Nun macht der Axel-Springer-Verlag ernst. Obwohl, so ernst kann man bei Springermedien gar nicht mehr bleiben, viel zu komisch ist das, was derzeit abläuft.
Ab morgen ist der Springerverlag nämlich Deutschlands Käsehändler Nummer 1. Er führt eine Paywall ein, damit man ab dem 20. Artikel beim Online-Angebot der Welt Geld für die journalistische Leistung bezahlt. Und dann wird es grotesk.
Wer nun wie ich gedacht hat, die Welt würde nun hinter einer dicken Wand mit Bezahlmöglichkeiten verschwinden, der irrt. Das ist nämlich gar nicht gewollt. Man möchte weiterhin von Google und Co. gefunden werden, was dann mit einer solchen Paywall ja nicht mehr möglich wäre. Weiter ist es unbedingt notwendig, dass die Vernetzung weiterhin funktioniert, was mit einer Paywall nicht denkbar wäre. Und so kommt folgendes aberwitzige Konzept zustande:
Die Welt führt drei Abo-Modelle ein. Alle drei Modelle greifen nach dem 20. abgerufenen Artikel bei der Welt. Und die drei Modelle sehen dann wie folgt aus:
- Basis – Online-Artikel und Android- und iPhone-App – 6,99 €/Monat
- Komplett – Wie Basis plus Tablet-App – 12,99 €/Monat
- Plus – Wie Komplett plus „Welt am Sonntag“ als Papierausgabe zuhause – 14,99 €/Monat
Wie will denn die Welt mitbekommen, dass ich bei Artikel 21 bin und deshalb bezahlen müsste? Es wird ein so genanntes Cookie gesetzt. Und das sagt dem Webserver der Welt, dass nun 20 Artikel abgerufen wurden. Und der präsentiert dann beim nächsten Artikel eben die Seite zum „Einwerfen der Münzen“.
ABER: Das Ding, genannt Paywall – oder im Springer-Jargon „Abo-Modelle“, das ist löchrig wie ein schweizer Käse.
Stellen Sie sich einmal vor, Sie bekommen einen Link zu einem Welt-Artikel über Facebook, Twitter, Email oder sonst einen Weg. Was meinen Sie, was passiert? Dieser Aufruf des Welt-Artikels wird dann nicht mitgezählt.
Und was passiert, wenn ich meinem Browser mitteile, er mög jetzt mal alle seine Cookies löschen? Oder was ist, wenn generell beim Schließen des Browsers Cookies gelöscht werden? Dann, liebe Leser, fängt der Zähler natürlich wieder bei „0“ an. Natürlich werden auch gleich noch einmal die 20 kostenfreien Artikel gezählt, der Zähler ist ja auch gelöscht.
Mal ehrlich, wer wird denn da für das Welt Online Abo bezahlen? Ich meine, der Axel-Springer-Konzern hat mit seiner Computerzeitung immer davor gewarnt, dass Cookies gefährlich seien und deshalb die Browser so eingestellt sein sollen, dass die Cookies beim Schließen gelöscht werden. Und jetzt kommt der gleiche Verlag daher und präsentiert seine Bezahlmethode ausgerechnet mit der Methode, die er verflucht und verteufelt hat?
Und nun kommen wir zum Finanzierungsmonster: Die Welt verschwindet nun hinter der Paywall und guckt mit Kopf, Armen, Beinen und Rumpf um die Ecke. Es gibt vielleicht doch den einen oder anderen, der eins der drei Abo-Modelle abschließt. Dann ist das Einnahme Nr. 1. Dann hat der Kunde sein Abo abgeschlossen und sieht…. Die gleiche, mit Werbung vollgepackte Seite wie bis heute. Und schlussendlich wird dann auch noch das Leistungsschutzrecht eingeführt, wodurch man die dritte Finanzierungssäule schaffen will.
Ist das nun konsequent oder dreist, aus einer Quelle drei mal Einnahmen zu generieren? Und das, obwohl bereits 2011 mit dem Online-Geschäft ein Rekordergebnis eingefahren wurde. Zu der Zeit waren die Einnahmen – außer bei den Portalen zur Immobilien- oder Stellensuche – eigentlich nur werbefinanziert. Ist das in diesem Jahr so gänzlich anders?
Ich habe außerdem immernoch nicht verstanden, was dieser schweizer Käse überhaupt soll. Der Springer-Verlag fabuliert zwar irgendwo im Internet darüber, dass Qualitätsjournalismus bezahlt werden muss. Aber wo soll denn der sein? Nach allem, was ich weiß und was ich von Journalisten und Medien-Experten gelesen habe, besteht der größte Teil des Angebots bei der Welt aus abgeschriebenen und geringfügig abgeänderten Agenturmeldungen und in Auftrag gegebenen „Stories“.
Ich kann das nicht beurteilen, da ich seit längerem Springer-Medien ablehne. Aber wenn das so viele im Internet behaupten, muss ja irgendwas an der Sache stimmen. Und dieses Angebot soll sein Geld wert sein? Vor allem, nachdem es so leicht ist, die Bezahlschranke zu umgehen?
Nee, lieber Springer-Verlag, dann handle lieber gleich mit Käse.