Konstruktives Miteinander: Doch nicht mit Social Media!

Konstruktives Miteinander: Meine Güte, jetzt kommt aber mal so ein richtig griffiger Kampfbegriff um die Ecke, ähnlich zu „FEDIWGUGL“ oder so. Aber was meint der Uhle denn eigentlich damit? Und warum nicht mit Social Media? Die Plattformen sind ja eigentlich dazu da, ein Biotop zu schaffen, das man konstruktives Miteinander nennen könnte. Ja, könnte man, aber daran haben diese Läden doch gar kein Interesse. Ich würde sogar sagen, dass nicht mal deren Nutzer daran Interesse haben. So passt alles zusammen.

Was bedeutet denn konstruktives Miteinander?

Als ich vor 75 Jahren nach Leipzig zog, gab es an den Schulen noch die Möglichkeit, im Unterricht zu debattieren. Wie ihr wisst, wuchs ich in der DDR auf, und da gab es in den höheren Klassen auch das Fach „Staatsbürgerkunde“. Jaja, das war oft als „Honnis Gehirnwäsche“ verschrien. So richtig ernst nehmen konnte man das auch nicht. Aber in dem Fach hat man eben auch mal debattiert. So könnte konstruktives Miteinander aussehen. Aber was haben wir denn nun?

Wir haben nun die sozialen Netzwerke. Applaus, Applaus! Dort kann ich mich hinter eine Tastatur verschanzen, notfalls auch mit einem zusammen gelogenen Namen, und ich kann sonstwas behaupten und über alle Welt herziehen wie bekloppt. Aber dann haben die Argumentation und ein konstruktives Miteinander den Raum halt verlassen. Und soll ich euch was verraten? Den Plattformen ist das Alles komplett egal. Geld verdienen sie so oder so. Und das nicht zu knapp.

Habt ihr schon den anderen Kampfbegriff gehört? Dieses… Dings… Freiheitlich-demokratische Grundordnung. Na, klingelt’s? Bei manchem Zeitgenossen hört man dann aber tatsächlich sofort „Diese linksgrün-versiffte Kampfbrigade mit ihren Parolen“. Na, sowas in der Art schon mal gehört? Pöbeln des Pöbelns wegen? Den Zuckerbergs, Musks, Trumps, Dorseys etc. gefällt das. Ach, und nicht vergessen: TikTok. Die zeigen euch nicht, wie es auf der Welt aussieht, sondern wie ihr eure Heimat richtig kaputt bekommt.

Säulen der Demokratie?

Wenn ich an konstruktives Miteinander denke, fällt mir immer sofort LinkedIn ein. Ich hatte mich dort man registriert, um mich fachlich auszutauschen. Mittlerweile wirkt der Laden wie so ein Büroarbeiter-Tinder, in dem man bitteschön nicht nach extern zu verlinken hat. Automatisiert hat der Laden neulich erzählt, dass ich 14-jähriges Dienstjubiläum hatte. Plötzlich waren die Kontakte mit Likes und dergleichen da. Sonst bekomme ich dort nix mit. Ist ein bisschen wenig, oder?

Gleichzeitig ist Facebook zu einem reinen Zombie-Netzwerk verkommen. Es fehlt nur noch, dass sich die Bots untereinander unterhalten. Von X fange ich gar nicht erst an. Tja, und über TikTok könnte man Bücher schreiben. Ich hab dort keinen Account. Aber als ich dort mal eine halbe Stunde rum geguckt hatte, wollte ich mir danach dringend die Augen ausstechen. Sowas führt zu allem, ein konstruktives Miteinander schafft man mit all diesen Plattformen nicht.

Und was ist mit den Alternativen? Meine Freude über Mastodon ist ziemlich erkaltet, aber nicht so richtig durch Threads und Bluesky erwärmt worden. Durch meinen Urlaub hatte ich mich vorher schon mal aus den Plattformen rausgezogen. Und bisher bin ich nur so halbherzig ein bisschen bei Threads und Bluesky aktiv, weil ich da noch am wenigstens Dreck mitbekommen habe. Alle anderen können mir derzeit getrost gestohlen bleiben. Und heftet euch nichts mit „Säulen der Demokratie“ ans Revers.

Internet-Verschmutzung

Stellen wir uns mal vor, das Internet sei eine aus Strom gemachte, eigene Welt. So, wie die Matrix in der gleichnamigen Filmreihe. Es gibt dann auch eine Art Umwelt, so wie die Umwelt im richtigen Leben. Und die kann eben auch verschmutzt werden. Es ist lang und breit bekannt, dass ein Großteil des Verkehrs im Internet durch ein paar Plattformen gefiltert wird, die keinerlei Interesse an einer Art Konstruktivität haben. Wozu denn konstruktives Miteinander, wenn man auch so Geld verdienen kann?

Würde man die sozialen Netzwerke – oder die Plattformen, die sich dafür halten – zerschlagen, damit diese wieder auf Augenhöhe mit den Gesellschaften zurückkehren, könnte man sie vermutlich etwas besser regulieren und sie könnten nicht so viel Internet-Verschmutzung betreiben. Dazu noch die ganzen Falschmeldungen, der ganze Spam, all der Fake weg: Ach, was wäre das Internet sauber und schön! Und es würde uns kolossal viel Strom-Ersparnis bringen. Wäre das nicht großartig?

Die Plattformen müssen dazu gezwungen werden, konstruktives Miteinander zu fördern und externe Inhalte und Links nicht abzuwerten. Tun sie das nicht, müssen sie mit Sanktionen leben. Ich nehme allerdings an, dass es dafür niemals eine gesellschaftlich tragfähige und politisch mutige Entwicklung geben wird. Und deshalb mache ich nach wie vor weiter mit meiner Abstinenz. Meine Artikel verlinke ich dahin, viel mehr passiert nicht. Es bekommt eh niemand mit.

6 Replies to “Konstruktives Miteinander: Doch nicht mit Social Media!”

  1. Vor ein paar Tagen hatte ich erneut mit der Idee gerungen, nur zum Einstellen meiner Artikel doch bei Mastodon einen neuen Account anzulegen. Es bleibt aber dabei, ich mag Soziale Netzwerke einfach nicht.

    Sie sind frustrierend, wirken künstlich und gehen an (meinem Verständnis für) der Realität vorbei.

    Darum habe ich es gelassen und bin jetzt froh darüber. Noch froher bin ich dann über Lebenszeichen, wie deines gerade. :)

    Es ist immer schön, wenn irgendwo ein neuer Artikel erscheint. Die haben nicht nur eine persönliche Note, sie bewegen sich in dem, was wir an Blogs so wertschätzen. Ihrem eigenen Umfeld. Das sagt viel über Menschen aus, das ist spannend.

    Spannend war auch zu lesen, dass du vor 75 Jahren nach Leipzig gezogen bist. Ich dachte du wärst jünger, würdest noch arbeiten. Irgendwas mit Computern. ;)

    1. Hallo Daniel,

      also: „Als ich vor 75Jahren nach Leipzig zog“ ist irgendeine Redewendung, die ich irgendwo mal aufgeschnappt hatte. Das geht so in die Richtung „Opa erzählt vom Krieg“. Denn du hast ja Recht, was mein Alter und meine Arbeit betrifft.

      Ja, ich versuche schon, immer wieder mal was zu schreiben. Ich muss mich freilich nicht an jeder Debatte beteiligen, dafür hätte ich gar nicht die Kapazitäten. Aber wenn ich was zu sagen habe, mache ich das auch.

      Ja, gut, Social Media ist schon doof. Eigentlich wäre es eine großartige Erfindung, wenn es keine Gewinnabsichten gäbe. Und Mastodon? Davon hab ich mir mehr versprochen. Sorry, aber das enttäuscht mich leider. Deshalb kann ich es gut nachvollziehen, dass du mit all dem nichts anfangen kannst.

  2. Was mich etwas wundert, Henning:
    Man liest von dir immer wieder, wie schlecht, unnütz, böse etc. die ganzen SoMed-Plattformen sind (wo ich auch keinesfalls widersprechen möchte), aber: Dennoch hälst du an deinen „Einfach weitersagen“-Buttons zu genau den beschimpften Plattformen fest.
    Wäre es nicht konsequent und gar eine Art „Vorreitertum“, wenn es die bei dir nicht mehr gäbe?

    Viele Grüße
    Holger

    1. Hallo Holger,

      das nennt man „Sleeping with the devil“ oder so. :-) Naja, ich werfe meine Artikel dort auch nach wie vor ab. Sie werden aber dort gar nicht so wirklich aufgerufen.

      Ich erwarte ja bei jedem nächsten Artikel den großen „Weitersagen“-Ansturm, weshalb ich die Buttons dagelassen habe. Nein, ernsthaft, sie dienen als Accessoire. Ich weiß schon, was du meinst, aber ich habe die einfach irgendwie lieb gewonnen.

    1. Hallo Claudia,

      im Moment bin ich einfach mal von allen Plattformen genervt. Ich experimentiere gerade ein wenig mit Threads und noch ein wenig weniger mit Bluesky herum. Derzeit fehlt mir einfach das Interesse an jeglichen Plattformen. Vielleicht ändert sich das mal wieder, denn meine Artikel werfe ich ja dort auch noch ab.

      Und ja, keine Sorge, bis auf weiteres bleiben die Buttons da.

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