Wir waren jung, und die DDR war weg. Das war die Zeit von „Enjoy the Silence“, der größten aller Singles von Depeche Mode aus dem Album „Violator“ von 1990. Also, ich denke zwar, dass es in jedem Fall bessere Nummern von den Briten gibt. Aber speziell „Enjoy the Silence“ verbreitet irgendeinen Zauber, dem man sich eigentlich so gar nicht entziehen kann. In Großbritannien kam die Single am 16. Januar 1990 auf den Markt, im Rest der Welt Anfang Februar. Und ja, das sind 30 Jahre. Meine Güte, was für eine Zeit!
Enjoy the Silence!
Worte, die wie Gewalt sind, durchbrechen die Stille. Sie brechen herein in meine kleine Welt. Sie sind schmerzhaft für mich, so wie sie mich durchbohren. Kannst du das denn nicht verstehen, mein kleines Mädchen?
Gelübde wurden abgelegt, nur um dann doch gebrochen zu werden. Die Gefühle sind intensiv. Die Worte sind nur oberflächlich. Und die Freuden bleiben genau so wie der Schmerz. Die Worte sind bedeutungslos und schnell vergessen.
Alles, was ich jemals wollte, alles, was ich jemals brauchte, ist hier in meinen Armen. Worte sind völlig unnötig. Sie können nur Schaden anrichten. Genieße die Stille!
Hier bin ich König
Ich glaube, „Enjoy the Silence“ gehört zu den bekanntesten Elektronik-Nummern der Musikgeschichte. Die erhabene Nummer, die sich auf „Violator“ am Anfang der B-Seite befindet, ist zwar seit der ersten Veröffentlichung eine tanzbare Pop-Nummer gewesen. Aber sie schwebt immer über der Situation. Ein Gefühl von Schwerelosigkeit. Erhabenheit eben. Und die Erkenntnis, dass nichts wichtiger ist als der Moment. Am Ende der Entbehrungen zählt nur der Augenblick.
Bewundernswert an „Enjoy the Silence“ ist vor allem, dass genau dieses Gefühl so vollkommen und stimmig transportiert wird. Dabei ist es egal, ob es die Radio-Version mit 4:15 Spielzeit oder die Album-Version mit 6:07 Spielzeit ist. Das Gefühl des Angekommenseins, dieses Hier-bin-ich-König-Gefühl kommt direkt zum Ausdruck. Vollständig zerstört wurde das Ganze durch die zahlreichen Remix-Versionen dieser Nummer, vor allem durch „The Quad: Final Mix“ und dieser unsäglichen Neuinterpretation von 2004.
Man kann natürlich mit lauten Schrammel-Gitarren, Sequenzer-Experimenten und all dem Firlefanz herumspielen. Aber man opfert dabei den Sinn und das Ambiente eines solchen Stücks. Nein, man hätte es im ursprünglichen Flair belassen sollen. Denn mit „Enjoy the Silence“ sollte ja etwas transportiert werden. Das hatte auch Produzent Flood (Mark Ellis) ja auch erkannt, weshalb er das Lied so produziert hatte, wie es in die Geschichte einging.
Aber es gibt doch besseres
Ich schrieb es ja eingangs: „Enjoy the Silence“ halte ich nicht für das beste Stück von Depeche Mode. Auf „Violator“ schon gibt es ja das phänomenale „Personal Jesus“. Oder denken wir an das beeindruckende „Blasphemous Rumours“. Beispiele gibt es genug. Dennoch ist eben jenes „Enjoy the Silence“ das Meilenstein-Lied der Band, der so genannte „Signature Song“. Also wie „Bela Lugosi’s Dead“ von Bauhaus oder „Wonderwall“ von Oasis.
Nichts dokumentiert bei Depeche Mode besser den Weggang vom Industrial-Sound von „Music for the Masses“. Die Gitarren übernahmen ab „Violator“ die musikalische Schaltzentrale bei der Band. Auch bei „Enjoy the Silence“ mit seiner Erhabenheit. Diese zeigt sich auch in dem beeindruckenden Video mit Dave Gahan als König, der mit einem Liegestuhl in den Schweizer Alpen auf die Welt herabschaut. Das passte damals einfach alles großartig zusammen. Schaut mal weiter unten.
Besonders an „Enjoy the Silence“ ist ja auch, dass der Liedtitel im eigentlichen Lied gar nicht vorkommt. Wer weiß, vielleicht war lange Zeit gar nicht klar, wie dieses Lied überhaupt heißen soll. Autor Martin Gore hatte für das Stück den „Kleinen Prinzen“ von Antoine de Saint-Exupéry im Sinn. Das ist dann vielleicht auch der Grund, warum das komplette Artwork von „Violator“ und „Enjoy the Silence“ eine kleine Rose enthält.
Das Lied
Wie gesagt, die unsägliche Neuinterpretation lasse ich mal unter den Tisch fallen. Auch „The Quad: Final Mix“ trifft es nicht. Für mich sind es die Album-Version und die Radio-Version, die das Flair von „Enjoy the Silence“ am besten transportieren. Und deshalb habe ich das offizielle Video herausgesucht.
Enjoy The Silence ist einer der besten Songs aller Zeiten und einer der Songs die DM Hasser und Fans gleichermaßen toll finden.
Ich verstehe nicht, warum der Song es nie in den Listen der 500 besten Songs aller Zeiten schafft. Regelmäßig ist PERSONAL JESUS dort zu finden wie auf der ROLLING STONE MAG 500 aber Enjoy The Silence nicht.
Hallo Ahmad,
ich habe ja auch geschrieben, dass ich „Enjoy the Silence“ nicht für eins der besten DM-Lieder halte. Das ist aber halt Geschmackssache. Ich finde zum Beispiel, dass „Halo“ da eher das Prädikat erhält. Oder eben „Personal Jesus“. Warum allerdings letzteres auf der Liste steht, „Enjoy the Silence“ aber nicht, kann ich nicht sagen.