Kein Jubiläum: 20 Jahre Facebook

Nein, ich feiere mit Mark Zuckerberg kein Jubiläum. Facebook wurde 20 Jahre alt. Und irgendwie ist es so, als ist dort alles anders geworden. Waren es erst die wunderlichen Web-Nutzer, die ihre Bildchen teilten und sich milt Bekannten und Verwandten austauschten, so ist das Alles mit der Zeit immer schlimmer geworden. Facebook ist nahezu komplett unbenutzbar geworden. Aber so ist halt der Lauf der Dinge. Man muss es ja nicht mitmachen. Aber man darf darüber reden.

Kein Jubiläum auch für mich

Ich bin seit fast 15 Jahren bei Facebook registriert. Damals waren die VZ-Netzwerke noch die große Nummer im deutschsprachigen Raum. Aber ich hatte von diesem Laden da aus den USA gehört. Das da war mein erster Post auf der damals noch recht unbekannten Plattform:

Kein Jubiläum für meinen ersten Post

Da gab es Facebook schon fünf Jahre und 10 Monate. Am 4. Februar 2002 hatte Mark Zuckerberg diese Plattform mit ein paar Kumpels gegründet. Schon damals wurden immer mal wieder andere Menschen an eine Art virtuellen Pranger gestellt. Ja, das war nie so eine schöne Lagerfeuer-Romantik, wie man uns immer weismachen wollte. Der Grund, warum alle Welt von StudiVZ, meinVZ und Co. zu Facebook wechselte, war der Coolness-Faktor aus Kalifornien, nichts anderes.

Bald ging es darum, Bildchen von allen möglichen Gegebenheiten zu teilen: Das berühmte Mittagsessen, das berühmte Duckface, alles mögliche wurde fotografiert und auf die Plattform hochgeladen. Und man hat die Mitnutzer miterleben lassen, was man selbst immer erlebte. Und man reagierte und tat und machte. Ach ja, und es kamen die Spiele. Meine Güte, was haben wir Zeit bei Facebook durch Spiele totgeschlagen!

Aber irgendwie schwang immer das schlechte Gefühl mit. Wie kann denn das sein, dass das Alles nichts kostet? Jaja, es wurde Werbung angezeigt, aber alles irgendwie im Rahmen. Der Grund, warum ich kein Jubiläum mit Facebook feiern kann, ist aber der Umstand, dass das immer mehr überhand nahm. Mittlerweile sehe ich im Facebook-Feed fast nur noch Empfehlungen mir unbekannter Leute und Organisationen, Werbung und für mich nutzlose Gruppen. Was soll ich denn damit?

Haben die Schwurbler gewonnen?

Neben all diesen Nutzlos-Inhalten sind auch immer mehr Schwurbler am Werk. Ob es geteilte Inhalte von irgendwelchen Hetzern und Alarmisten sind, ob es Aufschreie und offenkundig gelogene „Nachrichten“ sind, allen möglichen Quatsch teilt man dort. Und da damit trefflich diskutiert werden kann, werden diese Inhalte durch Facebook auch noch höher gewichtet. Ein Aufschrei klickt halt gut. Ich denke deshalb auch: Kein Jubiläum mit Schreihälsen.

Aber der Laden lässt einen auch schnell dahin abdriften. Und es kommt vieles aus der Richtung „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“. Ach, und ich bekomme halt mit, dass immer weniger persönliche Einträge dort zu finden sind. Deshalb zeigt mir Facebook offenbar irgendwelche drittklassigen Stars, die vor drölfzig Jahren anders aussahen, als jetzt in ihrem abgehalfterten Schatten ihrer selbst. Und immer wieder Schwurbler.

Dagegen muss man etwas tun können. Die Schwurbler dürfen nicht gewinnen. Auch wenn ich kein Jubiläum feiere, halte ich Facebook vom Grundgedanken her dennoch für nützlich. Da der Laden aber selbst viel zu wenig gegen Desinformation tut, müssen das die Nutzer selbst machen. Jetzt, da einmal der Hebel angesetzt ist. Facebook wird sich zwar dennoch nicht zum Lagerfeuer entwickeln. Aber vielleicht wird es irgendwann wieder benutzbarer.

Oder klein beigeben?

Nochmal, ich will kein Jubiläum für 20 Jahre Facebook. Ich habe oft genug darüber nachgedacht, meinen Account dort zu schließen. Dann würde ich aber noch mehr Schwurblern den Raum überlassen. Und das soll jetzt nicht so klingen, als sei ich der Nabel der Welt. Wenn ich aber dort gar nichts mehr poste, wird Kontakten von mir nur noch mehr Unfug angedreht. Ich weiß ja, dass das Alles bei dem einen oder anderen verfängt.

Facebook hat sich am Ende nicht zum Positiven entwickelt. Das sehe ich nicht allein so. Natürlich kann ich aus Selbstschutz Abstand von der Plattform nehmen. Das ist ja auch ein Hintergedanke, warum ich kein Jubiläum feiere. Aber das wäre ja gleichbedeutend mit so einer Scheißegal-Haltung bei so vielem anderen auf der Welt, was uns ja die Fänge der Hetzer und Populisten getrieben hat. Und deshalb können wir irgendwie auch nicht still sein.

Mir würde es gut gefallen, wenn der Laden wieder mehr das ursprüngliche Facebook wäre. Aber das ist wohl Wunschdenken. Vor allem aber, weil so viele Menschen dann denken würden, dass die Plattform „von dunklen linken Kräften unterwandert wurde“. Will ich mir sowas antun? Ich weiß es nicht. Und so bleibt Facebook, 20 Jahre alt und kein Jubiläum wert, ein fragwürdiger Laden, der uns einfach viel zu viel Zeit kostet.

9 Replies to “Kein Jubiläum: 20 Jahre Facebook”

  1. Ich bin rückblickend sehr froh, dass ich Facebook an mir vorbeigehen ließ, nachdem ich ein Vierteljahr lang gefühlt zwei Spams in der Woche von Facebook bekam… und auch in den folgenden Monaten hat die Spam nicht aufgehört, nur ihre Frequenz nachgelassen. Facebook scheint doch eine sehr große Klebkraft zu haben, wenn man erstmal hineingeraten ist. Ich kenne Menschen, die ihren Account dort nicht löschen wollen, obwohl sie es praktisch nicht mehr nutzen.

    Aber die Art, in der die Facebook-Metriken zu erraten versucht haben, welche Leute ich kennen könnte (nachdem gefühlt überall im Web dieser Trackingbutton mit dem Daumen verbaut wurde), um mich dann mit Spam an Mailadressen zu belästigen, die mit der Handy-App in einer Trojanerfunktion einfach eingesammelt wurden, hat mir im Vorfeld schon klargemacht, wie da das Bedürfnis nach menschlichem Miteinander (ich spreche manchmal vom »Sozialtrieb«, um klar zu machen, für wie stark und wichtig ich dieses Bedürfnis halte) in einem halbseidenen, auch vor klar illegalen Methoden nicht zurückschreckenden Geschäftsmodell verwurstet werden soll. Und davor hat es mir geekelt, bevor ich es mir auch nur angeschaut habe. Aus Innensicht habe ich dann etwas später die Totgeburt »Google Plus« mitbekommen, und das war auch ziemlich gruselig.

    1. Für mich ist Facebook nur ein Relikt aus der Vergangenheit. Irgendwie wie der unliebsame Onkel, der sich immer mal wieder zum Kaffee einlädt. Aber ich kann natürlich deine Meinung nachvollziehen.

  2. @laberer ich feiere in 2 Tagen 120 Wochen ohne FB. 😂😎 Das ein oder andere vermisse ich (Gruppen zu Fachthemen) aber ansonsten war das eine echte Erlösung. Was ein Terrorverein!

  3. Wenn ich es nicht bei dir gelesen hätte, wär’s an mir vorbei gegangen. Und es wäre egal. Denn genau so egal ist mir diese Plattform inzwischen geworden. Weil sie sich so entwickelt hat, wie du es richtigerweise beschrieben hast. Schade, denn Facebook war mal richtig cool.

    Mir hat die Plattform viele Türen geöffnet und vieles möglich gemacht: bis hin zu einer Reise nach New York. Aber das ist mehr als ein Jahrzehnt her. Damals war Facebook noch eine *soziales* Network.

    Heute bin ich nur noch dort, weil ich einen kleinen Teil der trusted blogs Community in einer eben so kleinen Gruppe versammle. Aber ich suche nach Alternativen. Und wenn ich die gefunden habe, ziehe ich dort den Stecker für mich. Bei Instagramm habe ich mich schon vor Jahren abgemeldet. Und bei Twitter, nachdem es Elon gekauft und unbenannt hat. Und ich bereue nichts.

    Die meiste Bildschirmzeit bekommt derzeit LinkedIn. Aber falls sich dieses Netzwerk zu einem „Business-Facebook“ entwickelt, bin ich auch da wieder raus….

    Nichts ist heute in Stein gemeißelt. Außer die Blogs: die waren da, die sind da, und die werden da sein. Wunderbar.

    1. Genau das ist mein Reden. Steht ja auch hier aufm Blog. Es gibt momentan sowas wie eine Rückkehr in die Blogs. Da können die Plattformen noch so sehr mit irgendwelchen fancy Funktionen um die Ecke kommen.

      Ja, LinkedIn… Das ist auch nicht so das Wahre. Es ist mehr so das Businesskasper-Tinder geworden. Und irgendwie ist das nicht mehr meins. Deshalb ja die Blogs. Mal gucken, wie das weitergeht.

  4. Hallo Henning,
    ich oute mich: Ich gebe zu, dass ich die Zeiten auf Facebook vermisse, zu denen ich mich mit Freunden und Bekannten weltweit vernetzt habe und so mitbekommen, was beispielsweise mein Kumpel Ludger in Südafriak so treibt oder was meine Kolleginnen und Kollegen in Costa Mesa machen. Und ja: Ich habe viele andere, auch progressiver Kritiker wie mein Freund Jörg aus Hannover, Farmville gespielt.
    Irgendwann wurde mir die Datensammelwut von Facebooj zu viel und ich bin Ende 2018 aus allen Meta-Apps raus. Unterdessen bin ich rückfällig geworden, weil ich die Facebook-Gruppe Ewwerscht (= mein Wohnort Darmstadt Eberstadt) nutze und dort nützliche Informationen finde. Allerdings bin ich Gelegenheitsnutzer.
    Trotzdem schade, dass das spielerische und Menschen verbindende in sozialen Netzwerken einfach verloren gegangen ist.
    Danke für Deinen Beitrag,
    Stefan

    1. Ja, das stimmt durchaus. Wenn sie mal nur die Stammkneipe im Internet geblieben wären, wäre das Alles viel besser gewesen. Ich versuche ja auch, so sparsam wie möglich auf der Plattform unterwegs zu sein. Aber das gelingt eher nur halb. Und nach dem, was ich da so mitbekomme, wird es immer unsinniger, sich überhaupt damit zu beschäftigen.

  5. Ich oute mich: Ich gebe zu, dass ich die Zeiten auf #Facebook vermisse, zu denen ich mich mit Freunden weltweit vernetzt habe und so mitbekommen, was beispielsweise mein Kumpel Ludger in Südafrika so treibt. Ende 2018 bin ich aus allen Meta-Apps raus. Unterdessen bin ich rückfällig geworden, weil ich die #Facebookgruppe Ewwerscht (= mein Wohnort Darmstadt Eberstadt) nutze.
    Schade, dass das spielerische und Menschen verbindende in sozialen Netzwerken einfach verloren gegangen ist.
    Danke

  6. Interessanter Artikel! Persönlich habe ich das Gefühl, dass Facebook bereits lange von neueren Social-Media Platformen wie Instagram und Co. überholt wurde. Jedoch nutze ich es immernoch hin und wieder, da es doch noch einige hilfreiche Gruppen für z.B. Wohnungs- oder Kleinanzeigen gibt.
    Liebe Grüße,
    Claudia

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert