Irgendwo habe ich dieser Tage gelesen, dass man sich vor diesen Roboter-Menschen in Acht nehmen sollte. Das sind die mit den intelligenten Prothesen. Wir machen also jetzt einen auf „Kampf gegen die Cyborg-Unterjochung“ oder so etwas. Man glaubt ja gar nicht, was man da Alles zu sehen und zu lesen bekommt. Aber am Ende müssen wir festhalten: Das, was ich da zusammengetragen habe, hilft dabei, dass beeinträchtigte Menschen (wieder) mehr am Leben teilhaben können. Und das kann nicht so schlecht sein.
Jeder kennt die Werbung von der „Aktion Mensch“ mit dem jungen Mann im Rollstuhl, an dem ein Arm die Schachfiguren rückt. Wie funktioniert das Ganze? Über Gesten, Kommandos und dergleichen. Wenn man das so im Fernsehen sieht, dann denkt man wahrscheinlich, dass man da ein bisschen Sorge davor haben muss. Aber es ist nun einmal so: Der junge Mann in der Fernsehwerbung kann nur noch die Schultern bewegen und sprechen. Er ist quasi mit seinem Rollstuhl verbunden, der auf Kommandos – und sei es das Pusten – Dinge für ihn ausführt.
Jetzt ist natürlich Schach ein nicht alltagstaugliches Beispiel. Aber nehmen wir einmal an, der junge Mann würde einer Arbeit nachgehen. Wie würde er seinen Computer bedienen? Natürlich per Sprachsteuerung über das zum Rollstuhl gehörende Tablet. So kann er eben am Alltag anderer Menschen teilhaben. Und wer mal sehr lange krank war und zum Beispiel ans Bett gefesselt war, kann sicherlich nachvollziehen, wie wichtig es ist, dass Menschen teilhaben können.
Oder stellen wir uns das behinderte, kleine Mädchen vor, das außerstande ist zu gehen oder zu sprechen oder beides. Sie sitzt in ihrem Rollstuhl und kommuniziert über ein Panel an ihrem Rollstuhl. Damit kann sie auch mit anderen Menschen Kontakt aufnehmen. Gesteuert wird das Ganze über Funktionen am Tablet, das am Rollstuhl befestigt ist. Mit Hilfsmitteln ist vieles möglich. Stellen wir uns also einfach mal das Tablet am Rollstuhl so vor, als wäre es eine Krücke. Mit solchen Hilfen können Menschen enorm viel an Lebensqualität gewinnen.
Natürlich kann man das Alles schwer begreifen. Und manches wirkt wie Hokuspokus. Wer sich aber vor Augen hält, dass der Mensch ein Herdentier ist, wird sich sicherlich vorstellen können, wie wichtig das Miteinander ist. Ich finde das schon beeindruckend, was da derzeit passiert. Wir dürfen nie vergessen, wie wichtig der Faktor Lebensqualität ist. Viel Therapie kann geschehen, wenn die Lebensqualität verändert oder gar verbessert wird. Das hat auch der so genannte „Cyborg-Mensch“ erlebt.
Die Einen nennen sie Cyborg. Die Anderen gehen noch weiter und erzählen von „Body Hackern“. Neil Harbisson ist so einer. Er ist von Geburt an farbenblind. Jetzt kann man darüber streiten, ob das eine Beeinträchtigung oder eine Behinderung ist. Wir müssen aber nicht darüber streiten, dass es eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität ist. Neil Harbisson hat sich am Kopf eine Kamera angebaut, die mit seinem Gehirn verbunden ist. Und die macht aus Farben Töne. Er hört quasi die Farben.
Seine Kamera ist auch auf seinem Ausweisfoto zu sehen. Und deshalb wird er als Cyborg bezeichnet. Die Kamera übrigens heißt Eyeborg. Er hat mit seiner Geschäftspartnerin Moon Riba – die über Magneten im Körper Erdbeben vorhersagen kann – die Cyborg Foundation gegründet. Und die entwickelt das Eine oder Andere. Ja, mir ist klar, dass das Alles nach gewaltig viel Hokuspokus klingt. Wenn man bedenkt, dass gerade an einem implantierbaren Kompass gearbeitet wird, der vibriert, wenn er nach Norden zeigt.
Es gab immer schon mal Science Fiction Filme über wild gewordene Cyborgs, die die Weltherrschaft an sich gerissen haben. Erinnern wir uns an die Terminator-Filme. Roboter übernehmen die Kontrolle über die Welt. Und all dieser Hokuspokus. Ich halte davon ehrlich nicht viel. Und ehrlich gesagt, macht es mir auch ein wenig Sorge, dass man mal wieder daran forscht, das menschliche Erbgut zu reproduzieren. Man muss nicht alles machen, nur weil es vielleicht geht. Was aber Entwicklungen betrifft, die Menschen mit Beeinträchtigungen helfen, finde ich das spannend.
Ich weiß auch nicht so recht, wie ich das einschätzen soll, was Tesla-Gründer Elon Musk von sich gegeben hat. Es gibt Forschungen und Entwicklungen zur Robotik, zur künstlichen Intelligenz, zu smarten Prothesen und all das. Und Elon Musk ist der Meinung, dass der Mensch hier bald das Nachsehen haben könnte. Und deshalb sei es zwangsläufig notwendig, dass der Mensch selbst ein Cyborg werden müsse. Nein, das sehe ich ganz sicher nicht so. Ich kann mich täuschen. Aber ich habe da so meine Meinung.
Der Mensch darf sich nicht von den Maschinen abhängig machen. Selbst bei den oben beschriebenen Rollstühlen oder den sonstwie gearteten Hilfsmitteln muss immer im Vordergrund stehen, dass sie Hilfsmittel für den Menschen sind. Wozu soll ich mir ein Exoskelett anziehen? Ich sitze in keinem Rollstuhl und kann ohne Hilfsmittel ganz gut laufen. Das Ganze soll denen dienen, die diese Dinge wirklich brauchen. Ja, mag sein, dass man mich auslacht. Aber ich halte das für nicht naturgemäß.
Auch nicht das, was Harbisson da mit seinem Kompass vollführt. Die Kamera sehe ich ein. Aber wieso sollte jemand auf die Himmelsrichtung angewiesen sein und ohne den vibrierenden Kompass eingeschränkt sein? Vielleicht fehlt mir auch ein wenig die Sinnhaftigkeit. Die fehlt mir aber nicht beim Gedanken an Virtual Reality in Forschung, Entwicklung und Schule. Das hat dann aber nicht so sehr viel mit Cyborg und Co. zu tun. Man nutzt ja nichts als Lebensunterstützung, nur weil man eine VR-Brille aufgesetzt hat.
Und ich denke, hier muss der Mensch aufpassen, dass nicht zu sehr übertrieben wird. Niemand braucht RFID-Chips unter der Haut, niemand ein Exoskelett, der nicht im Rollstuhl sitzt. Wie sollen das aber die Krankenkassen auseinander halten, wenn hier keine klare Abgrenzung zwischen Spielerei und ernsthafter Unterstützung erfolgt? Sonst würden Vertreter von ihnen vielleicht doch mal mit einer VR-Brille das Nervensystem erkunden und sehen, wie sich das mit Neuroprothesen verhält.
Es mag alles eine Spielerei sein. Der junge Mann, der durch Technologie wieder Schach spielen kann, nimmt dadurch wieder am Leben teil. Aber man muss eben genau unterscheiden, wo die Spielerei aufhört und es sich wirklich um die Ermöglichung von Teilhabe und Lebensqualität handelt. Sonst kommt am Ende noch jemand auf die Idee und baut sich einen Cyborg als Partner.