Es ist wohl an keinem spurlos vorbeigegangen, wie sehr sich Samsung und Apple in den Haaren haben und hatten. Es verging – glaube ich – kein Tag, an dem nicht wieder irgendwas seltsames zu Patenten veröffentlicht wurde.
Was aber bedeutet der ganze Streit für das Samsung-eigene Handy-Betriebssystem Bada? Es ist ja sehr ruhig geworden um die Plattform, sodass man sich fragt: Kommt da noch was? In Referenz zum Blog Badania biete ich eine kurze Übersicht an, wie sich das genannte Portal vorstellt, wie Samsung mit den Smartphones fortfahren könnte.
Zunächst einmal: Das Betriebssystem Bada OS 2.0 erfährt weltweit allerbeste Bewertungen. Es sei ein sehr stabiles Betriebssystem, es sei gut ausgestattet mit Funktionen „Out of the Box“ (also ohne jegliche Zusatz-Installation), es sei ressourcenschonend (und wahrscheinlich dadurch sogar umweltfreundlich) und so weiter und so fort.
Trotzdem erschließt sich so richtig niemandem, warum Bada nicht konsequenter beworben und in Umlauf gebracht wird. Die Gründe, die dafür sprechen würden, sind vielfältig. Und es würde zeigen, dass die Südkoreaner ein integriertes Produkt herstellen können. So wie Apple: Hardware (Mac oder iPhone / iPad) und Software (MacOS / iOS) kommen aus der gleichen „Computerbude“. Damit hat sich Apple unsterblich gemacht. Und das kann Samsung meiner Ansicht nach bei Handys auch.
Also schauen wir einmal auf die Aspekte, die Badania da anführt. Warum soll also Bada gestärkt werden?
Zugpferd Galaxy mit Keuchhusten
Zunächst einmal ist der Patentstreit mit Apple rund um das Galaxy zu nennen. Sicher, mit dem Galaxy macht Samsung gigantische Umsätze. Aber die meisten Patentstreitigkeiten gibt es eben auch mit dem Parademodell. Das bedeutet, und da gehe ich mit Badania völlig konform, dass Samsung riesige Investitionen tätigen müsste, um die Verletzungen auszuräumen bei gleichbleibendem Komfort und Funktionsumfang. Damit können schnell mal Gewinne dahinschmelzen wie das Eis in der sprichwörtlichen Sonne.
Alternativ hierzu könnte Samsung auch auf den Nexus-Zug von Google aufspringen. Macht Sinn: Android als eingesetztes Betriebssystem kommt ja schließlich auch von Google. Damit würde einer der Zankäpfel, nämlich die TouchWiz-Oberfläche, nicht mehr zum Einsatz kommen sondern ein reines Android.
Google holt sich sein Android zurück
Es gibt inzwischen mehr und mehr Unkenrufe, die Samsung empfehlen, ein eigenes Betriebssystem zu benutzen. Das Ganze hätte wohl rechtliche Gründe, wie Badania erwähnt. Ich finde das auch reiflich erwähnenswert. Wenn man die TouchWiz-Oberfläche weglässt und nur ein reines Android hat, ist doch das Alleinstellungsmerkmal von Samsung weg. Oder? TouchWiz soll ja sogar statt vorinstalliert nur über den Google Play Store verfügbar sein. Benutzer, die das nicht wissen, verzichten unter Umständen auf diese Funktion.
Die Unkenrufe sind das Eine, Google an sich das Andere. Nachdem Google immens viel Geld für Nexus 7 und Motorola ausgegeben hat, will der Konzern natürlich auch etwas davon haben. Beide Marken sollen nach Ansicht von Badania gestärkt werden. Das würde ja bedeuten, dass meinetwegen neue Android-Versionen erstmal „hausintern“ eingesetzt werden und Fremdhersteller wie HTC oder eben Samsung erst viel später die neuen Versionen anbieten können. Da man weiß, dass Updates immer Funktionsverbesserungen und Sicherheitsverbesserungen mitbringen, werden dann eben Hersteller „außerhalb“ von Google das Interesse der Kundschaft schnell zu spüren bekommen.
Tizen – Open Source Handy-Betriebssystem?
Tizen habe ich heute das erste Mal überhaupt gelesen. Es soll sich da um ein Betriebssystem handeln, das weitgehend offene Standards verwendet. Quasi ein Linux auf dem Handy. Sicher, durch die offenen Standards ist eine Massenkompatibilität nahezu sicher. Das Problem, das ich hierbei sehe, ist aber der Umstand, was dann mit Support und ähnlichem passiert. Ist denn Samsung dann wirklich noch der erste und einzige Ansprechpartner? Und schafft sich Samsung damit nicht Probleme, die ohne Tizen gar nicht bestünden?
Badania redet davon, dass Tizen mit Sicherheit sehr innovativ werden könnte. Aber durch die vielen offenen und nicht zu beantwortenden Fragen ist es unmöglich, einen Erfolg in irgendeiner Hinsicht zu prophezeien.
Also bleibt nur Bada als Zukunft?
Die Community deckt ja bekanntlich alles auf. So wurde ein fauler Deal zwischen Samsung und Shazam bekannt, wie Badania schreibt, der mit Bada 2.0 bereinigt wurde. Überhaupt wurde Bada im Laufe der Zeit immer stabiler und benutzerfreundlicher. Allerdings merkt man trotz des guten Charakters des Systems immernoch, dass Bada – nun ja – unfertig ist.
Hier und da fehlen wichtige Schnittstellen, ohne die weitere Dienste eben einfach nicht eingebunden werden können. Am wichtigsten scheint da derzeit die Musikerkennung zu sein, der Deal mit Shazam eben. Tüftler haben bewiesen, dass man auch ohne den weltweiten Musik-Identifikationsdienst Musikerkennung liefern kann. Nur müsste hier Samsung aus den Hüften kommen und eine tragfähige Erweiterung schaffen.
Wird Bada ein Zukunftspfeiler für Samsung, sollte gemäß Badania an einem optischen Auftritt gefeilt werden, der weniger androidesk daherkommt. Hier wird die „Samsung Handheld Platform (SHP)“ ins Feld geführt, die schließlich der Grundstock für Bada war.
Die unschlagbaren Vorteile von Bada wären für Samsung natürlich:
- Man würde sich von Google abkoppeln
- Man hätte im Vergleich zu Tizen eine gewachsene Community
- Man hat vielleicht durch das Bada 2.0 Paradestück „Samsung Wave 3“ eine stabile Käuferschaft
- Man müsste nicht von vorn anfangen (was bei den rechtlichen Schwierigkeiten bzgl. Android und dem neuen Konzept von Tizen wahrscheinlich der Fall wäre)
Ein neues Wave anstelle eines neuen Galaxy?
Ich kann immer wieder nur aus meiner Warte schreiben: Mein Samsung Wave 3 hat mich bisher nie im Stich gelassen und arbeitet in etwa gleich schnell und gleich gut Anfragen ab wie ein gleich altes Samsung Galaxy SII. Daher kann ich die Meinung nicht nachvollziehen, wonach das Wave 3 gemeinhin als „Rohrkrepierer“ gilt. Trotzdem empfiehlt Badania die Etablierung eines neuen Wave-Gerätes als neues Flaggschiff der Samsung Smartphones, um praktisch allen zu zeigen, wo der Hammer hängt.
Dazu müsste das Wave 4, wenn es denn eins geben würde, gnadenlos hardwareseitig aufgerüstet werden. Mehr Arbeitsspeicher, LTE-Unterstützung und so weiter. Das würde also bedeuten, dass ein Nachfolger zum derzeitigen Wave 3 ein völlig neues Gerät ist, was praktisch bis auf den Namen gar nicht mehr an das jetzige Wave 3 erinnern würde. Ein Nachfolger würde sich aber nach Ansicht von Badania durchaus lohnen.
Fazit: Die Zukunft von Samsung Smartphones
Ich spreche es nochmal an: Das Betriebssystem Bada 2.0 (über die 1.0 kann ich nichts sagen) ist ein stabiles, schlankes und nach meinem Dafürhalten auch schnelles Betriebssystem. Das ist ein solider Grundstein dafür, dass sich Samsung auf dem Smartphone-Sektor neu erfinden kann. Das würde bedeuten, dass die Südkoreaner alte Zöpfe abschneiden und viel Mut und Investitionsbereitschaft zeigen müssen. Die Maßgabe muss heißen: Ein Samsung-Handy mit Android von Google war gestern, ein Samsung-Handy mit Samsung-Betriebssystem ist morgen. So etwas nennt man Corporate Identity. Und damit ist Apple zu einem der erfolgreichsten Konzerne aller Zeiten geworden. Und das darf man durchaus kopieren, ohne rechtliche Schwierigkeiten zu bekommen.
Es ist eine mutige Idee von Badania, aber ich finde sie sehr schlüssig. Ich habe allerdings die böse Ahnung, dass Samsung aus den Gründen wie dem Erfolg des Galaxy oder wegen fehlendem Mut Bada verschwinden lassen wird. Man wird sich wohl irgendwo in der Mitte mit Google einigen und künftig Handys im Einheitsbrei veröffentlichen, nur um mit niemandem anzuecken. Ob man dann weiter mit Wow-Effekten a la Galaxy SIII rechnen darf, wage ich mal anzuzweifeln.
Was denken Sie über Samsung? So weitermachen wie bisher und weitere Patentklagen riskieren? Einheitsbrei-Handys produzieren ohne die Chance auf Ansehen wie beim SIII? Oder Mut beweisen und Bada auf wirklich feste Füße stellen?
4 Replies to “Der Samsung-Apple Zoff und was das für das Bada-Betriebssystem bedeutet”