Die Ära mit Karstadt Leipzig scheint irgendwie zu Ende zu gehen. Da spielt sich derzeit eigenartiges ab. Wir können da sagen, was wir wollen, aber seltsam ist es schon. Karstadt fliegt aus seinem eigenen Haus raus. Das lassen wir uns mal kurz auf der Zunge zergehen. Und dann reden wir einfach mal ein paar Takte darüber. Es betrifft ja irgendwie die gesamte Stadt, wenn man das Thema mal so weiter denkt.
Karstadt Leipzig: Früher das Centrum Warenhaus
In der DDR gab es nicht viele Ketten an Handelshäusern. Ja, es gab Konsum, und es gab HO. Zu letzterer – der Handelsorganisation der DDR – gehörte die Kaufhauskette „Centrum Warenhaus“. Diese Kette stand in direkter Konkurrenz zur Kaufhauskette „Konsument“ von Konsum. Nach der „Wende“ wurden sie privatisiert. Aus „Centrum“ wurde Karstadt, und aus „Konsument“ dann Horten oder Kaufhof. In Leipzig gab es die seltsame Konstellation, dass Karstadt das „Centrum“ verlassen musste und der Eigentümer des „Konsument“ – ich glaube, es war Horten – pleite war. So siedelte man in die berühmte „Blechbüchse“, die nun „Höfe am Brühl“ heißt.
Irgendwann baute Karstadt dann neu, und zwar im entkernten Altstandort. So, wie auch Kaufhof in Leipzig neu baute. Es gibt nun also ein piekfeines Kaufhaus des ehemaligen Primus der deutschen Handelsketten. Und soweit ich es mitbekommen habe, ist das Karstadt Warenhaus weiterhin recht beliebt. Aber dem Konzern geht es ja chronisch schlecht. Deshalb gehören die Immobilien wohl nicht mehr zum Konzern. Und der neue Eigentümer des Karstadt Warenhauses in Leipzig hat Karstadt Leipzig jetzt eine Überraschung präsentiert.
Karstadt Leipzig soll ausziehen
Stellen Sie sich mal vor, Sie hätten von Ihren Eltern oder so eine Immobilie geerbt. Sie richten das Haus her und sanieren es, und dann ziehen Sie ein. Durch finanzielle Schwierigkeiten verkaufen Sie das Haus und mieten es zurück. Und plötzlich kommt Ihr Vermieter auf die Idee, das Haus weiter zu verkaufen, und der neue Eigentümer fängt an, Mondpreise als Miete zu verlangen. Genau in dieser Lage ist nun Karstadt Leipzig derzeit. Der über 100 Jahre alte Standort in Leipzig ist in Gefahr, weil die Konzernleitung jahrelang Unfug getrieben hatte.
Weil sich Karstadt Leipzig und neuer Eigentümer auf keinen Preis einigen konnten, hat der Eigentümer die Kündigung ausgesprochen. Zum 31. März 2019 ist das Warenhaus ohne Standort in Leipzig. So manche Krise hat das Leipziger Traditionshaus überlebt. Und nun soll da Ende sein. Der neue Eigentümer, dem auch die Prestige-Passage Petersbogen gehört, hatte das Karstadt-Haus erst im letzten Sommer gekauft. Und nun werden Fakten geschaffen. Und ich nehme an, dass es die Leipziger Innenstadt nachhaltig verändern wird.
War Thomas Middelhoff schuld?
Thomas wer? Der frühere Konzernchef von KarstadtQuelle hieß 2002 Thomas Middelhoff. Und er war wohl dafür verantwortlich, dass die Immobilien an die Privatbank Sal. Oppenheim verkauft wurden. An dem damaligen Immobilienfonds war Middelhoff direkt beteiligt. Und deshalb kann man durchaus zusammen konstruieren, dass Middelhoff vor 16 Jahren daran schuld war, dass Karstadt Leipzig nun nächstes Jahr ausziehen muss. Man will es zwar mit allen Mitteln verhindern. Aber welche Wahl bleibt denn?
Was nun aufgerufen wurde, würde die Leipziger Filiale wirtschaftlich ruinieren. Aufgerufen wird eine Summe, die man sich bei Karstadt nicht vorstellen kann. Die Rede ist von einer luxemburgischen Investmentfirma. Dass solche Konstrukte überhaupt möglich sind, muss dabei sehr wohl hinterfragt werden. Eingefädelt wurde das Ganze in der Tat durch Middelhoff. Aber ob er wissen konnte, wohin das Alles führt, wage ich zu bezweifeln.
Was macht das mit Leipzig?
Leipzig als uralte Handelsstadt (urbs libzi) war immer geprägt durch Handeshäuser aller Art und aller Coleur. Demnach war es auch immer Tradition, dass Handelshäuser wie Karstadt hier ein Zuhause hatten. Wenn nun so ein Haus wie Karstadt aus dem angestammten Sitz rausgeworfen wird, fragt man sich, wie es weitergeht. Was passiert mit der Marktgalerie? Was mit anderen Handelshäusern? Man kann den Eindruck bekommen, als ob mit der Kündigung für Karstadt Leipzig die Stadt Leipzig ein Stück Identität verloren hat.
Es ist nun einmal auch etwas anderes, wenn ein traditioneller Handelsort wie Leipzig über Handelshäuser und Warenhäuser verfügt oder die gleiche Stadt durch Billig-Shopping-Häuser vollgestellt wird. Ich sehe es schon kommen, dass die Stadtverwaltung hieraus vielleicht sogar ein Politikum macht, um zu verhindern, dass das letzte Stück Tradition in Leipzig die Pleiße hinab geschickt wird. Politik soll sich nicht in Unternehmensentscheidungen einmischen. Aber aufgrund der Leipziger Geschichte ist das vielleicht sogar etwas anderes.
Fazit
Leipzig hat sich lange Jahre nach der Wende größer und wichtiger gemacht, als es eigentlich war. So hatte man Türen und Tore für allerlei Investoren aufgemacht, die man dann nicht mehr los wurde, als sie lästig wurden. Ich denke, die Nummer mit Karstadt Leipzig reiht sich da in diese Liste mit ein. Für die 400 Beschäftigten ist die Nachricht ein Desaster. Aber für die Stadt auch. Die muss aufpassen, dass sich das Antlitz nicht noch weiter verändert. Und Billigketten, die Warenhäuser verdrängen, gehören dazu.
Na klar, man kann viel behaupten, dass der Online-Handel sowieso dem Präsenzhandel den Rang abgelaufen hat. Das ist ja alles richtig. Aber ich finde, in die Innenstädte gehören nach wie vor die Warenhäuser. Und da gehört nun einmal Karstadt mit hin. Lässt man zu, dass durch wirtschaftliche Interessen diese Häuser schließen, schenkt man die Innenstädte her. Und das muss aufgehalten werden. Nicht (nur) im Sinne der Konzerne, auch im Sinne belebter Innenstädte.
Klar jetzt ist wieder Karstadt schuld…..und der Satz „dem Konzern geht es ja chronisch schlecht “ ist schlecht bzw. gar nicht recherchiert….einfach mal besser informieren