Bossing: Was für ein krankes Verhalten!

Haben Sie schon mal den Begriff „Bossing“ gehört? Mir sagte das auch nichts. Nachdem mir aber irgendwann mal das Wort genannt wurde, war mein Interesse geweckt, und ich musste mich mal etwas schlau machen. Das Bossing ist so ziemlich das übelste Verhalten, das ein Boss – also ein Vorgesetzter – an den Tag legen kann. Da jeder in diese Situation kommen kann, muss man sich mit dem Thema beschäftigen. Ob ich selbst so eine Erfahrung gemacht habe? Wer weiß das schon so genau? Aber das ist mein Thema im Abwasch der Woche.

Bossing: Was ist das?

Nehmen wir einmal an, Sie arbeiten seit einigen Jahren in der gleichen Abteilung. Das Team ist miteinander vertraut, die Arbeit macht soweit Freude, man macht sein Ding. Aber aus irgendeinem Grund, den Sie sich nicht einmal ausmalen können, fallen Sie in Ungnade bei Ihrem Chef. Der steigt irgendwann in die nächsthöhere Ebene auf, und es kommt ein neuer Chef. Und dann beginnt es irgendwann, dass Sie merken, dass Sie in Ungnade gefallen sind. Da stört sich der neue Chef an Kleinigkeiten und bauscht diese mit der Zeit immer weiter auf.

Es folgen vermehrt Gespräche, die immer ernsthafter werden. Sie begehen Fehler um Fehler und merken irgendwann mal, dass Sie Ihrem Chef eigentlich gar nichts mehr recht machen können. Darauf bauen dann weitere Fehler auf. Mit der Zeit droht man Ihnen auch mit Konsequenzen. Und es bleibt bei Kleinigkeiten. Es kommt Ihnen auch so vor, als ob mittlerweile Kollegen gegen Sie arbeiten. Das Alles passiert mehr oder minder beiläufig. Vielleicht stört man sich daran, weil Sie zu lang am Kaffeeautomaten brauchen oder so. Solche Dinge sind es.

All das passiert auf Bestreben des früheren Chefs. Vielleicht findet das auch der dann aktuelle Chef gut. Ziel ist, Sie mindestens aus der Abteilung zu drängen. Die Ursachen sind vielfältig. Aber es scheint so zu sein, dass man Ihnen fehlendes Selbstbewusstsein unterstellt. Vielleicht ist es so, dass Ihr Chef damit eigene Schwächen bekämpfen will. Wie dem auch sei, Sie als Mitarbeiter haben immer weniger Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren. Denn es kommt, wie es kommen muss: Ihr Chef sucht dann nach Fehlern. Und er nutzt jede Kleinigkeit dazu, Sie zu kritisieren.

Was können Opfer gegen Bossing tun?

Ihr Chef wird wohl nicht handgreiflich werden. Das läuft ja immer subtil ab. Sie erhalten Aufgaben, die Sie gar nicht zur vollsten Zufriedenheit erledigen können. Ihre Moral geht immer mehr in den Keller. Und es geht immer so weiter. Manchmal ist dann auch wochenlang Ruhe, und Sie erhalten vielleicht auch mal keine Diskussion. Aber dann fängt es irgendwann unvermittelt wieder an. Wie immer bei solchen Attacken erfahren Sie innere Unruhe, Schlafstörungen, ein angekratztes Selbstwertgefühl.

Sie könnten sich natürlich einen neuen Job suchen. Aber vielleicht sucht man auch das Gespräch mit dem Vorgesetzten. Auf jeden Fall sollte man Beweise sichern und Gesprächsnotizen und dergleichen machen. Die muss man nicht einmal beweisen. Und man sollte den Betriebsrat oder eine Ombudsperson einschalten. Und wer weiß, vielleicht sollte man auch arbeitsrechtliche Schritte einleiten. Aber diese würden die Situation ja eher noch verschärfen. Am Ende bleibt, dass das Verhältnis zwischen Chef und Mitarbeiter nachhaltig zerrüttet ist.

Bringt ein Wechsel in eine andere Abteilung etwas? Vielleicht will man ja im Unternehmen bleiben, aber aus dem Einflussbereich des Chefs verschwinden. Wenn dieser aber irgendeine persönliche Befindlichkeit gegen den Mitarbeiter hat, geht das Theater dann vielleicht weiter. Also bleibt am Ende doch nur der Jobwechsel. Gerade etwas wie Bossing, das nur schwer zu fassen ist und sehr subtil wahrgenommen wird, bleibt problematisch. Es spielt sich auf zwischenmenschlicher Ebene ab. Deshalb muss hier Luftveränderung her.

Bin ich schuld?

Das ist die zentrale Frage. Bossing-Opfer suchen oftmals die Schuld bei sich selbst. Aber mal ehrlich: Sind kleine Fehler wirklich ein Grund, so ein Theater zu machen? Und ich meine damit wirklich Kleinigkeiten. Vielleicht handelt es sich auch um eine Vielzahl von Kleinigkeiten. Aber es bleiben eben Kleinigkeiten. Man hat das Geschäft nicht gefährdet, keinen Schaden gemacht oder sonstwas. Aber dennoch fühlt man sich schuldig. Wer weiß, vielleicht sagt man sich auch, dass einem das sogar recht geschieht.

Reden Sie sich so etwas nicht ein. So lang es nicht so ist, dass durch Sie ein großer Auftrag flöten gegangen ist oder durch Ihr Handeln eine Lagerhalle abgebrannt ist, sind es Kleinigkeiten. Vor allem, wenn strategische Entscheidungen des Vorgesetzten ausbleiben, mutwillig verzögert werden oder zum Nachteil der Abteilung führen, sollte dieser sich mit Kritik an Kleinigkeiten wie eine verspätet beantwortete Email zurück halten. Noch mehr, wenn der Zeitpunkt der Beantwortung überhaupt keine Rolle spielt.

Man kann sich zwar immer vornehmen, so gut wie möglich zu arbeiten. Das ist auch der Anspruch eines jeden. Hab ich Recht? Also bei mir ist es so. Und ich kenne niemanden, bei dem das nicht so ist. Wenn Kleinigkeiten zum Bossing und vielleicht sogar zur Trennung führen, hat das nichts mehr mit der eigentlichen Arbeit, sondern viel mehr mit persönlichen Befindlichkeiten zu tun. Und gegen die kann man als Arbeitnehmer nichts tun. Aber so ein Verhalten des Vorgesetzten ist am Ende schon ziemlich krank. Finden Sie nicht auch?

Disclaimer

Ich habe es während meines Berufslebens öfter mitbekommen, wie Mitarbeiter systematisch von Vorgesetzten fertig gemacht wurden. Mancher hat nicht einmal gemerkt, was da ablief, so subtil sind die Vorgesetzten vorgegangen. Und ob es am Ende wirklich Bossing war, wird niemand mit absoluter Sicherheit sagen können. Ein gutes Verhältnis zu seinem Vorgesetzten ist wichtig. Es hebt auch die Moral in der gesamten Abteilung. Alles andere macht sie systematisch kaputt. Mir ist vielleicht auch schon mal so etwas passiert. Aber das weiß ich halt nicht. Und Nachtreten ist nicht so meins.

2 Replies to “Bossing: Was für ein krankes Verhalten!”

  1. Bin auch ein Bossing-Opfer.
    Wenn der Chef dich direkt vor Kunden versucht runterzumachen, Kompetenzen und Wissen infrage stellt usw… Einfach um seine eigene Inkompetenz zu verstecken… Bei mir führte das zu einer Angststörung an der ich heute noch meine „Freude“ habe, inkl Panikattacken und Schlafstörungen.

    1. Hallo Kathrin,

      ich glaube, es ist eh so, dass Bossing-Opfer darunter leiden müssen, dass der Chef einfach nur eine schwache Persönlichkeit ist. Die Nachwirkungen sind immens. Das sieht man ja an deinem Kommentar. Darüber sind sich die bossenden Vorgesetzten gar nicht im Klaren. Ist das nicht ein Straftatbestand? Könnte man bei entsprechenden Nachweisen nicht etwa eine versuchte Körperverletzung daraus stricken?

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