In meinem Urlaub hatte ich mir vorgenommen, auch mal auf Erkundungstour zu gehen. Und dabei war ich auch im Leipziger Südosten unterwegs. Ein Tag am Stauteich Lößnig, der seit jeher „Silbersee“ heißt und das falsch, und der Kopf ist frei. In der Erinnerung an diesen Tag entsteht dieser Artikel.
Der Silbersee – er heißt ja eigentlich „Stauteich Lößnig“ – gehört zum Leipziger Südosten wie das Völkerschlachtdenkmal. So lang ich denken kann, liegt der künstliche See vor den Toren der Betonstadt Lößnig mit seinen Plattenbauten. Mit etwa 5,5 Hektar Größe ist der See im Vergleich zu anderen Gewässern in der Region nur eine größere Pfütze. Aber er ist eingebettet in das gigantische Gebiet namens „Erholungspark Lößnig-Dölitz“, und das macht ihn dann wieder groß.
Ich wollte den Kopf frei bekommen. Die letzten Monate verarbeiten und dann loswerden. Mir war irgendwie klar, dass das nicht damit getan ist, dass ich einfach mal an irgendeinem Strand herumliege oder gar zuhause. Ich musste raus. Und da es eine eher kurzschlussartige Handlung war, ging das recht schnell, dass der Silbersee mein Ziel wurde. Und ich habe es nicht bereut. Man kann sich stundenlang in dem Gebiet aufhalten und hat trotzdem nicht alles entdeckt.
Man wird überflutet mit Eindrücken: So viel Grün, so viele unterschiedliche Pflanzen, so viele Düfte. Wer damit den Kopf nicht frei bekommt, der bekommt den mit nichts mehr frei. Und das meine ich durchaus ernst.
Den Park gibt es seit etwas über 50 Jahren, nachdem der Tagebau wegen fehlender Rentabilität eingestellt wurde. Die Löcher wurden verfüllt und dass Gebiet erst landwirtschaftlich genutzt. Allerdings sackten die Verfüllungen immer wieder ab, weshalb man die Nutzung dann auch einstellte. Und der Silbersee entstand, weil man unbedingt auf der Landwirtschaftsausstellung namens „agra“ unbedingt neue Methoden zur Bewässerung vorstellen musste. Und man brauchte da Wasser dazu, somit staute man die kleinen Bächlein des Gebiets zum Stauteich.
Und in den 70ern war dann die Betonstadt Lößnig da, und schlagartig wurde den Verantwortlichen klar, dass man ein Naherholungsgebiet benötigt. Die Idee von dem riesigen Areal war geboren. Und man tut gut daran, den Park nach wie vor zu pflegen.
So lief ich also drauflos. Und ich lief und atmete und tauchte tief in diese Eindrücke ein. Die Schwüle an dem Tag interessierte mich nicht. Und nach und nach zeigte sich der Silbersee. Ich kenne den aus Kindertagen, ich war sogar als Kind darin baden. Das Wasser war damals klar und kalt. Jetzt ist das Wasser einfach nur trüb und brackig. Man kann aber sicher nach wie vor darin baden, wenn man sich nicht an dem Wasser stört.
Im See sollen jede Menge Fische zuhause sein. Viele sind natürlich hergekommen, wie Aale, Barsche, Hechte, Karpfen und all die Arten. Und es soll illegale Aussetzungen gegeben haben, weshalb der Zwergwels im See vorkommen soll. Aber die Tiefvielfalt zeigt sich auch weiter.
Am Ufer begegnet man zahllosen Insekten. Libellen habe ich gesehen. Und natürlich kommen in Ufernähe auch zahllose Fliegen und Mücken vor. Und ich habe die Enten beobachtet. Ja, ich werde wohl zum Tierfreak, wenn das so weitergeht. Aber ich fand es schwer beeindruckend, dass diese Vögel nicht gleich abgehauen sind, als ich kam. Wahrscheinlich sind sie aber nur an die Menschen gewöhnt.
Seit 1993 ist der See ein Naturdenkmal. Damit ist der Stauteich gemeint. Der eigentliche Silbersee existiert gar nicht mehr. Das war ein kleines Gewässer, das zentral im Park gelegen war. Dieses Gewässer ist aber inzwischen versumpft und nahezu ausgetrocknet, wie ich heute erfuhr. Für mich ist aber das größte Gewässer – eben jener Stauteich – mein Silbersee.
Rund um die 3 Seen des Gebiets und damit überall in dem Erholungspark findet man kleine Bäche und Rinnsale und Gräben. Alles ist irgendwie so, als wäre es immer schon da gewesen. Nichts erinnert daran, dass das Gebiet einmal Tagebau-Gebiet war. Und durch die vielen Bäume, Sträucher, Wiesen und Blumen saugt man die Natur ungefiltert in sich auf und vergisst Alltag und Vergangenes.
Und so lief ich also durch die Gegend. Ich hatte so etwas in der Intensität noch nie vorher gemacht. Ob das andere Gebiete im Raum Leipzig ähnlich erreichen können, musste ich zu dem Zeitpunkt noch herausfinden. Aber es interessierte mich nicht. Denn zu dem Zeitpunkt war ich eins und im Reinen mit mir.
Ich habe einfach mal die Weite des Gebietes mit all seinen Eindrücken genossen. Vier Stunden lief ich umher. Ja, ziellos. Braucht man für so ein Gebiet ein Ziel? Ich glaube nicht. Wenn ich ein Ziel hatte, dann war es, meinen Kopf freizubekommen. Und das ist mir gelungen.
Mein altes Hood. 😉 Direkt hinterm Haus. Für uns als Kinder gab es nichts besseres.
Das Gebiet war kein Tagebau, sondern Braunkohlentiefbau – siehe Schacht Dölitz!
Hier habe ich als Student gewohnt, in einem der Wohnheime in Lößnig. Schöne Erinnerung. Wir waren oft am Silbersee.