Abzocke! Griff in die Tasche des Verbrauchers! Der Digitalverband Bitkom hat sich mit Verwertungsgesellschaften auf Urheberabgaben geeinigt. 15 Jahre hat die Auseinandersetzung gedauert. Geeinigt hat man sich auf eine rückwirkende Abgabe auf Urheberrechte für PCs, die in den Jahren 2001 bis 2007 in Umlauf gebracht wurden. Damit ist das legale Kopieren pauschal abgegolten. Seit 2008 gilt ohnehin eine gesetzliche Regelung dafür. Aber für die Zeit davor wurde nun endlich eine Einigung erzielt. Was viele Urheber freut, bringt den Verbraucher auf die Palme.
Die Verwertungsgesellschaften verwalten treuhänderisch urheberrechtliche Nutzungsrechte und Vergütungsansprüche. Bei Musikern ist das die GEMA, bei Bildkünstlern die Verwertungsgesellschaft Bild und Kunst und – wie bei mir – bei schreibenden Autoren die Verwertungsgesellschaft Wort. Nach eigenen Angaben verwaltet die VG Wort die Ansprüche von 400000 Autoren und 10000 Verlagen. Und es werden Einnahmen erzielt. Nicht wenig, sondern einiges. Millionenbeträge fließen in die Verwertungsgesellschaften.
Für jeden Drucker, mit dem Sie kopieren können, für jeden Computer, jedes Smartphone, jedes Tablet und jedes Speichermedium fallen Urheberabgaben an. Weil der Konsument technisch dazu in der Lage ist, das Werk zu vervielfältigen. Wenn Sie also einen Artikel von mir speichern, fertigen Sie sich eine Kopie an. Das ist erlaubt, das ist alles legal, also auch kein Problem. Auch wenn Sie einen Artikel ausdrucken, ist das erlaubt und legal, aber eine Vervielfältigung. Und beim Scannen und Kopieren und so ist es das Gleiche.
Nur müssen sich die Geräte-Hersteller – also Samsung, Apple, HP, Canon, Western Digital und so weiter und so fort – quasi eine Lizenz kaufen, mit der sie das Vervielfältigen überhaupt anbieten dürfen. Sagen wir mal so: Wenn Sie sich einen Computer von HP kaufen und HP an die Verwertungsgesellschaft nicht die Gebühr von ein paar Euro für das Vervielfältigen abgeführt hat, dürfen Sie nichts auf dem Computer speichern, außer eigene Dinge.
Jahrelang war das eine Grauzone. Seit 2008 ist das in Deutschland klar geregelt. Soweit ich das überblicken kann, ist das weltweit der Fall. Überall gibt es irgendwelche Verwertungsgesellschaften für solche Sachen. Zwischen 2001 und 2007 gab es eben eine solche Regelung nicht. Was die Verwertungsgesellschaften da seit 2001 forderten, war eine ganze Stange Geld. Pro PC wollten die Verwertungsgesellschaften 30 Euro geltend machen. Geeinigt hat man sich letztlich auf 2 Euro pro geschäftlichem PC und 3,50 Euro pro Konsumenten-PC.
Damit ist eine Debatte beendet, die eigentlich niemand großartig mitbekommen hatte. Da nun aber darüber berichtet wird, heißt es nun, dass „die Wegelagerer von Verwertungsgesellschaften“ nun „dem kleinen Mann“ in die Tasche greifen würden. Dass sie das überhaupt nicht tun, dürfte eigentlich klar sein, da die Urheberabgabe im Kaufpreis enthalten ist. So bezahlen die Hersteller seit 2008 eine Urheberabgabe von 3,20 bis 10,55 Euro pro verkauftem Gerät. Aber das bezahlen die Hersteller, nicht die Konsumenten.
Am Ende hat man Vernunft walten lassen. Darauf haben sich nun eigentlich der Branchenverband der Digitalwirtschaft, Bitkom, und die Verwertungsgesellschaften Bild & Kunst und Wort geeinigt. Man hatte sich ja juristische Grabenkämpfe über Bundesgerichtshof, Bundesverfassungsgericht und Europäischem Gerichtshof geliefert. Und es ging wohl nicht darum, ob die Abgaben rechtens seien, sondern wie hoch sie ausfallen würden. Die schwankende Höhe seit 2008 hat man an der Speichergröße des Gerätes festgemacht, aber bei älteren Geräten fand man keine Einigung bis zu dieser Woche.
Was wird sich denn nun ändern? Nichts, glaube ich. Und schon gleich gar nichts für den Endverbraucher wie Sie oder ich. Die Hersteller werden wohl auf Basis der Verkaufszahlen eine Nachzahlung leisten müssen. Aber das war es dann auch schon. Und wir denken als Verbraucher bitte auch immer daran, dass diese Urheberabgaben immer zu etwas nutze sind. Das vergessen nämlich immer Verbraucher, wenn es um solche Dinge geht. Nicht umsonst wird da immer von „Wegelagerei“ oder „Abzocke“ oder dergleichen geredet. Das ist es aber nicht.
Seit 1972 steht einem Autor oder Verlag selbst für das Ausleihen seiner Werke eine Vergütung zu. Eine solche wird auch fällig, wenn legale Kopien der Werke angefertigt werden. Das kann natürlich jeder Autor selbst eintreiben. Aber im Prinzip ist das Quatsch. Er kann eine Verwertungsgesellschaft beauftragen, seine Rechte (also keine illegale Kopie) zu vertreten und seine Vergütung einzutreiben. Jetzt klingt Eintreiben so wahnsinnig bösartig. Das ist es aber gar nicht. Denn hier werden ja Verträge geschlossen. Die handeln die Verwertungsgesellschaften mit den Herstellern aus.
Im Gegensatz zu Urheberabgaben auf musikalische Werke müssen aber bei Wortwerken (so heißt das wirklich) die so genannten Tantiemen aus Zweitverwertungsrechten nur einmalig abgeführt werden. Dafür gibt es eben jene Verträge der Verwertungsgesellschaften mit den Herstellern. Die Autoren (also auch ich) schließen einen Wahrnehmungsvertrag mit der VG-Wort, der sicherstellt, dass die Urheber- und Verwerterrechte eingehalten werden und die gesetzlich vereinbarten Gebühren abgeführt werden.
Was bringt das dem Autor? Pro Werk (Buch, Zeitungsartikel, was auch immer) erhält dieser eine Vergütung. Aber auch Webseiten-Autoren haben etwas davon. Ich bin ja registrierter Autor. Wenn ich eine Zählmarke der VG-Wort einbaue (Ghostery zeigt Ihnen das auch als „VG Wort“ an), dann werden Besuche auf einen Artikel gezählt. Wenn ein Artikel mindestens 1800 Zeichen enthält (das sind knapp 300 Worte), ist der überhaupt zum Zählen geeignet. Dann müssen mindestens 1500 gezählte Aufrufe pro Zählmarke verzeichnet sein, dass ich den Artikel einreichen kann. Und dann gibt es dafür so 10, 15 Euro.
Und wenn mein Artikel illegal vervielfältigt wird, nimmt die VG-Wort meine Rechte wahr. Ich brauche Ihnen da nicht zu erzählen, dass es da rechtlich zur Sache geht. Und das Alles kostet natürlich Geld. Das nimmt die VG-Wort ein, indem es eben diese Urheberabgabe gibt. Es gibt immer wieder Diskussionen darum. Ich kann das ja auch alles verstehen. Aber haben Sie eine bessere Idee, wie das Alles erfolgen soll?
Nehmen wir einmal an, es gäbe diese Verwertungsgesellschaft nicht. Jeder Autor müsste mit jedem Gerätehersteller eine Vereinbarung über die legale Nutzung seiner Werke treffen. Und jeder Autor müsste selbst sein Urheberrecht wahrnehmen. Das ist alles gar nicht handhabbar. Mal abgesehen davon, dass es unbezahlbar ist. So spielen eben Verwertungsgesellschaften den Mittelsmann. Und daraus ergeben sich Geldflüsse. Meine erste Ausschüttung kommt in etwa einem halben Jahr. Und dann schauen wir mal, was das mir als Autor bringen kann.
Jedenfalls ist es vergebene Liebesmüh, sich über die oben erwähnte Einigung zwischen Verwertungsgesellschaften und Bitkom zu echauffieren. Es betrifft ja keinen Verbraucher. Für aktuelle Geräte gibt es eh eine gesetzliche Regelung. Und die Einigung betrifft Geräte, von denen wahrscheinlich ein guter Teil gar nicht mehr funktioniert. Und da greift niemand dem Verbraucher in die Tasche. Und einigen musste man sich, damit Texte auch weiterhin frei verfügbar im Internet gelesen werden können.