Wissen Sie vielleicht, was ein Isotyp ist? Bei Mineralien sind es Substanzen vom gleichen Strukturtyp. Anders gesagt: Das kürzt sich weg. Von einem Isotyp kann man in verschiedenen Gebieten sprechen. Es geht dabei immer um Dinge vom gleichen Wesenstyp. Und jetzt stellen wir uns einfach mal vor, wie das aussehen würde, wenn eine künstliche Intelligenz bloggen würde. Kommen Sie einfach mal mit in diese Geschichte.
Alles wurde auf den Isotyp reduziert
Vor rund zwei Jahren schrieb ich über eine Single von meiner Lieblingsband OMD. Das Lied nennt sich „Isotype“. Ich schrieb damals davon, dass ein Isotyp das Produkt aus durch Duplikation mehrfach im Genom vorkommenden Genen ist, die eine sehr ähnliche Funktion haben. Puh, was? Kurz gesagt: Bei einem Bild würden alle blauen Elemente zusammengefasst, und es würde nur noch einen blauen Klecks geben.
Jetzt stellen wir uns mal vor, wie dann ein Gemälde von einem Meer aussehen würde. Klar, unterm Strich wäre das Bild nach wie vor inhaltlich richtig. Denn man redet nicht umsonst vom „tiefen, blauen Meer“. Wenn auf der Leinwand dann nur noch ein blauer Farbklecks wäre, wäre das richtig. Aber wie gern würden Sie sich das Bild anschauen?
Ein Isotyp ist für die heutige, effizient gestaltete Welt ein Segen. Bienen, Fliegen, Mücken etc. verschwanden sowieso zu einem enormen Teil. Die, die noch vorhanden sind, kann man doch dann zusammenfassen: Insekten. Das ist ein Isotyp. Eine künstliche Intelligenz würde beim Verfassen von Artikeln dann genau so vorgehen. Alles Beiwerk würde zusammengefasst werden. Wie gern würden Sie dann solche Texte lesen wollen?
Bloggen mit künstlicher Intelligenz: Sinnvoll oder nicht?
Eine künstliche Intelligenz kann für alles mögliche verwendet werden. Man beschäftigt sich mit der Automatisierung von intelligentem Verhalten. Und dabei kann man den Maschinen Aufgaben geben und muss sich damit nicht beschäftigen. Kommunikationsberater Benjamin Brückner beschäftigte sich mit dem Thema, indem er Parallelen zum Trickfilm „Wall-E – Der Letzte räumt die Erde auf“ zog.
Als ich den Film damals mit meiner Tochter sah, dachte ich mir: Das kann kein erstrebenswertes Leben sein. Und wenn ich mir jetzt Algorithmen, Navigationssysteme und all das ansehe, denke ich mir, dass auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann. Die arbeiten alle mit KIs. Wieso sollte also das Bloggen mit einer KI so etwas gutes sein?
Denn dann sind wir wieder beim Isotyp. Beim Bloggen lassen wir immer einen Blick in unsere Seele zu. Eine künstliche Intelligenz hat so etwas aber nicht. Sie besteht aus Algorithmen, Formeln und dergleichen. Sie kann niemals Freude, Ärger, Frust, Erregtheit etc. verspüren. Und wenn, würde sie das vermutlich im Isotyp „Gefühl“ zusammenfassen.
„All reduced to isotype“ singt Andy McCluskey im Lied von OMD. Gefühle kürzen sich weg. Farben kürzen sich weg. Welche Art Blogartikel würden wir erhalten, wenn wir der künstlichen Intelligenz das Ruder überlassen würden? Nein, das Bloggen mit einer künstlichen Intelligenz kann niemals in gleicher Qualität erfolgen.
Welche Gefahren entstehen denn dabei?
Der Mensch ist kreativ. Mithilfe von Smartphones, Internet, Smart Home usw. hat sich diese Spezies schon selbst enorm in ihrer Kreativität beschnitten. Es ist einfacher, „OK, Google, was ist…“ ins Handy zu sprechen, als sich selbst Gedanken zu machen. Kreative erschaffen aber selbst etwas. Und das lässt sich nun einmal nicht entmenschlichen.
„Es ist möglich, dass man über etwas spricht, auch wenn die Worte nicht sonderlich aussagefähig sind. Aber das Hintergrundwissen ist sehr wichtig. Man kann die Worte nicht verstehen, wenn man ihren Kontext nicht versteht“, schrieb der KI-Wissenschaftler Roger Schank. Und somit können wir festhalten, dass es Gefahren beim KI-Bloggen gibt.
Texte gehen nicht mehr in die Tiefe und transportieren keine Emotionen. Die Inhalte wirken nur noch wie aneinandergereihte Fakten und Worte. Das mag bei rein faktenbasierten Texten funktionieren. Aber das Bloggen ist dann ja doch noch mehr. Würde ein Blogtext wie ein Isotyp daher kommen, würde dieser nicht angenommen werden.
Natürlich gibt es spannende Anwendungsfelder für künstliche Intelligenz. „Marco Reus schoss in der 12. Minute das 1:0 gegen den FC Bayern München“ wäre da ein Beispiel. Aber es hört schon auf bei „Was für ein Antritt! Timo Werner, der nach wie vor nervtötend um eine Vertragsverlängerung bei RB Leipzig herum tanzt, ist immernoch schnellster deutscher Stürmer.“
Sie merken schon: So bald Beiwerk dabei ist, funktioniert das mit der künstlichen Intelligenz nicht mehr. Ein Isotyp vermittelt nun einmal keine Emotion. Und der Kontext bleibt auch komplett auf der Strecke. So spannend ich also Dinge wie künstliche Intelligenz auch finden mag, beim Bloggen haben sie nichts verloren.
Wer kommt denn überhaupt auf diese Idee?
Es sind ja weniger die Blogger an sich, die auf solche Ideen kommen, auf künstliche Intelligenz zu setzen, wenn Texte im Internet erscheinen. Ich kann mir aber vorstellen, dass Medienhäuser und Unternehmen darauf setzen könnten. Denn deren Welt besteht in Teilen aus Textbausteinen und Fakten. Um bei dem Beispiel mit Marco Reus oben zu bleiben: Am Ende könnte dann stehen: „Die Mannschaften trennten sich 1:1 unentschieden.“
Lediglich das Ergebnis wäre eine Eingabe durch den Menschen. Wenn die Maschine weiß, dass der BVB und Bayern München remis gespielt haben, kann sie den restlichen Satz schon mal auswerfen. Dafür ist das Ganze machbar. So etwas beinhaltet aber noch lange nicht, ob es sich um ein spannendes Spiel gehandelt hat. Das muss nach wie vor ein Journalist berichten.
Am Ende ist es wohl das sinnvollste, künstliche Intelligenz das Zusammenklauben von Fakten zu überlassen, aber die eigentliche Arbeit nach wie vor Menschen machen zu lassen. Wo Fantasie und Emotionen eine entscheidende Rolle spielen, wird auch in absehbarer Zeit keine Maschine texten. Denn es ist letztlich ganz einfach:
Das Eisberg-Prinzip zeigt uns, dass bei Kommunikation 87% Emotionen und nur 13% Fakten enthalten sind. Dieser gewaltige Anteil dessen, was niemals zu einem Isotyp werden kann, schließt aus, dass künstliche Intelligenz das Bloggen übernehmen kann. Blogs werden also auch in Zukunft Gefühle transportieren. Und bestimmt länger, als Timo Werner mit Verträgen pokert.