Irgendwie redet jeder von Digitalisierung. Auch die geschäftsführende Bundeskanzlerin. Und das, obwohl das Gerede vom „Neuland“ sicherlich noch jedem im Ohr sein dürfte. Hier stellt sich die Frage, ob es wirklich reicht, die Digitalisierung mit WLAN in ICEs oder smarten Uhren oder derartigem als abgeschlossen zu sehen. Genügt es denn wirklich, lauthals „Breitband für alle“ zu plärren? Oder bedeutet Digitalisierung nicht etwa ein ganzes Stück mehr? Wir müssen hier tatsächlich mal kurz aufhören, mit Schlagwörtern um uns zu werfen, und mit Denken anfangen.
Der Begriff „Digitalisierung“
Wie ich eingangs schrieb, hört die Digitalisierung nicht dabei auf, wenn man Facebook im ICE durch das dortige WLAN aufrufen kann. Es handelt sich allgemein um Veränderung von Prozessen, Objekten und Ereignissen. Und diese Veränderung erfolgt durch die immer weiter um sich greifende Nutzung digitaler Geräte. Nehmen wir neben Computer und Smartphone doch noch die Smartwatch, den Fernseher, den Kühlschrank, die Heizung und so weiter mit dazu. Digitalisierung bedeutet also, Informationen digital zu speichern und zu verarbeiten.
Was ist Digital Transformation?
Das Wort „Transformation“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet so etwas wie die signifikante Änderung einer grundlegenden Eigenschaft. Die Eigenschaft von Nachrichten war ewige Zeiten lang, dass sie in gedruckter Form als Zeitung auf Papier vorlagen. Die Transformation der Medien bedeutet, dass Nachrichten nun also als Webseite und als App vorliegen. Aber das ist ja nicht alles, was „Digitale Transformation“ umfasst.
Es handelt sich um nichts geringeres als um einen gesamtgesellschaftlichen Veränderungsprozess, der in digitalen Technologien begründet ist. Die Gesellschaft verändert grundlegende Eigenschaften. Möglich wurde dies durch Infrastrukturen und Anwendungen auf der Technologie-Seite, sowie durch neue Geschäftsmodelle und damit auch durch eine neue Wertschöpfungskette. Da die Digital Transformation die ganze Gesellschaft betrifft, muss jeder mitgenommen werden.
In diesem Zusammenhang muss irgendwer den John Kelly der Kelly Family spielen, der lauthals „Who’ll come with me“ (also „David’s song“) singt und dazu auffordert, ohne Angst ihm zu folgen. Bislang heißt es ja immer, dass die Digitalisierung sein müsse. Wenn jemand skeptisch ist, setzt man ihm lieber einen Aluhut auf, statt ihn zu begleiten. Insofern müssen auch Anbieter umdenken. Auch das ist etwas, was zur Digital Transformation dazu gehört.
Brauchen wir eine digitale Reformation?
Jetzt werfe ich noch einen weiteren Begriff in die Runde: Digitale Reformation. Am Reformationstag 2017 erschien eine Blogparade zum Thema. Aber auch hier müssen wir uns kurz den Begriff anschauen. Reformation heißt nämlich Umgestaltung oder Erneuerung. Da das Eine mit dem Anderen einher geht, kann man Reformation und Transformation nie getrennt betrachten. Der Punkt, an dem die ganze Chose kippte, war vor 15, 16 Jahren, als es erstmals möglich war, mehr Informationen digital als analog zu speichern. Und das Alles nennt man – nächster Begriff – „digitale Revolution“.
Aber ja, wir brauchen eine digitale Reformation. Die Position Kunde und Hersteller ist heutzutage etwas anders. Es ist heute üblich und recht einfach, dass man als Kunde eben nicht mehr dauerhaft auf einen Hersteller oder Anbieter geeicht ist. Wenn ich die gewünschte Leistung bei Stelle A nicht bekomme, dann hole ich sie mir bei Stelle B. Meistens geht da der Wechsel, ohne dass man etwas mitbekommt. Und das bedeutet, dass Hersteller und Anbieter flexibler sein müssen als noch vor 20 Jahren. Das haben viele aber noch nicht begriffen.
Es ist auch noch lange nicht zu allen durchgedrungen, dass man mit Kunden und Nutzern den Diskurs halten muss. Und man muss eben auch die Sorgen und Nöte ernst nehmen. Sonst kommt es zu einem Wandel, den dann vielleicht diverse Anbieter nicht mehr miterleben. Wobei: Der ist schon lange im Gange. Unternehmen sind auf dem Weg in die Digitalisierung gestrandet, und ihre Kunden haben sie vergessen. Die Gesellschaft wird aber weiter reformiert, und das wird durch digitale Technologien getrieben sein.
Die digitale Revolution
Die Welt ist im Umbruch. Die „dritte industrielle Revolution“ sorgt für einen Umbruch, wie man ihn seit mehr als 200 Jahren nicht erlebt hat. Anfang der 2000er Jahre war es erstmals möglich, mehr digital als analog vorzuhalten. Mittlerweile kann fast alles digitalisiert werden. Das hat zur Folge, dass sich die Arbeitswelt komplett ändern muss. Und damit müssen Schul- und Berufsausbildung sowie Studium quasi neu erfunden werden. Glaubt denn ernsthaft jemand, dass das schon jeder Bildungsträger mitbekommen hat?
Wenn viele Arbeiten von Maschinen schneller und günstiger als von Menschen erledigt werden können, müssen Menschen der Arbeit wegen umdenken. Sie müssen dafür die Chance bekommen. Und nehmen Sie es mir nicht übel, aber ich nehme es der deutschen Politik nicht ab, dass das Alles berücksichtigt wird. Das hätte dann aber soziale Folgen, die darüber hinaus gehen, dass sich die Mentalität ändert. Dann nämlich fühlen sich wieder einmal Menschen abgehängt. Und das kann doch niemand wirklich wollen.
Man muss nicht immer funktionieren
Digitalisierung bedeutet ja auch, dass alle Dinge, auf die wir zugreifen wollen, stets und ständig zur Verfügung stehen. Und so denkt man sich vielleicht, dass man auch immer erreichbar sein muss. Aber hier, hier und hier habe ich aufgeschrieben, dass man wirklich nicht immer funktionieren muss. Gern kann man auch mal die Landschaften genießen oder so. Wer sagt denn, dass man wie in der berühmten Matrix-Trilogie mit einer gigantischen Maschine verbunden sein muss? Genau: Niemand.
Niemand muss Sorge haben, durch die Digitalisierung alles zu verlieren. Natürlich, man muss schon den Willen haben, selbst etwas zu verändern. Aber die große Angst, die da bei vielen vorherrscht, ist nicht in jedem Fall begründet. So wie auch der Überwachungswahn vieler Regierungen nicht begründet ist. Insofern bietet die Digitalisierung Chancen, aber auch Gefahren. Man muss jeden mitnehmen, aber man muss es auch zulassen, dass der Stecker gezogen werden kann. Insofern müssen alle umdenken. Dann kann das auch funktionieren.