da mitmachen müssen. Ich denke, die Lage ist ernst, aber die Gefahr eines atomaren Angriffs besteht wohl im Moment noch nicht.
Die Taube muss fliegen
Seit jeher ist die Taube das Symbol des Friedens. In der DDR wurde das Lied von der kleinen, weißen Friedenstaube gesungen. Aber bereits in vorbiblischer Zeit war sie ein Symbol der Sumerer. In der Sintflut-Geschichte in der Bibel fliegt die Taube umher und kommt mit einem Olivenzweig wieder. Und so gibt es wenige Epochen in der menschlichen Geschichte, in der die Taube als Friedenszeichen keine Rolle spielt. Und das, obwohl der Vogel als aggressiv gilt.
Herbert Dreilich erzählt von einem imaginären Kind, das die Frage stellt, wohin denn diese Taube fliegt, wenn alles brennt. Was passiert mit all den Träumen, wenn niemand mehr lebt? Es gibt nur eine Erde. Und deshalb müssen Kim Jong-un und Donald Trump samt ihrer Truppen und Maschinerien eingebremst werden. Reden ist immernoch besser als Kämpfen.
„Wie weit fliegt die Taube?“ beginnt als erhabener Hymnus mit den Kinderfragen, um dann schwer basslastig den Frieden anzumahnen und um dann in einem lauten, klagenden Gitarren-Solo seinen grandiosen Abschluss zu finden. Damals, 1982, war es wie heute: Die politische Weltlage ist angespannt. Diese Anklage von Karat ist heute aktuell wie eh und je. Auch damals konnte jederzeit die Lage eskalieren. Und auch heute dürfen wir das nicht zulassen. Damit unsere Kinder auch künftig träumen können.
Ich fürchte, es gibt keine Institution, keinen Menschen, der diese beiden Penner „einbremsen“ könnte. Immerhin scheint check and balances in den USA in einigen Bereichen noch zu funktionieren. Aber Trump verfügt als Oberbefehlshaber über die Vollmacht, „den roten Knopf“ zu drücken. Er muss niemanden fragen, um Atomraketen nach Pjöngjang zu schicken.
Was ich einfach nicht kapiere ist, dass in solchen Lagen die politischen Verantwortlichen es nicht über sich zu bringen scheinen, persönlich (Auge um Auge) miteinander zu sprechen. Wir wissen nicht, ob auch in diesem Fall die Geheimdiplomatie auf Hochtouren läuft. Die Kubakrise von 1962 wurde auf diese Art und Weise gelöst. Nur habe ich in diesem Fall das Gefühl, dass diese Penner überhaupt nicht miteinander, sondern immer nur übereinander reden. Überhaupt ist das Verhalten der Amerikaner für mich überhaupt nicht mehr nachzuvollziehen. Aber die muss das ja nicht jucken, was wir kleinen Europäer über sie denken. America first.