Donner der Empörung: Ich habe es so satt

Heute habe ich den letzten Tab mit sozialen Netzwerken im Browser geschlossen. Ich will einfach diesen Donner der Empörung, der überall hallt, nicht mehr haben. Ich will es einfach nicht mehr mitbekommen, es interessiert mich schlichtweg nicht mehr. Ja, ich habe davon in letzter Zeit häufig erzählt. Aber ganz ehrlich: Man kann eigentlich gar nicht oft genug darauf hinweisen, wie egal die Plattformen sind. Dennoch will ich nochmal ein paar Aspekte von mir geben. Es kann ja sein, dass es jemanden interessiert.

Was ich mit Donner der Empörung meine?

Alter Falter, hier ist was los! Ich habe zwar erzählt gehabt, dass ich bis auf weiteres und auf unbestimmte Zeit Pause von den sozialen Netzwerken mache. Allerdings hatte ich dann doch mal geschaut, was da abgeht. Wisst ihr, wenn du so ein paar Tage nicht danach guckst, erschrickst du dich zu Tode, wenn du dir dann mal wieder die Mühe machst. Ich weiß gar nicht mehr so richtig, was alles so in Grund und Boden getwittert und getrötet wird. Aber da ist ein richtiger Donner der Empörung um Gange.

Da gibt es ein Nest in Nordrhein-Westfalen, was nun abgebaggert werden soll. Und irgendwie ist da auch die Rede davon, dass die NRW-Wirtschaftsministerin (Ganz wichtig bei dieser Debatte: „Minister_(Pause)_in“) das Alles abgesegnet hat. Leute, ja, von mir aus. Aber muss es dann echt heißen, dass „die Genossen“ nun nach „#LuetziBleibt“ fahren? Und heißt es dann wirklich so, dass die Grünen „die 1,5 Grad“ zum Wohle des Profits hergeschenkt haben?

Meine Fresse, ich will da gar nicht einsteigen, weil ich es eh nicht beurteilen kann. Aber das ist wie vor Jahren mit den Piraten, die sich gegenseitig in Grund und Boden gebloggt haben und sich an Nuancen gegenseitig hochgezogen haben. Freunde, macht das doch sonstwo, aber bitte außerhalb meines Mitbekomm-Bereiches. Ich gehe jetzt auch nicht weiter auf diese Diskussion ein, weil es mich kolossal ermüdet. Aber dieser Donner der Empörung, der ist so laut, dass ich das wenigstens erwähnen musste.

Ach, dann gehörst du wohl auch zu DENEN DA?

Hätte ich mich zu dem ganzen Lützerath-RWE-Klima-Grünen-Laberrhabarber positioniert, wäre es wie immer gewesen: „Ach, dann gehörst du also zu denen da. Hab ich es doch gewusst“ – Einen alten Scheiß wisst ihr. Bin ich jetzt ein schlechter Mensch, weil ich Omid Nouripour nicht über Twitter oder Mastodon beschimpfe? Könnt ihr euch vielleicht vorstellen, dass jeder Tweet, jeder Post, jeder Tröt, jeder gottverdammte Scheiß-Rülps im Internet Ressourcen verbraucht?

„Wer nicht für uns und unsere Sache ist, ist gegen uns und hat das Recht auf freie Meinung verwirkt“ – So wirken teilweise diese Schwachmaten, die meinen, irgendwen aufgrund einer (nicht) getätigten Äußerung beurteilen zu können. Hier muss man unbedingt weit links stehen, um akzeptiert zu werden. Dort muss man bis zur Hutkrempe konservativ oder rechts eingestellt sein. Muss ich das wirklich? Ja, denn sonst gibt’s unter Umständen einen Donner der Empörung.

Blöderweise werden dann nämlich immer auch Themen wild durcheinander gewirbelt: Lützerath ist wichtig, weil man für eine Welt ohne Rassismus kämpft. What? Was hat Braunkohle mit Rassismus zu tun? Glaubt ihr nicht? Das hat aber einer der Leute gesagt. Das regt mich alles so sehr auf, dass ich beim Schreiben dieses Artikels wieder merke, wie mein Blut in Wallung kommt. Leute, das tut mir alles nicht gut.

Dennoch ein für allemal meine kurze Meinung dazu: Ja, Klimaschutz ist enorm wichtig. Das weiß ich als jemand, der am Rand der Kohle groß geworden ist. Das ist auch nicht verhandelbar. Jeden, der es aber etwas anders in Sachen Lützerath gemacht hätte, als Spinner, Zurückgebliebenen und schlimmstenfalls als Nazi (ja, echt jetzt) zu bezeichnen, ist einfach mal eine bodenlose Frechheit. Und das schaukelt sich alles wunderbar auf. Genau deshalb macht ihr das Alles mal bitte ohne mich.

Die Social Media Tabs bleiben zu

Nein, ich will nicht mehr. Selbst wenn das eine Thema irgendwann durch ist, kommt alsbald der nächste Donner der Empörung. Und dann wird wieder gepostet, getwittert, getrötet, was das Zeug hält. Da nehmen sich die Plattformen alle nichts. Und für meinen Seelenfrieden muss ich die Tabs, die Social Media anzeigen, geschlossen lassen. Reicht das nicht, fliegen all die Accounts weg und werden die Apps auf dem Handy entfernt.

Ich mag das nicht mehr mitmachen. Und das, obwohl ich ein echter Diskutant sein kann und auch Stellung beziehen kann. Aber ich bin so unfassbar Social-Media-müde, dass auch Schlaf nichts daran ändern könnte. Vielleicht, wenn ihr alles kurz und klein getwittert und getrötet habt, stellt ihr fest, dass der Klimawandel immernoch da ist und man stattdessen vielleicht auf Plastik und all diese Bits für die Posts hätte verzichten können. Aber was weiß ich denn schon?

6 Replies to “Donner der Empörung: Ich habe es so satt”

  1. Hallo Henning,
    wie schon an anderer Stelle geschrieben, werde ich Dich auf Mastodon vermissen, aber Deinen Blog weiter verfolgen. Deine Beobachtung, dass scheinbar immer eine neue Sau durchs Dorf getrieben wird, kann ich nur teilen.

    Da musste ich an die #kaengurucomics von heute denken: https://cultur.social/@marcuwekling/109663935170312473

    Dass der Ton und die Diskussionskultur dabei oft unter aller Sau sind, stimmt ebenfalls. Das hat oft nichts mit einer gesunden, kontroversen Diskussionskultur zu tun und da scheint Mastodon auch nicht besser zu sein wie Twitter und die anderen Empörungsplattformen. Das von Dir angesprochene Beispiel Lützerath hab ich übrigens genau wie von Dir beschrieben wahrgenommen.

    Deine Entscheidung ist absolut nachvollziehbar. Ich werde zumindest auf Mastodon erst einmal weiter aktiv bleiben, da meine Austauscherfahrung noch positiv ist, obwohl ich auch im Fediverse eine typische Blasenhysterie und mögliche Intolerant wahrnehme.

    Wir bleiben in Kontakt.

    1. Hallo Stefan,

      vielen Dank für deinen Kommentar und dafür, dass du den Artikel weiter verteilt hast. Ja, das mit dem Comic stimmt, das sehe ich genau so.

      Ich muss jedenfalls erstmal an mich denken. Wenn sich der ganze Staub gelegt hat, kann ich ja nochmal einen neuen Versuch starten. Den Account kann ich ja in jedem Fall lassen. Wie sonst würde ich denn mitbekommen, dass du über mich lästerst. :)

      Nein, vielen Dank für deine Worte. Schauen wir mal, wie es weitergeht.

  2. Wieso lässt du diese Themen so nah an dich rankommen? Warum liest du die blödsinnigen Kommentare? Mastodon und Twitter funktionieren klasse als Newsquelle. Mir persönlich reicht es zu wissen, dass es #LuetziBleibt gibt und welche Meinungen es dazu gibt. Die blödsinnigen Kommentare lese ich grundsätzlich nicht.

    1. Horst, genau das hatte ich eigentlich auch vor. Wenn aber die Timeline eigentlich nur noch aus Empörungsfolklore besteht und quasi von allen Seiten nur noch verkürzte Darstellungen stattfinden, sind die Plattformen als Newsquelle für mich praktisch wertlos.

      Und nein, ich folge diversen Menschen nicht, sie ballern dennoch in meine Timeline, weil etliche meiner Kontakte diese Leute umher teilen. Diese ganze Lützerath-Nummer ist dabei nur ein Beispiel. Wir können auch jedes andere, völlig beliebige Thema nehmen.

      Wenn ich quasi alles störende wegkürze, bleiben automatisierte News-Quellen übrig. Und die kann ich auch per RSS beziehen. Deshalb stellt sich am Ende wirklich die Frage, wozu ich die Plattformen überhaupt nutzen sollte. Und ich hab das mal gern gemacht. Ich hab mich gern über die Plattformen mit allen möglichen Leuten ausgetauscht. Das geht aber derzeit einfach nicht.

  3. Prima, dann habe ich ja nach wie vor nichts verpasst!
    Aber auch Danke, Henning. Das erinnert mich daran, dass ich selbst noch was zum Thema (social…) bloggen wollte ;)

    VG
    Holger

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