Zur Bundestagswahl: Die Piraten zum Thema Abhören mit PRISM und Tempora

Ich habe mich lange Zeit gefragt, wie sich eigentlich die Piraten verhalten wollen, was den gigantischen Abhörskandal betrifft. Wie ist die Haltung der hoffnungsfrohen aber gestrandeten Helden zu PRISM und Tempora? Haben die Piraten eine Meinung dazu?

Ja, haben sie, um es kurz zu machen. Leider können es die Piraten offenbar nicht in Kurzform bringen, sondern bringen wieder riesige Abhandlungen ins Internet. Da das Thema aber so immens wichtig ist, möchte ich gern einmal versuchen, eine Kurzfassung zu bringen. Und bevor mich jemand verbal verhaut: Es ist ein Versuch einer Kurzform, da man sonst wieder von den Piraten sagen kann: „tl; dr„.

Prolog

Die Piraten gehen davon aus, „programmatisch gut für eine politische Auseinandersetzung um die Aktivitäten der Nachrichtendienste zur Ausforschung deutscher Bürgerinnen und Bürger gerüstet“ zu sein. Das hat die „Piratenpartei Deutschland“ am 08. Juli in einem Artikel auf ihrer Seite verkündet.

In dem Artikel ist die Rede davon, dass der Leser klare Aussagen finden würde, was der Umgang mit Edward Snowden und seine Enthüllungen betrifft. Die wichtigste Aussage finde ich daher bereits vor eine Reihe von verlinkten Dokumenten im gleichen Artikel. Denn die Piraten sagen zum Thema folgendes aus:

Die PIRATEN machen traditionell beim wichtigen Kernthema Privatsphäre und Datenschutz keine Gefangenen und lehnen daher Überwachung der Privatsphäre grundsätzlich ab.

Damit kann der geneigte Leser doch schon etwas anfangen. Etwas anderes hat man eigentlich auch nicht von den Bürgerrechtlern erwartet. Nun möchte ich gern einmal sehen, wie viel dahintersteckt. Die folgenden Überschriften sind die Titel der im Artikel verlinkten Dokumente.

Privatsphäre rechtstreuer Bürger achten

Ein hehres Ziel, was sich da die Piraten gesetzt haben. Sie wollen das historische Erbe der Deutschen bewahren. Sie wollen die Effektivität der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung sichern. Um dies zu erreichen, soll eine staatliche Informationssammlung, Kontrolle und Überwachung ausschließlich gezielt bei konkret verdächtigen Personen erfolgen.

Auf anlasslose, massenhafte, automatisierte Datenerhebungen, Datenabgleichungen und Datenspeicherungen soll zum Schutz der offenen Gesellschaft verzichtet werden. Denn dies ist nicht hinnehmbar und schädlich. Und damit haben sie Recht.

Man verknüpft damit auch ein weiteres Ziel: Keine Auslieferung von Personendaten an die USA und andere Staaten ohne wirksamen Grundrechtsschutz. Da ist nichts hinzuzufügen.

Schutz der Privatsphäre im Grundgesetz

Andere reden darüber, die Piraten wollen die Privatsphäre durch das Grundgesetz schützen. Denn die Überwachung soll „in jedweder Form“ nicht möglich sein. Dazu soll der Große Lauschangriff oder Eingriffe in das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis abgeschafft werden.

Dazu sollen die Grundgesetz-Artikel 13 (Absätze 3 – 6) und 10 (Absatz 2) abgeschafft werden. Mit dem Staatstrojaner wurde nicht verantwortungsbewusst umgegangen, und dieser wurde nicht wirksam kontrolliert. Richtig, kein weiterer Kommentar.

International Liberty Agreement aushandeln und abschließen

Als internationale Bewegung wollen die Piraten weltweite Mindeststandards für Privatsphäre und Datenschutz im Netz etablieren. Auch durch Edward Snowden fühlen sie sich darin bestätigt.

Das „International Liberty Agreement (ILA)“ soll initiiert werden, das Mindeststandards für bürgerliche Freiheiten, insbesondere aber nicht ausschließlich in digitalen Netzen, verbindlich festlegt. Internationale und nationale Organisationen sind dabei eingeladen mitzuarbeiten.

Die Punkte sind sehr umfangreich aber sinnvoll und nützlich. Und deshalb lade ich Sie herzlich ein, die folgende Liste selbst zu studieren. Es sollen die Redefreiheit, Ermittlungsverfahren, der Zugang zu Informations- und Kommunikationsmedien, die zunächst kostenlose Schlichtung mutmaßlicher Rechtsverstöße usw.

Whistleblowerschutz und Asyl

Ja, sie setzen sich auch damit auseinander. Und das machen sie recht konsequent. Das alles vor dem Hintergrund, dass Edward Snowden in Deutschland kein Asyl erhielt.

Personen, die Fälle von Korruption, Insiderhandel oder Ethikverstößen öffentlich machen, sollen gesetzlich geschützt werden. Das Strafrechtsübereinkommen über Korruption des Europarates muss, wenn es nach den Piraten geht, um eben solche Zusätze erweitert werden.

Beim Asylrecht haben die Piraten eine klare Position. Für eine offene und pluralistische Gesellschaft, die Deutschland natürlich ist, muss auch ein reformiertes Asylrecht gelten. So gelten in Deutschland enge Asylgründe und hohe Hürden für eine Aufenthaltserlaubnis. Hier möchten die Piraten Anpassungen vornehmen, die der heutigen Zeit entsprechen, ohne aber die Grenzen völlig fallen zu lassen.

Die Piraten wollen diesen Unsinn, dass man Grundrechte von Asylbewerbern isoliert, abschaffen. Das wird zwar nicht so ohne weiteres gehen, aber die Idee dahinter ist eine richtige. Und hier muss eine klare Regelung gefunden werden.

Digitale Selbstverteidigung durch Verschlüsselung

Derzeit führen die Piraten Verschlüsselungsseminare durch. Diese Veranstaltungen sind für Leute gedacht, die gern erfahren möchten, wie man seine Daten schützt und seinen Nachrichtenverkehr verschlüsselt. Cryptoparties nennen sie das.

Bis Ende Juli kann man noch diverse Veranstaltungen besuchen. Und es geht vornehmlich um die weniger versierten Benutzer, die oft gar nicht wissen, wie sie sich schützen sollen.

Aufklärung / Transparenz / Weiteres

Als Verfechter der Transparenz fechten die Piraten natürlich für die Aufklärung von PRISM und Tempora, die ausschließlich verdeckt zum Einsatz kommen. Die Piraten fordern einen Untersuchungsausschuss auf europäischer Ebene ein, um diese Vorkommnisse aufzuklären. Dazu gibt es auch einen 6-Punkte-Plan aller europäischen Piratenparteien. Das finde ich konsequent.

Und sie haben völlig Recht, wenn die Piraten erklären, dass es zynisch ist, erst über die Enthüllung von Edward Snowden erfreut zu sein, ihm dann aber Asyl zu verwehren.

Fazit

Es ist das allseits bekannte Mir-zu-lang. Die Piraten haben durchaus Recht, man könnte sie unterstützen. Und es wäre jammerschade, wenn sie nach den bevorstehenden Bundestagswahlen nicht vertreten sind.

Ihr Kernthema bleibt die Netzpolitik und die Bürgerrechte. Und hier sind sie konsequent und gut unterwegs. Man muss klipp und klar sagen:

  • Ohne die Piraten wird weiter die Unwissenheit bzgl. der Geheimdienste im Bundestag vorliegen
  • Ohne die Piraten bleiben weiterhin Grundrechte gefährdet
  • Die Abhörgeschichten müssen aufgeklärt werden, womit man so seine Zweifel hat bei der derzeitigen Bundestagszusammensetzung

Fraglich ist, ob den Piraten jemand zuhört. Denn zu oft haben sie sich nur mit sich selbst beschäftigt. Ich wünsche es den Piraten, dass der deutsche Wähler ein wenig auf das hört, was die Piraten alles so tun. Denn dann müsste man die Partei in den Bundestag wählen können.

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