Ich habe Gefallen daran gefunden, ein paar großartige Alben kurz vorzustellen, die irgendwie in meinem Leben eine herausragende Rolle gespielt haben. Heute ist dann gleich mal ein interessantes Erasure-Album dran, nämlich der 1991-er Longplayer „Chorus“, der in ein paar Tagen 22 Jahre alt wird. Leute, wo ist die Zeit hin?
Ich weiß noch genau, als ich das erste Mal die erste Single „Chorus“ aus dem Album zu Gehör bekam. Man hat Erasure eigentlich immer mit stampfendem Rhythmus und vielakkordiger Synthie-Begleitung in Verbindung gebracht. Aber 1991 klangen Erasure filigraner mit aufgeräumtem Klangteppich und viel dominanterem Gesang. Es war praktisch die Glanzzeit von Sänger Andy Bell.
Mastermind und Keyboarder Vince Clarke hatte beim Vorgänger „Wild!“ festgestellt, dass die Midi-Technik an ihre Grenzen gestoßen ist. Und so wurde Chrous mit Roland-Sequenzern eingespielt. Den veränderten Klang hört man durch das gesamte Album hindurch.
Das Album beginnt mit dem bereits genannten „Chorus“ über eine schöne, neue Welt. Es folgt die leicht verspielte Nummer „Waiting for the day“ über den Wunsch auf eine Partnerschaft mit dem Ex-Partner. „Joan“ folgt als ein Ausfall. Nicht wirklich schlecht, aber schwächer als andere.
Es schließt sich das optimistische „Breath of life“ an, das eine sehr mutige Single war. Ich finde, das Lied erschließt sich erst im Laufe der Zeit und ist um einiges besser, als es in den Medien immer gewürdigt wurde.
Der zweite Höhepunkt nach „Chorus“ ist dann die melancholische Ballade „Am I right?“ über das Ende einer romantischen Beziehung und die Einsamkeit, die man verspürt, wenn man beim Umherlaufen Leute beobachtet. Gerade im Herbst sind solche Stimmungen an der Tagesordnung.
Es geht dann bösartig zur Sache, denn mit „Love to hate you“ kommt eine der erfolgreichsten Singles daher, bei der sich Erasure schamlos an Glora Gaynor’s „I will survive“ bedienen und das Thema Hass auf den Ex-Partner behandeln.
„Turns the love to anger“ markiert für mich einen weiteren – den dritten – Höhepunkt. Ein Lied, das sich bis zum Ende immer weiter reinsteigert und größere Gospel-Elemente enthält. Und dann folgt wieder so ein Lied, das sich erst nach dem x-ten Mal hören erschließt: Der „Siren Song“ mit dem philosophisch-lyrischen Thema der Sirenen.
Eine ziemlich gute Nummer ist dann als vorletztes Stück der „Perfect stranger“, ein Lied, das vom US-Pop inspiriert ist. Es spiegelt die Verzweiflung wider, die man hat, wenn man den Partner weder kennt noch versteht.
Und den Höhepunkt schlechthin bildet die Abschlussnummer „Home“. Ein optimistisches Lied, das in lyrischer Weise beschreibt, dass man viele Winter überleben muss, um dahin zu kommen, wo man hin will. Hier kommen sogar klassische Elemente und kaskadierender Gesang zum Einsatz. Ein gelungener Schlusspunkt.
Alles in allem ist „Chorus“ ein oft verkanntes Album. Es zählt zu einem der erfolgreichsten Elektronik-Alben. Das Besondere ist die Mischung aus dem neuen Klang, der Reife der Texte, der Lyrik und der Dichtheit des Werkes. Es beinhaltet keine Gassenhauer wie „Sometimes“, ist aber um etliches besser als Vorgänger-Alben und markiert für mich den Höhepunkt im Schaffen von Erasure. Ich kann es demzufolge jedem empfehlen, der auf diese Musik steht.
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