Blogger, back to the roots

Sie schreiben sonstwo: In Publikationen von Medien, bei Google+, bei alternativen Nachrichten. Sie schreiben nur nicht in ihrem Blog. Die einflussreichen Blogger dieses Landes. Und dann kommen sie auf die Idee, dass das doch gar nicht so toll ist, woanders zu schreiben. Und dann stellen sie sich hin und erzählen einem etwas von „Web zurückerobern“.

Ich hege nicht den Anspruch, mich als Super-Blogger oder so etwas hinzustellen. Ich gehe wie immer von meinem Motto oben im Seitenkopf aus: Ich beobachte von der Fensterbank. Und da kann man so ein bisschen was feststellen. Darüber sollten wir reden.

Der Internet-Blog Netzwertig schreibt darüber, dass Blogger wie der Caschy das Internet mit Nachrichten überfluten. Jürgen Vielmeier kapituliert ob der unüberschaubaren Nachrichtenflut rund um die Consumer Electronics Show in Las Vegas. Und er bemängelt das. Waren „früher“ High Tech Nachrichten Perlen in der Blog-Welt, handelt es sich nun um einen Sturm von Nachrichten, Gerüchten etc. Und jeder zweite erzählt das Gleiche. Und ihm ist dabei eben der Caschy negativ aufgefallen.

So viel dazu. Ich bin ja auch in den letzten Wochen auf so manche interessante Nachricht aus der Welt der Smartphones gestoßen und habe daraus einen Artikel gemacht. Ich würde nicht behaupten wollen, dass ich nun eine Nachrichtenflut produziert habe. Aber es war eben mehr als sonst. Das lag u.a. daran, weil mir eben das Fortbestehen von Technologien wie das Betriebssystem Bada von Samsung am Herzen liegt. Ich habe immer nur darüber geschrieben, was mich persönlich interessiert hat. Aber ich finde, es war ein bisschen viel.

Der Caschy stattdessen ist ein rasender Reporter. Er berichtet drauflos, und er macht das richtig gut. Durch Blogs wie seinen erfährt man durchaus Sachen, über die man sonst nicht gestolpert wäre. Würde sich Caschy nun plötzlich nur noch auf das Wesentliche konzentrieren, würde vieles einfach mal so in der Versenkung verschwinden. Und er schreibt ja wenigstens in seinem Blog darüber. Das heißt, die Sachen bleiben alle erhalten, so lang es den Blog gibt. So kann man irgendwann man anfangen, Geschichtsschreiber damit zu beauftragen, über die Geschichte des Herumeierns von Samsung und Co. eine Dokumentation zu verfassen. Ohne Blogs wie dem vom Caschy wäre das undenkbar. Und dabei gebe ich zu, dass manches anders hätte dosiert werden können. Aber das ist nun mal seine Art, und das ist okay.

Um es kurz zu machen: Caschys Schreiberei finde ich nun nicht allzu schlimm. Es ist halt die Masse, die es ihm gleich tut. Es sind die Leute, die praktisch nachplappern, was Caschy, MobileGeeks, Techtabs und andere im Minutentakt veröffentlichen. Und das macht es dann unübersichtlich.

Problematischer finde ich stattdessen Blogger, die zwar einen Blog haben, in den sie auch alle Jubeljahre was reinschreiben. Aber diese Blogger schreiben deshalb nicht wenig. Sie schreiben es nur woanders. Sie posten Unmengen von Kurzinformationen und Links bei Twitter. Sie verteilen Informationen bei Facebook. Sie schreiben umfangreiche Sachen bei Google+. Erstens fragt man sich da ernsthaft, wozu diese Leute da überhaupt einen Blog haben. Und zweitens gehen diese Veröffentlichungen in den Untiefen der sozialen Netzwerke für immer verloren. Nicht zu vergessen, man ist beim Schreiben in sozialen Netzwerken nicht mehr Herr seiner Veröffentlichung. Das ist man nur im eigenen Blog. Ach ja, und wer nicht bei den Facebooks, Twitters und GooglePlusses dieser Welt registriert ist, bekommt eben nichts von den Absonderungen mit.

Schon im April hat der Kolumnist Sascha Lobo in seiner Kolumne „S.P.O.N – Die Mensch-Maschine“ bei Spiegel Online geschrieben, dass es zwar für viele einfach und toll ist, einfach mal so bei Facebook etwas zu schreiben. Aber er weist darauf hin, dass man in den sozialen Netzwerken nicht wirklich frei ist. Man ist halt auf Gedeih und Verderb dem Betreiber der Plattform ausgeliefert, was Lobo auch gekonnt mit dem Vorfall der „Facebook-Seite“ der Stadt München demonstriert. Ich möchte nicht zu weit vorgreifen, lesen Sie einfach mal die Kolumne. Sie werden feststellen, dass er richtig liegt. Wer eine eigene Seite betreibt, ist eben Herr seiner Veröffentlichungen. Wer bei Facebook schreibt, dem könnte Facebook mal eben alles wegnehmen. Sascha Lobo überschreibt das alles mit „Euer Internet ist nur geborgt“.

An der Geschichte hat sich aber auch nicht wirklich viel geändert. Da schreiben Marketing-Abteilung und Public Relations eines Konzerns lieber bei Facebook auf „der eigenen Seite“, statt dass der Unternehmens-Blog gepflegt wird. Viele Konzerne haben da leider nicht mitbekommen, dass diese Inhalte – so gut und schön sie sein mögen – hinter den Mauern der sozialen Netzwerke verschwinden. Für nicht registrierte Internet-Nutzer sind sie nicht zugänglich. Und wenn die Zeit weiter voran schreitet, dann sind die Texte nur noch schwer, wenn überhaupt, zu finden. Nichts wird mehr archiviert im eigenen Online-Archiv. Dabei würde da sogar ein Copyright dabei sein, was bei Facebook und Co. keineswegs sichergestellt ist.

Johnny Haeusler, Betreiber des Blogs „Spreeblick“, schreibt im Tagesspiegel, dass doch bitteschön die Leute zurück in die Blogs kommen sollen. Denn was ist mit der Arbeit an langen Artikeln bei Google+, wenn Google eines Tages auf die Idee kommt, den Dienst einzustellen? Weg wäre das alles. Und was ist mit Verkürzungsdiensten, die aus „domaene.de/das-ist-eine-ganz-fuerchterlich-lange-adresse-fuer-einen-blog-artikel“ ein „dien.st/123abc“ machen? Stellen die ihren Dienst ein, funktionieren unendlich viele Links und somit das halbe Internet nicht mehr.

Man darf sich nicht zu sehr von Konzernen abhängig machen. Was machen denn z.B. iPhone-Nutzer, wenn Apple auf die Idee kommen würde, statt eines Browsers nur noch Apps zuzulassen? Diese vielen Nutzer wären praktisch aus dem Internet ausgeschlossen und „gefangen“ in ihrem Apple-Ökosystem. Glauben Sie nicht, dass das möglich wäre? Johnny Haeusler schon.

Als ich mit dem Bloggen angefangen hatte, war ich der Meinung, dass ich dokumentieren will, was ich so über Sachen denke, die mir über den Weg laufen. Also ein klassisches Tagebuch. Nur eben im Web. Und genau das ist die Definition eines Blogs. „Blog“ ist die Kurzform von „Weblog“, also ein Logbuch im Internet. Hatten Sie in der Schule oder wo ein Poesie-Buch oder ein Tagebuch? Freut man sich nicht darüber, 20 Jahre später noch einmal nachzuschauen und sich an der Erinnerung zu laben? Undenkbar mit Facebook und Co. Dem stimmen Sie bestimmt zu, oder?

Ich werde meine Gedanken weiter hier aufschreiben. Es ist manchmal weniger, manchmal mehr. Ich werde kein Tagebuch bei Google+ oder sonstwo einführen. Mir würde es eben nur gefallen, wenn mehr hier statt sonstwo kommentiert wird. Aber da werde ich niemandem reinreden. Warum der eine oder andere Google+ als Plattform für seine Kommentare bevorzugt, dafür habe ich die eine oder andere logische Erklärung erhalten. Und das ist auch OK.

Was etwas martialisch klingt, was Johnny Haeusler auf Spreeblick schreibt, ist aber die völlige Wahrheit: „Das Netz zurückerobern“ – das sollte man wirklich tun. Was ich schreibe, gehört mir. Ich trete meine Rechte nicht an Facebook oder wen ab. Und ich möchte, dass meine Absonderungen auch noch in X Jahren gefunden werden können, und zwar hier. Andere denken vielleicht genauso, machen es aber nicht. Dabei ist es so einfach, dieses Back to the roots – Zurück zu den Wurzeln.

Wer einmal als Blogger angefangen hat, kann doch ohne Schwierigkeiten weitermachen. Man braucht nur seine Gedanken nicht mehr in den Netzwerken dieser Welt breitzutreten, sondern auf seinem eigenen Blog.

10 Replies to “Blogger, back to the roots”

  1. Im schnellebigen Internet, kann das was heute mega-IN ist morgen schon wieder mega-OUT und übermorgen nicht mehr vorhanden sein.

    Das ‚durfte‘ ich selber schon oft schmerzlich erfahren.

    Schon darum würde ich mich nie nur auf Facebook, Goole+, Twitter und Co. verlassen!

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