Hamburg: Lächeln für alle

Wer es nicht mitbekommen hat: Ich war jetzt mal ein paar Tage still. Wir brauchten unsere Pause. Die fand in Hamburg statt. Das war super. Nein, das wird jetzt kein Reiseführer über die besten Absteigen der Millionen-Metropole. Ich werde auch keinen Reisebericht wie den hier damals fabrizieren. Ihr könnt euch ja selbst vorstellen, dass die Stadt immer eine Reise wert ist. Nein, mir geht es um etwas völlig anderes. Mir geht es um das positive Gefühl, das man mitnimmt. Und genau darüber möchte ich erzählen.

Hamburg, meine Perle

Jajajaja, die größte Attraktion in Hamburg soll die Elphi sein. Die Elbphilharmonie. Natürlich kommt man, wenn man aus Leipzig, „dem größten Dorf der Welt“, kommt, nicht an dem Bauwerk vorbei. Aber schaut euch mal die Bildunterschrift drüben bei Pixelfed an. Hamburg ist für den Touri aus dem Osten so eine verflucht positive Stadt. Das glaubt mir keiner. Na klar, die Leute haben auch alle ihr Päckchen zu tragen. Aber die Mehrzahl macht es sogar gern.

Mir sind so viele Menschen entgegen gekommen, die sprachen wie von der Küste, die einfach gute Laune hatten. Kein Wunder. Eine riesige Stadt mit knapp 2 Millionen Einwohnern, in der der ÖPNV problemlos funktioniert und in der es eine gewaltige Kaufkraft gibt. Die Kneipen verkaufen das Essen und das Bier auch nicht teurer als die in Leipzig. Es gibt kolossal ansprechende Ecken in der City, die alle innerhalb von Minuten erreichbar sind. Da hätte ich auch gute Laune.

Ach, und der Individualverkehr, das muss ich euch erzählen, weil ich es nicht glauben konnte. In der Straße „Lange Reihe“ gibt es die Haltestelle „Lohmühlenstraße“. Stadtauswärts befindet sich die Haltestelle direkt an einer Fußgängerampel. Direkt hinter dieser biegen die Busse links ab. Die Busse wurde alle brav durchgelassen. Man nimmt dort Rücksicht, soweit ich das gesehen habe. Das ist eine völlig andere Geschichte zur Ellenbogengesellschaft in Leipzig.

Migranten sind nichts schlimmes

Knapp 40% aller Einwohner der Elb-Metropole haben einen Migrationshintergrund. Der Hamburger ÖPNV, der so wunderbar funktioniert, würde ohne komplett zusammenbrechen. In Leipzig ist der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund bei weitem nicht so hoch. Und hier spricht man von einer Schwemme? Mit welchem Recht? In ganz Sachsen mit weit mehr Einwohnern als in Hamburg gibt es in absoluten Zahlen weniger Migranten als in der Millionenstadt. Worüber jammert ihr eigentlich?

Ich habe gesehen, wie positiv und weltoffen eine Stadt sein kann und wie das Leben dort kunterbunt sein kann und funktioniert. Es hat Spaß gemacht. Um es nochmal zu verdeutlichen: Hamburg hatte 2022 39,3% Zuwanderer, der Erzgebirgskreis hatte 2017 1,9%. In Hamburg sind sie sehr offen und herzlich, wohin wir auch geguckt haben. Im Erzgebirgskreis – auch das habe ich erlebt – bleibt man lieber unter sich. Dabei sind Migranten echt nichts schlimmes.

Lebensfreude, die man genießt

Na klar ist Hamburg voll und laut, es gibt Obdachlose, Drogensüchtige, Stau, was auch immer. Daher sind wir einfach mal raus in die Provinz geeiert. Wir waren für einen Tag in Lüneburg. Auch dort: Positive Menschen, die natürlich auch vom Tourismus profitieren. Aber die scheinen es dort den Touris echt einfach machen zu wollen. Und ich weiß schon, dass Lüneburg von der Nähe zu Hamburg und von der Nachmittags-Seifenoper profitiert. Alles gut, sie machen es dann aber auch richtig.

In Hamburg selbst gibt es aber nicht nur Nobel-Restaurants. Es gibt dort auch die ehrlichen Eckkneipen. „Frau Möller“, zum Beispiel. Du brauchst kein Kabeljau-Filet mit Blattgold an Schaum von der Seekuh-Rotze. Manchmal reicht auch einfach das Ursprüngliche in Form von Labskaus. Komm einfach mit anderen am Tresen ins Gespräch, weil du eh auf einen Tisch warten musst, wie das immer so ist in der Kneipe. Und das ist es, was ich dann mit Lebensfreude verbinde.

Was nehme ich mit?

Ich war vor ein paar Jahren schon mal mit meiner Tochter da. Daher habe ich mir nicht schon wieder irgendwelche Souvenirs mitgebracht. Aber meine Frau und ich, wir haben uns gesagt: Lass uns doch ein Stück weit diese Lebensfreude von Hamburg mitnehmen. Selbst die Obdachlosen sind dort positiver als die in Leipzig. Hier kann es einem passieren, dass die dich bedrängen und so. In Hamburg betteln sie zwar auch, aber sie fragen höflich und mit Abstand.

Ich weiß nicht, ob ihr verstehen könnt, was ich meine. Mir reicht es, wie viel Missmut hier in Leipzig grassiert. Und da ist die so genannte „Heldenstadt“ noch ein positives Beispiel im Osten. Ich würde mich echt freuen, wenn wir es hinkriegen würden, ein wenig mehr positiv zu sein, so wie in Hamburg. Man kann sich gegenseitig helfen und respektieren. Es ist auch nicht schlimm, den anderen mal vorzulassen. Und man muss auch nicht immer eine Fresse ziehen, mit einem Lächeln läuft vieles besser.

Und wenn die Koberer auf dem Kiez in St. Pauli einen Weg gefunden haben, wie es allen auf der Reeperbahn, auf der Großen Freiheit und wo sonst auch immer gut geht, dann ist das eben einfach mal eine gute Idee. Lasst eure Ellenbogen stecken, also versucht es wenigstens. Es tut nicht weh und schadet niemandem. Das ist meine Erkenntnis aus unseren paar Tagen Hamburg. Und ich glaube, wir sind mit der Stadt noch lange nicht fertig.

Dann zieh doch nach Hamburg!

Wie oft hört man dann, dass man da und da hin ziehen soll, wenn es einem dort so gut gefällt? Wie blöd ist das denn eigentlich? Leipzig ist meine Heimat. Ich werde nicht von hier weggehen. Aber vielleicht kann man der Stadt hier wieder etwas mehr positives Lebensgefühl einhauchen? In Hamburg klappt das ja auch.

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