Seit heute gilt ein verändertes Transplantationsgesetz. Von nun an sollen alle Bundesbürger, die mindestens 16 Jahre sind, Post von ihrer Krankenkasse erhalten, die einen Organspendeausweis enthält. Es geht die Kunde, dass diverse Krankenkassen sofort heute mit dem Versand begonnen haben, andere wollen noch warten. Aber es ist rum wie num, die Ausweise kommen. Man muss sie nur ausfüllen.
Ich befinde mich hier in einem Zwiespalt. Ich bin mir völlig darüber im klaren, dass Organe gebraucht werden und Leben retten können. Es ist auch völlig klar, dass voll funktionsfähige Organe nicht im Körper eines Toten bleiben müssen, wenn sie anderweitig eingesetzt werden können. Insofern bin ich grundsätzlich für eine Organspende. Keine Frage.
Aber mir stellt sich die Frage, ob ich genügend aufgeklärt wurde. Und ich meine hierzu nicht die ominösen Appelle in Zeitungen und im Internet. Ich meine eine klare Information von der Krankenkasse zum Beispiel. Mich würden da Fragen interessieren, die da in etwa diese wären:
- Selbst wenn ich einen ordentlich ausgefüllten Organspendeausweis bei mir trage und vielleicht sogar eine Patientenverfügung angefertigt habe, woher bekomme ich oder meine Angehörigen die Gewähr, dass ich Falle des Falles nicht unnötig leiden muss, um die Einzelteile frisch zu halten?
- Ein würdevolles Lebensende und dringend benötigte Organe – Widerspricht sich das nicht ein ganz klein wenig?
- Was ist mit den Manipulationsvorwürfen und Organspende-Skandalen? Wie weit ist die Aufklärung? Ist sichergestellt, dass so etwas nicht wieder passiert?
Und was ist denn mit dem schlechten Gewissen? Ich stelle mir da jetzt gerade vor, man beantwortet die oben gestellte Frage mit „Nein, natürlich nicht„. Wird man dann mit einem entsprechenden „Shitstorm“ gewürdigt? Fühlt man sich jederzeit ertappt bei einem Werbespot für Organspende? Wird man so sehr von der Pro-Organspende-Werbung genervt, dass man förmlich vor ihr flüchtet?
Das eigentlich Traurige an der Thematik Transplantationsgesetz ist ja, dass man wieder wie zu anderen, ähnlich brisanten Themen beobachtet, wie die deutsche Politik vor allem ihr eigenes Gewissen zu beruhigen weiß. Und die scheppert und klappert so laut, als hätte sie etwas wirklich gehaltvolles zu erzählen. Tja, aber dann ist da wieder nur heiße Luft.
Bei einer solchen fehlenden Aufklärung zum Thema (und ich kann vermutlich von mir sagen, dass ich viel lese und mir selbst Informationen beschaffe) und bei dem sich ab heute aufbauenden Druck für die Spende von Ersatzteilen ist man fast geneigt, den Organspendeausweis abzulehnen.
Es genügt offenbar, wenn irgendwer den Hirntod feststellt. Aber welcher Mediziner kann das immer und zweifelsfrei tun? Und was ist der Unterschied zwischen Hirntod und – nun ja – wirklichem Tod? Wie kann sichergestellt werden, dass der Organspender bei der Organ-Entnahme tatsächlich nichts mehr spürt?
Wie kann man sich da sicher sein? Ich habe größte Hochachtung für diejenigen übrig, die trotz der vielen ungeklärten Fragen die oben gestellte Frage mit „Ja, natürlich“ beantwortet haben.
Im übrigen sieht das der Blogger Nic in seinem Bloghaus ganz ähnlich wie ich. Er hat noch ein paar interessante Link mit zusammengesammelt.