Ende Februar des vergangenen Jahres stellte ich beim Bundesjustizministerium eine Anfrage, wie sich das Ministerium zum Thema Abmahnwahn verhält. Mir ging es dabei um massenhaft verschickte Abmahnungen zu Urheberrechtsverletzungen, wie ich auch eine erhielt.
Es ist fast ein Jahr vergangen, und ich erhielt eine mit einer Entschuldigung wegen der Verzögerung ausgestattete Antwort des Ministeriums. Ich möchte gern über diese informieren.
Ich habe im Zuge der mir zugegangenen Abmahnung viele Recherchen durchgeführt. Viele Quellen versiegten recht schnell, andere Quellen erwiesen sich als falsch, und wieder andere gingen nicht tief genug auf die Problematik ein. Ich las aber auch über Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, dass sie dem zügellosen Abmahnens ein Ende bereiten will oder wollte. Sie hatte nämlich erkannt, dass „das Instrument Abmahnung zunehmend als sehr entwickeltes Geschäftsmodell in mißbräuchlicher Art und Weise verwendet“ wird.
Ich wollte im Februar letzten Jahres schlichtweg erfahren, wie denn der Standpunkt im Ministerium nun sei. Und ich habe deshalb um eine fundierte Antwort gebeten und angekündigt, diese in meinem Blog zu veröffentlichen. Da das Bundesjustizministerium nicht widersprochen hat, werde ich den in der Sache relevanten Teil als Zitat einfügen.
Selbstverständlich behält das Bundesministerium der Justiz die Entwicklung des Abmahnwesens in Deutschland genau im Blick und bedankt sich daher für Ihre Hinweise. Zwar hat sich das Rechtsinstitut der Abmahnung in Deutschland grundsätzlich bewährt, um kostenintensive und unter Umständen langwierige gerichtliche Auseinsandersetzungen zu vermeiden, zuzugeben ist jedoch, dass in einigen Bereichen der missbräuchliche Einsatz von Abmahnungen, das Rechtsinstitut der Abmahnung insgesamt in Misskredit gebracht hat.
Dem Bundesministerium der Justiz ist bekannt, dass es Rechtsanwälte gibt, die sich darauf spezialisiert haben, aus diesen Abmahnungen, insbesondere auch im Bereich von Urheberrechtsverletzungen, fortlaufend Einkünfte zu erzielen. Auf diese Entwicklung hat der Gesetzgeber mit dem „Entwurf eines Gesetzes gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ reagiert, das derzeit innerhalb der Bundesregierung abgestimmt wird. Dieser enthält Maßnahmen gegen missbräuchliche Abmahnungen im Bereich des Urheberrechts gegenüber Privatnutzern: Die darin vorgesehene Streitwertvorschrift hat zur Folge, dass sich die Vergütungen für anwaltliches Tätigwerden nochmals erheblich verringern werden. Zudem können künftig unberechtigt Abgemahnte Ersatz ihrer für die Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen. Missbräuchliche Abmahnungen werden damit unattraktiv.
Das Bundesjustizministerium hat also diese Geschichte mit dem Abmahnen nicht aus den Augen verloren. Es geht mir nicht darum, dass Urheberrechtsverletzungen nicht geahndet werden sollen. Aber was die eine oder andere Kanzlei in den letzten – sagen wir – 2 Jahren getrieben hat, gehört einfach einmal untersucht. Und wenn denn der im Zitat genannte Entwurf tatsächlich Gesetz wird, dann werden Abmahnungen für die entsprechende Industrie tatsächlich unattraktiv. Dann könnte man sich endlich mit den wirklichen Rechtsfragen zum Urheberrecht befassen.
Der genannte Entwurf lag bereits im April des vergangenen Jahres vor. Die „damals“ zugängliche Version hat Rechtsanwalt Thomas Stadler in seinem Blog unter die Lupe genommen. Er findet aber auch, dass sich beim Thema Abmahnwahn der Gesetzgeber auch an die eigene Nase fassen sollte:
Meines Erachtens sollte sich der Gesetzgeber hier aber auch Gedanken darüber machen, dass er selbst die Abmahnindustrie im Bereich des Filesharing erst geschaffen hat und zwar durch Einführung des Auskunftsanspruchs gegen Zugangsprovider nach §§ 101 Abs. 2, Abs. 9 UrhG, der in der Gerichtspraxis mittlerweile massenhaft und textbausteinartig durchgewunken wird, ohne, dass die Gerichte eine Einzelfallprüfung anstellen. Gerade auch diesen Umstand gilt es kritisch zu beleuchten.
Insofern darf man durchaus gespannt sein, was sich hier noch ergibt. Fakt ist: Das Ministerium hat auch erkannt, dass der Zustand so nicht bleiben kann. Aber ob der Referentenentwurf so bleibt, muss man einfach mal abwarten.
Hallo Herr Uhle,
mit Ihrer hoffentlich freundlichen Genehmigung als Ergänzung zum Thema hier mein Brief an die Bundesjustizministerin. Nachzulesen in meinem Blog http://hpderschreiber.blogger.de/?day=20121022:
Montag, 15. Oktober 2012
Offener Brief
h.p.barkam, 13:00h
H.P.Barkam
hp-der-schreiber@gmx.de
http://www.h-p-barkam.de
http://hpderschreiber.blogger.de
Frau
Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger
Betr.: 1. Jahresanmahnung für die Einführung konkreter Maßnahmen gegen missbräuchliche Abmahnungen.
Guten Tag Frau Bundesministerin,
am 27. Oktober 2011 haben Sie eine ‚Rede zur liberalen Netzpolitik’ beim Medientreff der FDP-Fraktion gehalten.
Auf Ihrer Homepage kann diese Rede bis heute 15.10.2012 unter der Überschrift
Es gilt das gesprochene Wort!
„Das Recht in der digitalen Welt – Perspektiven liberaler Netzpolitik“
gelesen werden.
Annähernd ein Jahr ist vergangen, seitdem Sie Ihre Rede vor einer breiten, fachkundigen Öffentlichkeit hielten. An diesem Tag sendeten Sie reichliche Worte in viele Richtungen.
Unter anderem versprachen Sie Millionen! Familien in Deutschland, die im Verlauf der letzten Jahre mit unverschämt überhöhten Anwaltsgebühren abgemahnt, oftmals in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten gerieten, dem Abmahnmissbrauch endlich Einhalt zu bieten.
Zu Ihrer Erinnerung zitiere ich die entsprechenden Passagen folgend:
>> Ich werde einen Gesetzentwurf an die Ressorts versenden, der genau hier ansetzt: Wir werden mehr Transparenz für die Marktteilnehmer schaffen und dadurch vor allem kleinere Händler und Existenzgründer schützen, deren Geschäftsmodelle durch unverhältnismäßig hohe Abmahnkosten gefährdet werden. Der Gesetzentwurf ist ein Baustein für mehr Transparenz. Das Vorgehen gegen Abmahnmissbrauch unter Wettbewerbern ist aber nur ein erster Schritt.
In einem weiteren Schritt werde ich konkrete Maßnahmen auch gegen missbräuchliche Abmahnungen im Bereich des Urheberrechts vorlegen. Der eigentliche Zweck der Abmahnungen, nämlich berechtigte Interessen von Rechteinhabern bereits außerhalb von Gerichtsverfahren einfordern zu können, scheint angesichts von jährlich 700.000 Abmahnungen gegen Urheberrechtverletzungen und anwaltlichen Geschäftsmodellen, die allein auf die massenhafte Abmahnung von Internetnutzern ausgerichtet sind, grundsätzlich in Frage gestellt. <<
Nun, ein Jahr später möchte ich gerne von Ihnen wissen, warum Sie aber auch gar nichts von Ihren zuvor zitierten Versprechungen eingehalten haben. Hierbei interessieren mich nicht die Hürden, die Sie nicht erreichen, erklimmen oder gar überspringen konnten, sondern einzig und allein das Ergebnis.
Des Weiteren erklären Sie mir doch einmal, wieso Sie trotz Ihres Misserfolgs in dieser Sache das Thema ‚missbräuchliche Abmahnungen’ nicht einmal mehr in der Themenliste auf Ihrer Homepage aufführen.
Ihre Erlaubnis vorausgesetzt, hier die Kopie Ihrer Themenauflistung auf Ihrer Homepage:
Alle Themen
20. Jahrestag der deutschen Einheit 113 STGB ACTA Adventsfeier der bayerischen LandesgruppeAdventsgruß Wünsche für 2011 ALDE Arbeitnehmer Arbeitsplatz Atomausstieg Atomausstieg Koalition Bayern Seehofer Atomkatastophe Aufarbeitung NS-Vergangenheit B2-Tunnel Bayern LEP BelarusBeschneidung Besuch aus dem Wahlkreis Besuchergruppe BGH Bilanz Bilanz der ersten 100 TageBilanzierungsrichtlinie BKA Bundestag Bundestagsfraktion Bundeswehr Bürgerbeteiligung FDP Bayern Demokratie Democracy Bürgerrecht Bürgerrechte China Chodorkowski Cirami-Gesetz Cirami Law CSU Daten-CD Datenhehlerei Datenschutz Datenschutz soziale Netzwerke DDR Demokratie Die Bürger stärker einbeziehen direkte Demokratie Diäten Ehrung Ursula Heuss Einsatz für den Wahlkreis ELENA Embryonenschutz EMRK Energie EnergiekonzeptErbrecht EU Europa Europa Finanzpolitik Rettungsschirm Europa Griechenlandhilfe Haushaltshoheit Bundesverfassungsgericht Parlamentarismus Wahlrecht Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG Europa Gymnasium Geretsried Schüler Europapolitik Europarat Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Evaluation von Sicherheitsgesetzen facebook Datenschutz FamilienrechtFamilienunternehmen Fastenbrechen FAZ Gastbeitrag FDP FGG-Reform Finanzen FinanzkriseFlughafen Oberpfaffenhofen Freiheit Fukushima Führungsdebatte geistiges EigentumGeneralbundesanwalt Georgi Gongadse Geothermie Geschlechtergleichstellung GleichstellungGleichstellung von Lebenspartnerschaften GmbH-Reform Gongadse Gongadze Google GratulationGuantánamo Handelsblatt Haushalt Haushaltsdebatte Innenpolitik Innere SicherheitInsolvenzrecht Reform Bundestag Insolvenzrechtsreform Insolvenzverfahren Integration InternetInternet Datenschutz Rechtsfreier Raum Netzsperren Netzpolitk Grundrechte InternetkriminalitätInternetpranger Internetsperren Internetzensur Interview Islam Islamismus JapanJubiläum Jugend Justizministerium Kindergartenplätze Kinderpornographie KindesmissbrauchKoalition Koalitionsverhandlung Koalitionsverhandlungen KredithandelKriminalitätsbekämpfung Krippenplätze Körperscanner Landesparteitag LandtagswahlenLebenspartnerschaften Lesben und Schwule liberale Politik Luftsicherheit Löschen statt SperrenManagerhaftung Mandantenschutz Menschenrechte Menschenrechtsgerichtshof MietrechtMitgliederentscheid Nachruf Netzpolitik NPD-Verbot nsu Oleksij Pukach Opel OrganspendePartei Parteitag Parteivorsitz Persönlichkeitsrechte Pfändungsschutz Podiumsdiskussion PortraitPost-Privacy Preise/Auszeichnungen Pressefreiheit RechtsextremismusRechtsextremismus Nationalsozialismus Anwalt Rechtsstaat RechtspolitikRechtsstaat rechtsstaatsdialog Rede Reden Reform Regierungsbildung RegierungskoalitionReligion Islam Staat Neutralität Grundrechte Religionsfreiheit Restschuldenbefreiung RTL 2 Runder TischRussland Schmähvideo Schwarz-Gelb Seehofer Sexueller MissbrauchSexueller Missbrauch Kirche runder Tisch sexueller Missbrauch runder Tisch sexueller MißbrauchSicherungsverwahrung Sicherungsverwahrung Altfälle ThUG SorgerechtSpendenaufruf Sperrinfrastruktur staatliche Neutralität Staatsbesuch Steuer-CD SteuerabkommenSteuerhinterziehung Steuern StPO Stuttgart21 Swift Tag der offenen Tür TelefonüberwachungTerrorcamps Terrorismus Terrorismus Vorratsdatenspeicherung innere Sicherheit Trojaner Bayern StPO Bundesverfassungsgericht CCC Ukraine UN-Kinderrechtskonvention UnterhaltsrechtUrheberrecht Verbraucherschutz Verfahrenslänge Verfahrensrechte VorratsdatenspeicVorratsdatenspeicherung Vorratsdatenspeicherung CSU Netzpolitik WahlkampfWahlkreis West- und Nordost-Tangente Westerwelle WIkileaks Wirtschaft Yukos Zum Tod von Otto Graf Lambsdorff
Als Letztes teilen Sie mir doch bitte mit, inwiefern Sie und Ihr Ministerium noch an der Deckelung von Abmahngebühren, insbesondere bei Massenabmahnungen interessiert sind.
Wird daran überhaupt noch gearbeitet?
Und wenn, wann können Abgemahnte, die noch nicht wie ich geschröpft wurden, mit ‚gerechten’ Ergebnissen rechnen?
Welche rechtlich korrekten, aber schön zu umgehenden Veränderungen sie eventuell im Plan haben, interessiert mich dabei eher am Rande, würde ich trotzdem gerne erfahren.
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen. Ich mache darauf aufmerksam, dass ich über jede Reaktion von Ihnen objektiv und mit gebührendem Respekt reden und schreiben werde.
Dieses Schreiben an Sie habe ich ebenfalls veröffentlicht.
Mit meinem und dem Interesse von Millionen! Abgemahnter in Deutschland an Ihrer Antwort und freundlichem Gruß
H.P.Barkam
Lüdinghausen, 15.10.2012