Corona-Nachklapp: Es war nicht alles schlecht

OK, überredet. Es ist 5 Jahre und ein bisschen her, dass hier alles anders wurde. Zeit, dass ich sowas wie einen Corona-Nachklapp schreibe. Und wie ich oben in der Überschrift schon schrieb: Es war ja nicht alles schlecht. Das findet übrigens auch der Tommi, von dem die Idee eigentlich stammt. Ich mach aber nicht so ein Fass auf wie er. Ich muss aber dennoch mal zurückschauen, wie das so war. Und irgendwie habe ich da einen Wackerstein im dicken Wanst. Nützt nix, da muss ich durch.

Wie schreibt man denn so einen Corona-Nachklapp?

Ich könnte jetzt anfangen, alles mögliche chronologisch aufzulisten. Das würde euch aber dann irgendwann langweilen. Wenn ich so hier im Blog nach „Corona“ suche, um mit dem Corona-Nachklapp anzufangen, komme ich bei der MERS-Pandemie ein paar Jahre davor raus. Das ist es also nicht. Irgendwie fing es hier an. Ich hab dann angefangen, über COVID und all das zu bloggen. Meine Güte, habe ich mir dabei Feinde gemacht.

Als ob es ein terroristischer Angriff ist, wenn man jemandem sagt: „Du warst pissen, dann wasch dir die Hände. Du musst nicht raus, dann bleib halt zuhause“. Ihr kennt das Alles. Ich wurde als linksgrüner Volksverräter beschimpft, als Hetzer, ja sogar als Nazi. Ich hab mir dann irgendwann gesagt: Ihr habt sie doch nicht alle. Und jetzt sitze ich hier und denke über einen Corona-Nachklapp nach. Und für mich fing das an, als ich ins Refugium verschwand.

Alltägliches ging nicht mehr – oder wurde anders

Ich weiß noch, ein paar Tage davor hatte mein mit Abstand bester und mittlerweile einziger echter Freund seine zweite Frau geheiratet, und wir waren zusammen beim Brunch. Wir waren die einzigen Gäste im Laden. Damals war er dabei, gedanklich falsch abzubiegen. Aber später fing er sich wieder. Jedenfalls waren wir damals alle der Meinung: Die Bundesregierung erzählt da was, dass wir mal ein paar Tage die Füße stillhalten sollen. Danach wird das schon wieder vorbei sein.

Und dann hockte ich im „Home Office“, was damals einfach nur ein Provisorium war, holte mir die Rückenschmerzen aus der Hölle und war wochenlang kurz davor, in eine depressive Phase zu fallen. Anfangs war bei uns auch nichts mit der Arbeit los, sodass du echt zu tun hattest, am Tag mal ein paar Stunden am Stück munter zu bleiben. Und du konntest irgendwie auch nichts mehr machen. Alltägliches war nicht mehr möglich. Ohne meine Frau wäre ich vermutlich durchgedreht.

Und dann sah ich, dass die unseren Sandkasten am Haus mit einem Absperrband gesperrt hatten. Und hier und da spazierte die Streife durchs Wohngebiet und auch hier durch die Gegend. Es war gespenstisch. Das ist hier eine Gegend mit vielen Kindern. Die hast du auf einmal nicht mehr gehört. Das war schon übel. Und du hast dich auch nichts getraut, weil du halt nicht wusstest, ob dich vielleicht jemand verpfeift. Das war nie der Fall, aber das Misstrauen war damals schon groß.

Der Tod kam auf Latschen

Nein, mir ist niemand bekannt, dem die Corona-Pandemie zum Lebensrisiko wurde. Obwohl ich sah, wie voll vermummte Menschen andere Menschen auf Tragen aus Häusern heraus trugen. Aber die leben alle noch. Wer nicht mehr lebt, ist einerseits der zweite Mann meiner Schwiegermutter, den der Krebs ereilt hatte. Und andererseits starb meine Mutter im extrem schwierigen Jahr 2021. Beruflich wurden wir wegen „der Cloud“ fertig gemacht. Und ich konnte das dann irgendwann nicht mehr.

Ich wurde blass und blasser und hatte viele Feierabende, an denen ich zitternd dasaß, nachdem ich den Computer ausgeschaltet hatte. Nachdem meine Mutter gestorben war, war es mir nicht mal möglich, wenigstens mal kürzer zu treten. Das führte dann zu einer akuten Belastungsreaktion, die auch gut und gern als Burnout hätte durchgehen können, und ich hatte das auch so benannt. Ich war kurz vorm Herzinfarkt und nehme seitdem Blutdrucksenker.

Ich musste mich hinterfragen. Mich, meinen Nachrichtenkonsum, mein Nutzungsverhalten von den sozialen Netzwerken, ich habe auch meine Arbeit hinterfragt und all meine Aktivitäten. Mir hilft meine Musik, wieder auf ein normales Level zu kommen, wenn der Stress über die Stränge schlägt. Die Nachrichten können auch gern mal warten. Und letzten Endes haben mir die kommerziellen sozialen Netzwerke nicht gut getan, sodass ich die nun zu 99% meide. Ich will ja weiterleben.

Es geht immer weiter

Wie gesagt, ohne meine Frau weiß ich nicht, ob ich das Alles mitgemacht hätte. Und sie hatte ja auch ihr Päckchen zu tragen. Sie wollte nicht mehr das tun, was sie jahrelang tat und erfand sich mit einer Schaffenspause neu. Heute hat sie den Job, den sie immer wollte. Und nachdem sich ihr Teil der privaten Welt sortiert hatte, geht es dahingehend eigentlich immer nur aufwärts. Und das ist echt so gemeint, wie ich es schreibe.

Wir haben nach wie vor nur extrem wenige Freunde, dafür aber extrem gute. Wir haben uns in unseren Jobs so eingerichtet, dass wir die gern noch lange ausüben können. Ich habe ein gut ausgebautes Home Office, dass ich auch als Blog Office und Musikstudio hernehme. Wir lachen all diejenigen aus, die seit der Pandemie einfach nur noch verbiestert dreinschauen. Leute, das Leben ist nicht einfach nur schlecht. Wir können Miesepeter einfach nicht mehr ertragen.

Mit diesem Corona-Nachklapp wird mir erst selbst richtig klar, dass die ganze Pandemie wie so ein riesiger Filter war. Du hast halt alle Menschen, mit denen du so zu tun hast, oben reingeworfen. Und wer dir gut tut, der blieb im Filter übrig. Das Gleiche mit dem Konsum von Medien aller Art. Was dir etwas nützt, bleibt im Filter übrig. Und am Ende machen wir unser Ding, wie es uns passt. Das hat sich durch die Pandemie eher verstärkt. Insofern gilt: Es war nicht alles schlecht. Also können wir auch mit dem Pessimismus aufhören, oder?

Einfach mal weitersagen

4 Gedanken zu „Corona-Nachklapp: Es war nicht alles schlecht“

  1. Das mit dem Filtern der Menschen, das gefällt mir. Das haben wir auch gemacht und ich hätte es nicht besser beschreiben können. Am Ende sind welche übrig geblieben, und die sind auch alle heute noch da.

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  2. „Und letzten Endes haben mir die kommerziellen sozialen Netzwerke nicht gut getan, sodass ich die nun zu 99% meide.“
    Ich höre und lese das – unabhängig von Corona – so unglaublich oft. Da frage ich mich schon, wieso diese (a)sozialen Netzwerke überhaupt noch Nutzer haben…? Ich bin nirgends angemeldet und froh darüber.
    Über die Fehler, die während Corona begangen wurden, will ich mich nicht auslassen – vieles ist da einfach nie wieder gutzumachen.
    Etliche Freunde sind in der Zeit irgendwie… verstummt und haben heute noch Probleme, sich mal zu melden. Bei manchen habe ich dann irgendwann auch aufgegeben.

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  3. Oh, dass klang am Anfang nicht so gut, aber schön dass Du Dich wieder gefangen hast. Ja, Corona hat schon einiges verändert und auch etwas die Augen geöffnet, aber ja leider macht auch irgendwie jeder nur noch sein Ding und wir sind nicht mehr zusammen gerückt. Man denkt ja eigentlich das solche Krisen eher dazu fügen das man mehr zusammen rutscht, schon schade. LG Edeline

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  4. Also bei mir war es so, dass ich zwar Corona sehr ernst genommen wurde, aber in meiner „Blase“ trotzdem beschimpft wurde, weil andere es noch ernster nahmen, wie in einem Wettbewerb. Der eine ging gar nicht mehr vor der Tür, nicht mal zu einem einsamen Waldspaziergang, der andere desinfizierte sein Obst nach dem Einkauf und zwar extrem gründlich. Und so weiter.

    Allerdings wurde ich – widersinngerweise – AUCH beschimpft (sogar noch mehr), weil ich von Anfang an gesagt habe, es kann doch nicht sein, dass der Spuk in ein paar Wochen vorbei ist. Dass wird Jahre dauern, ich habe damals zwei bis vier Jahre geschätzt. Wie man jetzt weiß, habe ich damit gar nicht so schlecht gelegen. Aber DAS wolle auch keiner hören, obwohl es erstens naheliegend zwar und zweitens auch durch andere historische Beispiele belegt, in denen es ähnlich war.

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