Es wurde im Stadtrat von Leipzig am vergangenen Mittwoch beschlossen, dass der Hafen nun endlich eine Anbindung an den Karl-Heine-Kanal bekommt. Damit kommt nun Leipzigs derzeitiges Nummer-1-Prestige-Objekt wieder etwas voran. Unvorstellbar teuer wird es trotzdem.
Noch in diesem Jahr soll mit dem Bau der Verbindung zwischen Kanal und Hafen begonnen werden. Die Bauarbeiten laufen unter dem Oberbegriff der weiteren Umsetzung des Leipziger Stadthafens. Allein diese Verbindung soll geschlagene 9 Millionen Euro kosten. Das ist in etwa die Hälfte dessen, was insgesamt für den Ausbau des Lindenauer Hafens veranschlagt wurde. Das jedenfalls berichtet Leipzig Fernsehen.
Nun ist es sicherlich toll, dass Leipzig nun „Wasserstadt“ wird. Obwohl, prinzipiell ist es ja so, dass diese Stadt aufgrund der vielen Gewässer immerschon Wasserstadt war. Aber eben noch keine Hafenstadt. Und das soll nun kommen. Koste es, was es wolle, wie es die Leipziger Internetzeitung formuliert. Zwar wird auf einiges an Baumaßnahmen verzichtet, wie eine Uferpromenade oder eine Erweiterung des Beckens. Trotzdem muss nun auf Biegen und Brechen das realisiert werden, was in grauer Vorzeit abgebrochen werden musste.
Als Leipziger stellt man sich die Frage, was das soll. Leipzig ist chronisch pleite. Das liegt einerseits an einer ständig hohen Arbeitslosigkeit (die aber allmählich wegen Call Centern, Amazon und Zeitarbeit zurückgeht), andererseits aber auch an einem anderen Prestige-Objekt, nämlich dem City-Tunnel. Als ob eine Stadt wie Leipzig mit Lehmboden und besagter Wasserlandschaft unbedingt eine Mini-U-Bahn braucht! Und nun noch Leipzig mit direktem Weg zum Meer.
Dabei ist es keineswegs so, dass Leipzig keine wichigen Sachen zu erledigen hat. So kritisiert Stadtrat Hobusch (FDP), dass zwar Geld für den vermaledeiten Hafen ausgegeben wird, aber die Sanierung von Leipzigs Schulen und Kindergärten nicht so wirklich vorankommt. Seine Aussage der Leipziger Internetzeitung gegenüber:
Anstatt mehr Geld für Kitas, Schulen, Straßen und Wege bereit zu stellen, sind gestern Abend fast vier Millionen Euro Steuergeld im Lindenauer Hafen versenkt worden.
Was wird denn jetzt überhaupt gewonnen? Ans deutsche Binnenschifffahrtsnetz wird Leipzig durch diese millionenschwere Investition immernoch nicht angeschlossen. Es wird „lediglich“ der Zusammenschluss von Stadthafen und Lindenauer Hafen erreicht, um die Gondeln und Boote von der Stadt aus in den Leipziger Westen fahren zu lassen. Das wirtschaftliche Ziel erschließt sich mir bei dem Bauvorhaben nicht.
Eine Verbindung in Richtung Elbe und damit zur Nordsee kommt vorläufig nicht. Dazu wird der falsche Kanal an den Hafen angeschlossen. Man müsste stattdessen den Elster-Saale-Kanal bis zum Hafen durchbauen und dann anständig ausheben und entschlammen. Und das ist wohl derzeit weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll und realisierbar. Hintergründe und viele Fotos zu diesem Kanal finden Ortsunkundige natürlich wie immer in der Wikipedia.
Die Stadt versucht trotz den Unmassen an Geld, die beim Projekt ausgegeben werden, Stimmung für den Hafen zu machen. So gibt es für das Hafenprojekt eine recht aufwändig gestaltete Internetseite im Internetauftritt der Stadtverwaltung. Zum bisherigen Stadthafen hat „Leipzig am Wasser“ eine sehenswerte Bildersammlung veröffentlicht.
Na, vielleicht erlebe ich es noch, wenn in ein paar Jahren der Hamburger Sportverein zum Bundesliga-Spiel zum RB Leipzig kommt und elbabwärts, saaleabwärts und kanalostwärts mit dem Kahn angeschippert kommt.