Es ist an der Zeit, dass man sich im Freistaat Sachsen zur Wehr setzt. Es läuft vieles schief, und das muss man gerade ziehen. Aber wie? Über Sachsen ergießt sich derzeit ein großer Trog voll Gülle. Dagegen hilft kein Regenschirm. Wir können es besser, die wir hier an Elbe, Mulde, Pleiße, Erzgebirge und Vogtland leben. Das darf alles nicht so weitergehen. Daher muss ich wirklich sagen, dass es Zeit ist, dass sich Sachsen endlich wehrt.
Ich muss erstmal allen den Wind aus den Segeln nehmen, die jetzt meinen, dass ich den „Kampf gegen die Flüchtlingsschwemme“ unterstützen würde. Nein, das wird nicht passieren. Rechtes Gesindel bleibt nun einmal rechtes Gesindel. Ich meine mit dem Artikel, dass Sachsen nun endlich mal laut und deutlich sagen soll, dass solche Auswüchse wie in Clausnitz, Bautzen, in der Sächsischen Schweiz und sonstwo einfach nicht stattfinden dürfen. Ein reines Lippenbekenntnis reicht da aber wahrscheinlich nicht aus. Ich habe aber keine Ahnung, wie das gehen soll.
In den Neunzigern formierten sich starke rechte Gruppierungen in Sachsen. Getrieben von der wirtschaftlichen Ohnmacht, die das Bundesland nach der Wiedervereinigung erfuhr, bildeten sich Auswüchse, von denen jeder dachte, dass sie weg wären. Auch südlich von Leipzig gab es das. Und so weit ich weiß, auch in der Region rund um Chemnitz. Ich denke, das hatte auch wirtschaftliche Gründe.
Ich habe in der Vergangenheit von Ritualen am Rande der Gesellschaft gehört, die in Richtung Ku Klux Klan gehen. Das kann doch eigentlich nur Abscheu hervorrufen. Das fand alles nicht an solchen exponierten Stellen wie dem Markt von Leipzig statt. Sondern auf irgendwelchen Industriebrachen irgendwo im Nirgendwo. Und ich bin überzeugt, dass in wirtschaftlich schwachen Regionen anderswo in Deutschland ähnliche Auswüchse stattfinden.
Ich denke, Sachsen hat zu lange weggeschaut. Als in den Neunzigern der schreckliche Anschlag von Rostock-Lichtenhagen stattfand, haben sie in den sächsischen Industriebrachen Feste gefeiert und germanische Bräuche durchgezogen. Ich nehme an, woanders war das ähnlich, aber ich habe es über Sachsen erfahren. Passiert ist nichts. Die Polizei besteht ja auch nur aus Menschen. Und die wollen auch nur einen friedlichen Feierabend mit der Familie haben. Und bei den Drohungen, von denen ich damals erfuhr, hat man lieber die Klappe gehalten. Und so nahm das Alles seinen Lauf.
In der Vergangenheit habe ich immer mal wieder geschrieben, dass die Politik die Menschen nicht mitgenommen hat. Das habe ich auch aus anderen Gründen geschrieben. Aber beim Fortschritt in Sachsen ist mir das immer wieder aufgefallen. Wenn man nun auf Twitter schreibt, dass die Integration der sächsischen Bevölkerung schief gegangen ist, dann ist das gnadenlos übertrieben. Aber eben auch nicht ganz falsch. Rapper Alexey hatte in den Neunzigern von sich geben:
Der Countdown läuft, Baby
Halt Dich fest wenn die ganze Menschheit das Jahrtausend verlässt
Armageddon oder Weltfrieden, das Jahr 2000
Bring mich nach Hause, bring mich nach Hause
Das ist es, was ich meine: Der Freistaat Sachsen hat sich prächtig entwickelt. Eigentlich gibt es keinen Grund zur Klage. Aber es sind eben nicht alle mitgekommen. Und die wurden übersehen. Die blieben am Rand der Gesellschaft in den Industriebrachen. Und die haben nie gelernt, wie man sich neuem und auch fremdem gegenüber verhält. Deshalb ist das mit der lächerlich klingenden Integration oben auch nicht falsch.
Trotzdem gehört es sich nicht, dass diese nun machen können, was sie wollen. Es ist beschämend, dass man sie gewähren lässt, dass nichts gegen sie unternommen wird. Im gesamten Bundesgebiet wurden tausende Stellen bei der Polizei gestrichen, was auch ein Grund für die Ohnmacht sein kann. Aber ich möchte daher sagen, dass Sachsen sich gern zur Wehr setzen muss. Wer Sachsen als Tourist besucht, wird die Herzlichkeit feststellen. Das ist nun einmal so bei uns Kaffeesachsen. Das passt so gar nicht zu dem, was diese polternden Nichtsnutze da treiben.
Ich finde es zwar nicht gut, dass nun das ideologische Gegenteil zu den Rechtsradikalen hergeht und mit brennenden oder steinharten Klamotten wirft. Es müsste friedlich abgehen. Von Sachsen ging Ende der Achtziger die Friedliche Revolution aus. Wir können das also auch ohne Brandbomben und Gewalt. Und ich sage es gern immer und immer wieder: Wir sind nicht alle so in Sachsen. Und rechtsradikale Hetzer und Verbrecher gibt es auch anderswo.
Die Regierung hat einen Auftrag, der weit über Parteiinteressen und Einzelinteressen hinausgeht. Das betrifft auch die sächsische Staatskanzlei mit Stanislaw Tillich. Es ist ein gesamtgesellschaftlicher Akt, dass das Grundgesetz eingehalten wird. Das beginnt mit dem Artikel 1 und dessen Absatz 1, der vielen derzeit abhanden gekommen ist:
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Das bedeutet auch, dass Flüchtlinge, die in Sachsen untergebracht werden, geschützt werden müssen. Es ist würdelos, wie sich die Rechten an Flüchtlingsunterkünften benehmen. Und dagegen muss man doch etwas tun.
Ich wurde für einen Artikel vom Wochenende kritisiert. Man teilt zwar meine Ansichten. Aber man teilt nicht, dass ich die Politik in der Pflicht sehe. Und man findet, dass ein einfaches „Das gehört sich nicht“ bei solchen Auswüchsen gegen Flüchtlinge bei weitem nicht reicht. Das stimmt. Keine Frage. Was die Politik betrifft, erwarte ich mir von Stanislaw Tillich eine klare Lenkungsfunktion, die er derzeit nicht wahrnimmt. Und Gewalt gegen Wehrlose ist das Allerletzte. Aus diesem Grund muss ich wirklich sagen: Sachsen, wehr dich! Aber bitte ohne Gewalt. Können wir uns darauf einigen?
Ist halt gar nicht so einfach. Was genau können wir Sachsen machen, wer soll uns steuern.
Dennoch gebe ich dir Recht. Die Wahrnehmung ist aktuell nicht die beste. Und das zu Unrecht. Angriffe gibt es auch in den alten Bundesländern aber darüber wird scheinbar nicht so offen diskutiert.
Wichtig bleibt es, dass wir die Aufmerksamkeit lenken. Eben auch auf die guten Sachsen ;)
So ist es, Christoph. Viele haben vergessen, wie positiv Sachsen sind. Vielleicht können wir dann damit anfangen, positive Nachrichten zu verbreiten?