Du warst Anfang der Neunziger noch von „Violator“ beseelt, da schocken dich Depeche Mode mit „I Feel You“ aus „Songs Of Faith And Devotion“. Was für eine Zeit. Von dem etwas sehr erhabenen „Violator“ mit seinen Hymnen und Offenbarungen ging es nun zum Schrammel-Rock mit aller möglicher Andacht. Und das wurde durch eben diesen Alternative Rock Kracher im knackigen Blues-Format eingeläutet. Freunde, darüber müssen wir mal eben reden.
I feel you, each move you make
Ich fühle dich. Deine Sonne scheint. Ich fühle dich in meinem Geist. Du bringst mich dorthin, wo das Königreich ist. Du bringst mich nach Babylon und führst mich da durch. Das ist der Morgen unserer Liebe. Das ist das Erwachen unserer Liebe.
Ich fühle dich. Dein Herz singt. Ich fühle dich. Die Freude, die es dahin bringt, wo der Himmel wartet. Jene goldenen Tore und wieder zurück. Du bringst mich zum Vergessen und führst mich dort durch. Das ist der Morgen unserer Liebe. Das ist das Erwachen unserer Liebe.
Ich fühle dich und deine geschätzte Seele. Und ich bin unversehrt. Deine aufsteigende Sonne. Mein Königreich komme.
Ich fühle dich und jede Bewegung, die du machst. Ich fühle dich und jeden Atemzug, den du machst. Wo Engel singen und ihre Flügel ausbreiten, ist meine Liebe da oben. Du bringst mich nach und nach heim zum Thron der Herrlichkeit. Das ist der Morgen unserer Liebe. Das ist das Erwachen unserer Liebe.
Dave, schneid dir mal die Haare!
Alter, was ist denn nach „Violator“ mit Depeche Mode passiert? Im Video von „I Feel You“ kurvt Sänger Dave Gahan im feinen Zwirn und langen Haaren herum. Aber das war ja noch nicht alles. Was für eine Schrammelei! Wer sich nicht darauf einließ, musste es zwangsläufig bleiben lassen. Denn Depeche Mode waren eben nicht mehr die alten. Aber das begann ja schon bei „Personal Jesus“ 1989, wenn ich mich nicht irre. „I Feel You“ ist die konsequente Fortsetzung dessen.
Die Nummer rumpelt und schwankt und tut und macht. 275 Sekunden lang. Es ist irgendwie eine ziemlich verrückte Mischung aus Blues, Alternative Rock, Synthie-Rock. Es war irgendwie so, als ob Deep Purple, Velvet Underground und Kraftwerk eine Jam Session gemacht haben. Depeche Mode waren da so verrückt, „I Feel You“ nicht nur als erste Single, sondern auch als Opener von „Songs Of Faith And Devotion“ auf ihre Fans loszulassen. Und die waren zunächst gar nicht so begeistert,
Das Lied und der neue Stil – sowohl von der Musik, als auch vom Äußeren – luden dazu ein, die „neuen“ Depeche Mode auf ihrem Abenteuer zu begleiten. Da machte es förmlich gar nichts, dass augenscheinlich in „I Feel You“ kaum Inhalt steckt. Aber das ist ja bei „Schmohd“, wie sie im Osten Deutschlands heißen, keine Seltenheit: Lied, Album und Inhalt müssen hart erarbeitet werden. Mit dem Lied sagten damals die 4 Musiker: Einfach kann jeder, traut euch in das Abenteuer.
Glaube und Hingabe
Damit muss ich noch ein paar Worte darüber hinaus loswerden. Depeche Mode waren irgendwie schon die meiste Zeit mit dem Glauben im Gespräch und irgendwie auch im Konflikt. Wer erinnert sich nicht an „Black Celebration“ oder „Blasphemous Rumours“? Da machen „I Feel You“ und das gesamte Album „Songs Of Faith And Devotion“ keinen Unterschied. Nicht umsonst heißt das Album „Lieder vom Glauben und Hingabe“. Im Lied gibt sich der Protagonist vollständig hin.
Im Großen und Ganzen ist das gesamte Album in sich geschlossen, und das meiner Meinung nach in einem noch höheren Maße als es damals „Black Celebration“ war. Es konnte dann am Ende nur so brachial und anders eröffnet und angekündigt werden, wie es die Band mit „I Feel You“ letztlich gemacht hat. Die Mischung aus Sex und Glauben hat bei den britischen Musikern immer gut funktioniert, so auch hier. Nur der Stil, der war doch arg gewöhnungsbedürftig. Deshalb war es aber dennoch ein weltweiter Erfolg.
Das Lied
Es gibt ja 3, 4 Leute auf diesem Planeten, die „I Feel You“ nicht kennen. Aus diesem Grund habe ich das offizielle Video zum Lied für euch rausgesucht. Nun lasst den Sex einfach mal los rumpeln.
Ich muss ehrlich zugeben, dass es mir da ähnlich wie dir geht. Für mich war Black Celebration die Initialzündung, die Quasi-Definition wie DeMo zu klingen hat. Natürlich steigerte sich das bis zur Violator. Die war dann irgendwie everybodys darling. Wenn ich an meine Jugendzeit im Osten zurückdenke, gab es keinen Fan, der nicht die Rose als Heckscheibenaufkleber hatte.
Von daher hatte ich anfänglich ziemliche Probleme mit dem Geschrammel der Songs of faith and devotion. Meinen Frieden habe ich erst mit dem Album gemacht, als ich den Song One Caress hörte, der doch etwas näher an den alten Alben lag. Und mit der Ultra war ich dann irgendwie komplett raus.
Hallo Jan, vergiss nicht die ganzen Leute, die extra große Gürtelschnallen hatten und sich pausenlos vielsagend daran zu schaffen machten. Violator war schon eine spezielle Zeit.
Für mich war es dann mit „Exciter“ vorbei. Ich fand irgendwie „Ultra“ gar nicht so schlecht. Das musste ich mir gar nicht so hart erarbeiten wie „SoFaD“. Aber ja, „Black Celebration“ war auch bei mir eine Offenbarung, hatte ich hier ja lang und breit ausgeführt.
Da bin ich ja sogar ein Stück weiter, denn ich habe sogar noch die Playing The Angel daheim. Aber im Großen und Ganzen war da schon nichts spektakuläres dabei. Aber auch ich habe mich darüber schon ausgelassen.
Also, Violator ist mein Lieblingsalbum von Depeche Mode und Enjoy The Silence ist mein Lieblingslied. Die nächsten Alben sind zwar nett, aber Violator ist meins.
Lorenzo