Am 14.12.2013 wurde mit viel Theater, Feuerwerk und Volksfest der City-Tunnel Leipzig eröffnet. Den ganzen Tag bis praktisch 23.59 Uhr konnte jeder, der wollte, kostenlos die Leipziger Hamster fahren. Halb Leipzig hat sich das angeblich so verhasste Prestige-Projekt am Eröffnungstag angetan, bevor pünktlich um 00:00 Uhr am heutigen Tag der fahrplanmäßige Betrieb aufgenommen wurde.
Heute habe ich mir mit Anhang auch einmal eine Fahrt mit der neuen S-Bahn Mitteldeutschland gegeben. Da so viel über den Tunnel geschimpft wurde, ich hatte ja auch meine Skepsis gezeigt, wollte ich einfach sehen, welchen Eindruck das S-Bahn-Konzept hat und inwieweit der City-Tunnel zu Leipzig passt.
Unsere Abfahrt war nicht etwa irgendwo in der Innenstadt. Wir stiegen am seit den Achtzigerjahren bestehenden Haltepunkt „Grünauer Allee“ am Ostrand des Plattenbaugebiets Grünau im Leipziger Westen ein. Ich wusste ja, wo sich der Bahnhof befindet. An ihm wird gerade noch viel gebaut. Vieles sieht noch aus wie zu den Zeiten, als der Grünauer Arm der S-Bahn eingestellt wurde. Aber der Zug war pünktlich.
Leider war der Zug viel zu klein für den Fahrgast-Ansturm aus Grünau. Die vielen tausend Bürger des Westteils der Messestadt haben ja für ihre S-Bahn gekämpft. Nun wollten sie natürlich sehen, ob es sich gelohnt hat. Vermutlich hat die „DB Regio“ damit nicht gerechnet. Jedenfalls stand man dicht an dicht gedrängt. Aber man wurde wenigstens nicht umhergewedelt, wenn der Zug eine Kurve fuhr.
Die Strecke Leipzig-Grünau nach Leipzig Hauptbahnhof ist fast identisch zu der Strecke vor der Einstellung der Grünauer S-Bahn. Einzig der frühere Haltepunkt „Industriegelände West“ entfällt, die Bahnhöfe „Leipzig Gohlis“ und „Leipzig Leutzsch“ sind umgebaut worden, und kurz vor dem Hauptbahnhof fährt der Zug natürlich in den Tunnel. Allerdings tat er das in unserem Fall nicht sofort.
Direkt an der Tunneleinfahrt kam der Zug recht abrupt zum Stehen. Der Grund war der S-Bahn-Zug vor unserem. Der hatte Verspätung und war noch nicht aus dem Bahnhof „Leipzig Hauptbahnhof (Tief)“ ausgefahren. Und dann begann die Fahrt durch ein Stück Dunkelheit.
Im dezent beleuchteten Tiefbahnhof des Hauptbahnhofs wechselten Scharen von Leuten: Viele stiegen aus, viele stiegen ein. Daher wird auch der nach uns folgende Zug Verspätung haben, vermute ich. Der Halt am „Markt“ war dann auch wieder lang. Schließlich tobte über dem Bahnhof zu der Zeit der Weihnachtsmarkt. Der Halt am „Wilhelm-Leuschner-Platz“ wiederum war recht kurz, weil die Uni am Sonntag natürlich geschlossen hat.
Unser Ziel war dann der darauf folgende „Bayerische Bahnhof“. Hell erleuchtet empfing er uns. Es gab zwei Möglichkeiten, den Bahnhof zu verlassen: Der citygerichtete Ausgang „Bayerischer Platz“ oder der zur Universitätsklinik gerichtete Ausgang „Straße des 18. Oktober“. Der erste Ausgang war dann unsere Wahl. Mit einer recht langen Rolltreppe wurde man direkt in die unmittelbare Sichtweite der zentralen Straßenkreuzung geführt.
Die Fahrt insgesamt war recht entspannt, und sicher wird die S-Bahn sehr gut genutzt werden. Es mag sein, dass ein kurzer Zug für die Gesamtstrecke (Die Linie S1 führt dann weiter über Wurzen nach Riesa und damit nach Mittelsachsen) ausreichen wird. Ich fand aber, dass für den Eröffnungstag mit dem erlebten Ansturm gerechnet werden musste. Und dafür war der Zug einfach zu klein.
Unentspannt fand ich die Situation der Ticket-Automaten. Mir ist klar, dass ich die S-Bahn als Teil des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes mit jedem Ticket des Verbundes ggf. nutzen kann. Aber ich hätte erwartet, dass zur Eröffnung an den Bahnhöfen auch entsprechende Automaten stehen. Und ich hätte erwartet, dass auf der Rückfahrt der am „Bayerischen Bahnhof befindliche Automat auch Geldscheine annimmt. Glücklicherweise war das Zugpersonal für den Ticketverkauf zuständig.
Etwas schade fand ich auch, dass auf der Rückfahrt die an sich sehenswerten Anzeigen im Zug (Haltestelle, Ausstiegsseite, WC besetzt oder nicht, nächste Haltestellen) und die Ansagen nicht mehr funktionierten. Auch die Linienanzeige außen am Zug funktionierte nicht, weshalb es zu der einen oder anderen Irritation kam. Und beunruhigend fand ich ein Stück Zugfahrt, als der Zug komische Fahrgeräusche von sich gab.
Alles in allem finde ich aber trotzdem, dass die S-Bahn Mitteldeutschland und der City-Tunnel eine Bereicherung für Leipzig sind. Kinderkrankheiten wie fehlende Automaten oder ausgefallene Anzeigen oder unfertige Bahnhöfe nimmt man hin, so lang es Kinderkrankheiten bleiben und diese nach und nach abgebaut werden. Auch Verspätungen und Wartezeiten an den Tunneleinfahrten nimmt man derzeit hin, weil das Aufkommen unerwartet hoch ist.
Wenn die S-Bahn dann wieder etabliert ist, wird sich das Fahrgast-Aufkommen normalisieren. Dann passt mit hoher Sicherheit auch die Taktung im Tunnel. Technische Probleme werden verringert. Und Leipzig hat ein Stück Verkehrsvielfalt gewonnen.
Die S-Bahn wird sicherlich nicht jedem nützen. Aber der Weg durch die Innenstadt mit der S-Bahn durchs Erdreich ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine gute Idee. Wenn das Erdreich hält, ist alles in bester Ordnung.
Einen sehenswerten Bericht mit Bildern finden Sie unter anderem in der Leipziger Internetzeitung. Mehr so nebenbei habe ich aber auch drei Bilder schnell mit dem Handy erstellt. Schauen Sie mal:
One Reply to “Leipzig: Ich fuhr mal S-Bahn”