Wenn man wie ich so vehement Microsoft Teams verteidigt, muss man auch einmal zur Konkurrenz schauen. In diesem Fall ist die Lösung BigBlueButton an der Reihe. Ich hatte ja schonmal den TeamViewer aus Deutschland am Wickel. Aber es gibt halt noch ein bisschen mehr. Gerade, weil niemand wirklich weiß, wie lang dieses ganze Theater wegen COVID-19 noch geht, müssen wir alle irgendeine Alternative am Wickel haben, um den Alltag so gut wie möglich zu meistern. Und da sind solche Lösungen schon sinnvoll.
Was bitte ist denn BigBlueButton?
Was auf jeden Fall zu begrüßen ist, ist der Umstand, dass BigBlueButton auf proprietäre Dinge zu verzichten scheint. Es ist eine – nun ja – offene Plattform, was bedeutet, dass jeder, der mag, den Quelltext einsehen kann. Mit der Plattform kann ich Video-Konferenzen durchführen. Außerdem können viele Systeme zum Lernen und zur Verwaltung von Inhalten eingebunden werden. Damit sind schon einige Funktionen von Microsoft Teams erfüllt: Kommunikation, Austausch, Daten.
Ach, und wofür sich Microsoft selbst auf die Schulter klopft, sind Breakout-Räume. Also Unter-Konferenzräume zur Bildung von Lerngruppen oder so. Die hat BigBlueButton offenbar auch mit an Bord. Die Anwender können mit der Plattform einiges tun, wofür einem sonst nur Teams einfallen würde. Ach, und der größte Vorteil ist: BigBlueButton kann ich auf eigenen Servern betreiben und kann somit nachweisbar den Datenschutz einhalten. Also alles tutti, oder?
Wozu soll man dann noch auf Teams setzen?
Ich bin ja immer ein wenig skeptisch, wenn jemand irgendwas komplett kostenlos anbietet. Man will ja niemandem irgendwas unterstellen. Es gibt ja genügend Organisationen, die aufgrund von besonderen Situationen einmal nicht ans Geld denken. Dennoch: Womit verdient denn BigBlueButton Geld? Vielleicht habe ich etwas auf der offiziellen Seite übersehen. Das kann ja sein. Aber auch in den FAQ ist nichts zu finden. Gratis werden sie es doch wohl nicht anbieten. Wie finanziert sich das?
Aber wie dem auch sei. Es gibt dann vermutlich keinen Grund mehr, monatlich soundso viel für Microsoft 365 zu bezahlen. Außerdem ist ja vielen Datenschützern Microsoft als Ganzes ein Dorn im Auge. Also verschwinden wir alle von dort, oder? Und dann? Dann braucht man Leute, die wissen, wie Anbindungen an Office, an PDF, an Cloudspeicher (Wobei: Das ist ja böse) und all das funktionieren. Aber wenigstens hat man es dann dem bösen Riesen aus Redmond mal so richtig gezeigt.
Ich brauche für alles und jedes, was mit BigBlueButton funktionieren soll, eine gesonderte Anleitung. Auch für die Bedienoberfläche. Denn die ist NICHT BigBlueButton, sondern „Greenlight“, was wiederum zur Vertriebsplattform Steam dazu gehören könnte. Wobei: Die heißt ja jetzt „Steam Direct“. Tja, da kann man jetzt vieles hinterfragen. Muss man aber auch nicht, es könnte ja eine eigene Entwicklung sein. Wird es vermutlich auch.
Ach, und dann sehe ich, wie ich BigBlueButton u.a. nutzen kann: Mit einem Microsoft 365 oder einem Google-Konto. Also auch wieder nur Dinge aus den USA? Nein, ich kann auch meine persönliche Email-Adresse nutzen. Man bekommt einen Startraum und kann den Konferenzraum betreten. Die Sitzungen werden standardmäßig aufgezeichnet. Kamera etc. konnte ich nicht testen, da der Test-Raum nicht funktioniert hat.
Wie ist denn nun die Meinung zu BigBlueButton?
Dass ich BigBlueButton zwar als gute Alternative ansehen könnte, was Video-Konferenzen und Online-Lernen etc. betrifft, ist ja das Eine. Das Andere ist, was man so zur Plattform zu lesen bekommt. Da gibt es einen Wikipedia-Artikel, der meiner Meinung nach weniger Ideologie-getrieben (Premium-Closed-Code-Lösungen sind Mist) sein sollte. Ich bin also recht unschlüssig. Also was gibt es sonst so zu lesen? In den Blogs bei „Trusted Blogs“ jedenfalls nicht viel.
Christian Süßenguth hat aufgeschrieben, wie man BigBlueButton selbst installiert. Ulli Lipp hat hier einen Erfahrungsbericht. Und dann ist da noch Mirjam Rudolph, die im MUK-Blog weitere Erkenntnisse verteilt. Alles in allem können wir wohl festhalten, dass „BBB“, wie es oft genannt wird, gut funktioniert, aber auch so seine Schwächen hat. Und es sind einige Fragen offen, die eben nicht so ohne weiteres beantwortet werden können.
Womit will das Unternehmen „BigBlueButton, Inc.“ Geld verdienen, wenn der Dienst nichts kostet? Funktioniert die Verschlüsselung tatsächlich, oder ist das nur eine Art Werbesprech? Warum sollte ein Kunde von Microsoft 365 auf Teams verzichten? Im Mai letzten Jahres verglich die Stiftung Warentest. Da spielte BigBlueButton noch keine Rolle. Und jetzt soll es der Heilsbringer sein? Ich bin da ein bisschen skeptisch. Aber ich lasse mich gern belehren.
Danke für deine Gedanken. Ich lebe auch nach dem Motto „Wenn etwas nichts kostet, dann bist ‚du‘ das Produkt“ und bin bei der Recherche (dauert schon viel zu lange, das sind schon wieder ein Jahr Microsoft-365-Lizenzkosten für meine Zeit draufgegangen) auf deine Seite gestoßen.
Hallo Ralf, so passiert es manchmal. Aber ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass man mit „sich selbst“ bezahlt, wenn es sonst nichts kostet.