Lamenti, Fantasien und Taschenspielertricks rund um das Leistungsschutzrecht

Irgendwie kehrt keine Ruhe ein. Immer wieder hört und liest man Ausdünstungen zum ominösen Leistungsschutzrecht für Presseverlage, dem viel gescholtenen . Aus den verschiedensten Ecken kommen immer wieder neue oder aufgewärmte Diskussionsbeiträge. Und das, obwohl sich viele darüber einig sind, dass das Leistungsschutzrecht, auch bekannt als „Lex Google“ oder „Google-Steuer“, so mies zusammengehackt wurde, dass sich eigentlich jegliche weitere Diskussion erübrigt.

Da gibt es einerseits die immer währende Diskussion zwischen Presseschauder Christoph Keese, Außenminister des Axel Springer Verlags, und seinem Gegenspieler, Presseschauer Daniel Schultz. Da kommen immer wieder Bekundungen, wie notwendig ein solches Recht ist. Und dann gibt es Pressevertreter und Politiker, die das LSR als solches ansehen, was es ist: ein sehr fragwürdiges Konstrukt.

Das ewige Battle zwischen Keese und Schultz

Christoph Keese und Daniel Schultz, also Presseschauder und Presseschauer, behaken sich schon seit längerer Zeit zum Thema Leistungsschutzrecht für Presseverlage. Natürlich kommt Keese immer wieder mit Thesen um die Ecke, die beweisen sollen, wie toll doch alles mit einem LSR werden würde. Er hatte gar die Stirn zu behaupten, dass auch Blogger von diesem rechtlichen Unfug profitieren könnten, wenn sie denn wollten.

Beide lassen sich vollmundig darüber aus, ob das Leistungsschutzrecht die Meinungsfreiheit einschränken würde oder nicht. Man ergießt sich im Kleinklein zwischen Snippets und Zitaten. Und hier liegt auch der Hase im Pfeffer, Herr Keese.

Daniel Schultz hat Recht, wenn er meint, dass das, was durch ein Leistungsschutzrecht geschützt werden soll, doch eigentlich schon durch das Zitatrecht geschützt ist. Einen doppelten Schutz will also die Springer-Presse da etablieren, wenn ich die ganze Diskussion richtig einordne. Den Beitrag vom 13.10.2012 dazu können Sie beim Presseschauer (also der ohne „d“) gern einsehen. Leider scheint es wirklich so zu sein, dass da ein Gesetz kommen soll, was in fantastischen Träumen des Leiters für Öffentlichkeitsarbeit der Axel Springer Verlag AG entstanden sein muss.

Eine interessante Twitter-Abhandlung zum Thema hat Daniel Schultz ebenfalls zur Verfügung gestellt. Sie können diese hier nachlesen.

Eigenartig in diesem Zusammenhang ist tatsächlich, warum vor einigen Wochen ausgerechnet die aussichtsloseste aller Petitionen gegen das Leistungsschutzrecht in den Ring geschoben wurde. Sie war einerseits sehr schwach formuliert und kam andererseits aus dem Umfeld der Piraten, die nicht wirklich stark in der deutschen Bevölkerung verankert sind.

Aber das war wohl nicht der Grund, warum die Petition von Bruno Kramm so kläglich gescheitert ist. Der Rechtsanwalt Dr. Timo Ehmann deutet in seinem Blog darauf hin, dass die Möglichkeit sehr hoch ist, dass es hier nicht um die Durchsetzung von Recht ging, was mit dem Leistungsschutzrecht erreicht werden sollte. Es ging einzig und allein darum, Macht zu demonstrieren. Und das äußert sich wohl darin, dass ausgerechnet eben diese schwache Petition in den Ausschuss kam. Dr. Ehmann verweist in seinen Ausführungen auf eine Rede von Wolfgang Blau bei den Grünen. Hören Sie sich einfach mal die Rede an, interessant wird es ab Minute 2:04.

Lamenti der Presseverlage

Trotzdem werden die Presseverlage nicht müde, über die böse, böse Ausbeuterei von Google zu lamentieren. Das veranlasste das Magazin Cicero vom schweizer Ringier-Verlag dazu, vor ein paar Tagen eben jene Verlage dazu aufzufordern, mal eben mit dem ganzen Lamentieren endlich aufzuhören.

Stattdessen erwartet der Autor Christian Jakubetz, dass sich die Verlage lieber etwas einfallen lassen sollen. Wörtlich heißt es am Ende des sehr lesenswerten Artikels:

[…] vielleicht wäre es deshalb auch an der Zeit, sich bei der Betrachtung von Google (und anderen Branchenriesen) auf eine sehr nüchterne Sichtweise zu einigen: eine, in der man Google als ein – zugegeben: riesiges – Unternehmen betrachtet, mit dem man sich wahlweise arrangieren oder mit dem man konkurrieren kann. Was dagegen nicht funktionieren word, ist eine Haltung zu Google, die ein Großteil deutscher Verlage einnimmt: Sie wollen kostenlos gefunden werden und gleichzeitig für die Tatsache, dass ihre Inhalte gefunden werden, Geld verlangen. Tut also was, wenn euch Google nicht passt! Schafft Alternativen, wenn ihr könnt.

Damit hat er Recht. Es haben sich bisher alle, die sich gegen Google stellen wollten, eine blutige Nase geholt. Also wäre doch der beste Weg, sich mit dem Giganten zu arrangieren. Es sollten vielleicht Spielregeln aufgestellt werden. Aber man sollte doch nun wirklich mal aufhören, herumzujammern. Denn das bringt keinen Verlag dieser Welt zu irgendeinem Ergebnis.

Tricksereien in der Politik

Sogar der nicht unbedingt als Aufgeklärter über das Internet bekannte Rechtsexperte der CDU Siegfried Kauder zweifelt an der Rechtmäßigkeit des Leistungsschutzrechtes. Der Heise-Verlag hat eine Aussage von Kauder aufgeschnappt, in der es recht zur Sache gegangen sein muss.

Der Schwabe, der selbst schon das so genannte Kaudergate erlebt hatte, äußerte sich über die unliebsame Vorschrift, dass sie eine „Mogelpackung“ wäre und der gesamte Entwurf ein einziger „Taschenspielertrick“ sei. Man weiß jetzt nicht, ob es sarkastisch gemeint war, jedenfalls forderte Kauder stattdessen „einen Solidaritätszuschlag für notleidende Verlage“.

Irgendwie bin ich da jetzt nicht mehr beim LSR für Presseverlage, sondern eher beim Verlags-ESM. Spannen wir doch für alle Verlage, die laut genug jammern, einen Rettungsschirm auf. Der Springer-Verlag, der Burda-Verlag und all diejenigen, die so laut nach einem Leistungsschutzrecht schreien, werden diesen Rettungsschirm sicherlich begrüßen. Die Frage wäre aber, ob da auch eine Troika Bilanzen sehen will und ob es da genau die gleichen Peinigungen geben würde wie für Griechenland.

Jedenfalls ist Kauder der Meinung, dass das LSR kein marktregulativer Erfolg werden wird. Und auch er erwartet von den Verlagen, dass funktionierende Geschäftsmodelle entwickelt werden. Damit haut er eigentlich in die gleiche Kerbe wie der Cicero weiter oben.

Es ist reichlich seltsam. Der Politiker, der in Deutschland zum Thema Internet eigentlich kein Fettnäpfchen auslässt, hat sich derart vernünftig zu dem leidigen Thema geäußert. Bemerkenswert finde ich da in der Tat die Verwendung zweier derart negativer Begriffe für ein Gesetzesvorhaben, das sogar im Koalitionsvertrag steht.

Fazit

Es sind nicht alle böse, die sich Verlag nennen. Aber die ein Leistungsschutzrecht fordern, die sollte man genau beobachten. Wer weiß, wie sehr sie noch die Politik gängeln. Es muss aber einiges passiert sein, nachdem jetzt sogar konservative Hardliner wie Siegfried Kauder gegen das LSR wettern. Und da kann Christoph Keese noch so sehr lieb Kind machen, er hat unter Umständen nur Kreide gefressen und ist in Wahrheit der böse Wolf.

Im Übrigen findet Andreas Grieß, freier Online- und Medienjournalist und Betreiber des Blogs Youdaz, dass sehr wohl ein Leistungsschutzrecht vonnöten wäre. Allerdings nicht gegen Google und die ganzen Aggregatoren. Nein, er meint auch nicht die ganzen Blogger. Er meint, es müsste ein Leistungsschutzrecht her, das den Umgang mit ungefragt eingesandten Pressemitteilungen regelt. Also den Gedanken sollte sich Herr Keese einmal durchlesen.

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