Wenn Liebe böse und Sex ein Verbrechen ist, dann befinden wir uns in George Orwells Roman „1984“. Der wurde verfilmt, und die Eurythmics sangen dazu etwas. Der Roman des in Bengalen geborenen Briten gehört zur wichtigsten Gesellschaftskritik. Und man bezieht sich auch heute noch darauf. Aber was hat das mit den Eurythmics zu tun? Das werde ich Ihnen erzählen.
1984: Sex Crime!
Kann ich das Alles für selbstverständlich ansehen mit deinen Augen über mir? An diesem Ort, diesem winterlichen Zuhause, weiß ich, dass immer jemand da ist. Und so schaue ich auf die Mauer. Ich wende meinen Rücken all dem entgegen. Wie sehr wünsche ich mich, dass ich ungeboren wäre. Ich wünschte, dass ich hier nicht leben würde.
Sex-Verbrechen! 1984! Ich werde all die Ziegel herunterreißen, einen nach dem anderen. Ich hinterlasse ein großes Loch in der Wand. Und zwar genau dort, wo du hineinschaust. Sex-Verbrechen! 1984!
Neusprech: Sex ist ein Verbrechen
Im Roman „1984“ wird ein totalitärer Staat dargestellt. Die Privatsphäre wurde abgeschafft, und es herrscht die totale Überwachung. Ozeanien – der dargestellte Staat – umfasst im Roman Nord- und Südamerika, die britischen Inseln, Australien und das südliche Afrika. Die Bevölkerung wird von der Gedankenpolizei überwacht. Und Sex war im Buch ein Verbrechen, wenn es kein „Gutsex“ war, also nicht der Kindererzeugung diente.
Mit anderen Worten: Findet das Alles „nur“ wegen der Liebe statt, handelt es sich um eine Straftat. Von all dem handelt „Sex Crime (1984)“. Von all dem wusste natürlich niemand etwas, der das Buch „1984“ nicht kannte. Und somit löste das Lied der Eurythmics durchaus Kontroversen aus, da bisweilen diskutiert wurde, ob hier tatsächlich Sexualverbrechen verherrlicht – oder zumindest thematisiert – wurden.
Die Stimme von Annie Lennox wurde im Lied zum Teil enorm verfremdet. Dies hört man vor allem in der zum Teil nervtötenden und verstörenden Maxi-Version, die das Lied in der Spielzeit verdoppelt. Die Nummer war für die Entwicklung der Eurythmics enorm wichtig. Und obwohl die Reaktion auf das Soundtrack-Album „1984 (For the Love of Big Brother)“ eher unterirdisch ausfiel, war es meiner Meinung nach auch wichtig, um die Eurythmics aus der Pop-Schiene zu holen.
Das Lied im Hier und Jetzt
„Sex Crime (1984)“ ist meiner Meinung nach auch heute noch eine Mahnung. Nach den ganzen Skandalen um die Überwachung durch die Geheimdienste ist man schnell dabei, George Orwell zu zitieren. Und man ist auch schnell dabei zu behaupten, dass heutzutage und in der Realität Sexualität gern als Straftat bezeichnet wird. Wir haben zwar keinen Totalitarismus. Aber „Sex Crime (1984)“ mahnt, dass es auch gar nicht erst so weit kommen darf.
Das Lied ist bewusst verstörend gemacht: Ein trübsinniger Text, eine fröhliche Instrumentierung, und alles ist eingefasst ist die unschönen Samples, die zurecht verwirren sollen. Damit ist das Lied wichtiger, als man denken mag. Ob man es nun mit den Prädikaten „gut“ oder „schön“ versieht, bleibt jedem selbst überlassen.
Das Lied
Na klar, Sie kennen das Lied bestimmt. Dennoch habe ich es mit erweitertem Datenschutzmodus eingebaut.