Heute schlug mal wieder ein internetrechtliches Thema einige Wellen. Die Rede ist vom Europäischen Institut für Telekommunikationsnormen, oder eben European Telecom Standards Institute. Dieses Monströsität wird abgekürzt mit dem putzigen ETSI.
Dass aber ETSI alles andere als putzig ist, wird sich noch zeigen. Mein Titel dieses Artikels ist keineswegs übertrieben, wenn man so die Informationslage ansieht. Und hier möchte ich kurz zusammenfassen, was ich so erfahren habe.
Vornehmlich und nach außen hin befasst sich das ETSI mit einer Standardisierung der Netzwerk-Schnittstellen. Das ist ein löbliches vorhaben, wird man sich denken. Endlich arbeiten dann die Netzwerk-Protokolle für die Datenübertragung über ein, zwei einheitliche Ports. Super! Noch dazu weiß die Wikipedia, dass ETSI ein gemeinnütziger Verein ist. Endlich kommen wir zu Internet-Technologien, wie man sie kennt: Sie werden von gemeinnützigen Organisationen zusammen gefummelt und dienen der Allgemeinheit.
Oh, wait! Da gibt es doch den einen oder anderen Bericht zu ETSI, der nicht vom Himmel voller Geigen palavert. ETSI soll nämlich gerade missbraucht werden. Und das hat Constanze Kurz im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung einmal aufgeschrieben. Man konnte gar nicht so schnell schauen und Webseiten aktualisieren, wie diese Meldung die Runde machte.
In Berlin gibt es den wunderbaren Ausspruch: „Nachtigall, ick hör dir trapsen.“ Woanders sagt man: „Mir schwant da was.“ Und Frau Kurz hat offenbar eine ungute Ahnung, was da eventuell kommen könnte. Ihr schwant da also etwas zum Thema Überwachung.
Das ETSI soll Überwachungsstandards erarbeiten, um Strafverfolgungsbehörden und Geheimdiensten den Zugriff auf die Telekommunikation von Bürgern zu ermöglichen. Der Chaos Computer Club (zur Erinnerung: dieser Verein hat eine Version des Bundestrojaners aufgedeckt), dessen Sprecherin Frau Kurz ist, vermutet, dass in die standardisierten Schnittstellen dann gewollt Lecks eingebaut werden könnten. So etwas wurde ja schon mehrfach genutzt, um Spionage durchzuführen. Oder es wurden schlichtweg Bürgerrechte missachtet.
Also, Constanze Kurz schildert eindrucksvoll, dass bereits alles da ist, was man zur Überwachung braucht: Schnittstellen zum Aufzeichnen der Daten, die über sie geschickt werden, sind eigentlich schon immer mit verbaut worden. Dass die Schnittstellen da sind und es Möglichkeiten zum Aufzeichnen des Datenverkehrs gibt, dazu sind die Telekommunikationsfirmen auch gleich mal verpflichtet.
Frau Kurz schildert das berechtigte Mithören und das so genannte strategische Mithören. Bei letzterem können Geheimdienste ohne Zutun des Providers einfach mithören, wann es ihnen gefällt. Voraussetzung ist eine genormte Schnittstelle, und die soll wohl nun kommen.
Obwohl die Schnittstellen nicht überall legal sind, werden sie erstmal genormt. Wer weiß, wie sich mal die Gesetze entwickeln. Und wenn die Norm dann per Dekret aufgepresst wird, kann alles mögliche überwacht werden:
- Telefongespräche
- Fax, SMS, Datendienste
- Chats, Datentransfer in die Cloud
- soziale Netzwerke und, und, und
Weiß denn wenigstens der Benutzer darüber, dass er überwacht wird? Laut Frau Kurz: Nein. Viele Hersteller machen mit, und die Politik findet das Ganze gut. Ob es hier ein rechtliches Dilemma geben könnte?
Mir ist noch nicht so recht klar, was man dagegen tun kann. Wehren mit „Ich will nicht“ wird wohl kaum etwas nützen. Ich empfinde das Ganze als Frechheit sondersgleichen, wie hier mit geltendem Recht gespielt wird und zum Schnüffeln standardisierte Zugangspunkte eingesetzt werden.
Es ist kein Geheimnis, dieses ETSI. Suchen Sie mal nach dem Begriff ETSI. Sie werden einige sehr interessante Informationen finden, was es ausmacht und warum man auf der Hut sein sollte. Aber nun ist es sicher, dass wir in einen Überwachungsstaat schliddern.