Der Mensch ist ein Allesfresser. Das ist einmal ein Fakt. Und meinem Verständnis nach braucht der Mensch auch irgendwie Schweinefleisch oder so etwas. Es geht immer um eine ausgewogene Ernährung. Nun heißt es aber, dass in verschiedenen Berliner Kindertagesstätten keine Gerichte vom Schwein mehr vorhanden sind. Mehr noch: Unter fadenscheinigen Ausreden wurde das Schweinefleisch vom Speiseplan der 37 Kindergärten gestrichen. Echt jetzt? Ist das jetzt die viel beschworene Islamisierung?
Man muss ja immer vorsichtiger sein. Da wird ausgiebig davon erzählt, dass in den Kindergärten der „Kindertagesstätten Berlin Südwest“ – einem städtischen Betrieb der Stadt Berlin – das Schweinefleisch grundsätzlich vom Speiseplan genommen wurde. Sprich: Es wird dort keine Kartoffelsuppe mit Wienern oder ein Schnitzel mit Blumenkohl oder etwas in der Art geben. Dafür halt mehr Fisch, Geflügel und Rind. Ja, auch vegetarische Gerichte. Nachfragen bei der pädagogischen Geschäftsleitung werden abgeschmettert, und man beruft sich auf die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE).
Allerdings empfiehlt diese ja zur ausgewogenen und vielseitigen Ernährung gerade den Verzehr von Schwein. Entsprechende Leitfäden für „Tageseinrichtungen für Kinder“ empfehlen zum Beispiel Schweinebraten. Es geht dabei ja gar nicht um Kleinigkeiten wie: Welches Gericht wird genau nicht mehr angeboten? Es geht um den generellen Verzicht auf Schweinefleisch und um fehlende Erklärungen. Und hier ist es doch dann völlig klar, dass genau das die Gemüter aufschaukelt. Ich als Vater würde mir das auch nicht gefallen lassen, zumal meine Tochter ausgesprochen vielseitig isst.
Was Gunnar Schupelius in der Berliner Zeitung schreibt, bringt viele auf die Palme. Und man darf sich nicht wundern, dass hier lautstark von „Gutmenschen“ und „Islamisierung“ und derartigem geredet wird. Ich meine, es ist schlichtweg Unsinn, dass als Begründung „gesundheitliche Gründe“ herhalten müssen, die sich gar nicht beweisen lassen. Es geht ja nicht um Fleisch von einem bestimmten Lieferanten. Es geht um Schweinefleisch an sich. Da reibt man sich schon arg die Augen und denkt sich, dass es nicht mehr weit bis zur Halal-Ernährung sein wird.
Ich würde aber lieber vorsichtig sein. So lang es keine wirklich stichhaltige Erklärung gibt, muss man auch in solchen Dingen „in dubio pro reo“ bemühen, obwohl hier „Im Zweifel für den Angeklagten“ etwas hinkt. Ich meine aber, man sollte dem Betreiber der Kitas durchaus die Chance lassen, sich richtig zu erklären. Wer weiß denn schon, warum das bisher nicht geschehen ist? Hier jedenfalls gleich von „Islamisierung“ zu faseln oder den „Jihad in der Kita“ zu befürchten, halte ich für Unfug.
Mich beunruhigt auch, was ich so über den Kita-Betreiber gelesen habe. Deshalb darf man doch aber nicht gleich hyperventilieren. Sicher, ich wäre auch verrückt geworden, wenn die Kita damals keine ausgewogene Ernährung mehr hätte sicherstellen können. Aber ich habe so das ganz dumme Gefühl, als würde es eine ganz einfache Erklärung abseits von Jihad, Halal und Islamisierung geben. Blöd ist halt, dass außer der Schupelius-Kolumne (oben verlinkt) und einigen Islam-feindlichen Blogs laut diverser Suchmaschinen niemand weiter davon erzählt. Ist das nicht wichtig genug? Oder ist es vielmehr gar nicht passiert? Ich bin mir nicht sicher. Sie etwa?
Ich finde gut, wie du dich mit dem Thema auseinandergesetzt hast. Mir fällt übrigens auch häufig bei Recherchen über Suchmaschinen auf, dass ich dort zu bestimmten Themen nur sehr eingeschränkte Infos finde. Meistens sind es – wenn es um den Islam oder evtl. „Verfehlungen“ von Muslimen – die von dir auch erwähnten islamfeindlichen Blogs, die alle in die gleiche Richtung schimpfen. Das ist natürlich keine Überraschung. Aber es ist irritierend, dass diese Themen von anderen Medien kaum behandelt werden. Das Thema Vergewaltigungen durch Muslime in Schweden wäre da auch eines, dass mir aufgefallen ist.
Im diesem Fall frage ich mich, welches Interesse ein Kita-Betreiber haben könnte, den Verzehr von Schweinefleisch in seinen Einrichtungen auszuschließen. Gesundheitliche Gründe wird es ja nach deinen Recherchen nicht geben. Also bleibt doch eigentlich nur der Einfluss der muslimischen Gemeinde, die jüdische wird erfahrungsgemäß nicht so weit gehen. Die andere Möglichkeit wäre, dass so etwas wie vorauseilender Gehorsam der Grund wäre. Beides wäre nicht ok.
Als Elternteil eines Kindes, das diese Kita besucht, würde ich mich beschweren. Und zwar sehr energisch.