Wenn man mit dem Presslufthammer arbeitet, wird es laut und schmutzig und anstrengend. So ist das auch in den sozialen Netzwerken. Das wird ja immer schlimmer. Es vergeht ja kaum noch ein Tag, an dem ich nicht mit dem Kopf schüttle wegen all der Säue, die Tag für Tag durch die „virtuellen Dörfer“ gejagt werden. Macht das mal schön ohne mich. Ich lache höchstens darüber. Und ganz ehrlich, ab und zu muss ich dabei euch auch noch auslachen. Das ist so, aber ich muss das wohl mal erklären.
Was ist ein Presslufthammer?
Kennt ihr das Lied „Presslufthammer-B-B-B-B-Bernhard“? Ich habe schon als Kind mit diesem Begriff zu tun gehabt. Als wir neulich in Thüringen waren, waren wir im Bergwerk „Volle Rose“. Das ist in Ilmenau. Und dort wurde früher Flussspat abgebaut. Mit viel Muskelkraft, um den Presslufthammer zu bedienen. Das muss ein Scheißjob gewesen sein. Als ich bei Abbruchunternehmen durch die Zeitarbeit war, hatte ich auch mit solchen Dingern zu tun. Das ist schwerste Arbeit.
Jedenfalls wird der Presslufthammer gern mal im Bergbau eingesetzt, da du da ja nicht unbedingt mit Strom herum hampeln kannst. Stell dir mal vor, dass oben in der Kammer einige Presslufthammer-Menschen waren. Stell dir den Lärm vor und den Dreck und all das. Die Bergleute haben nicht selten gesundheitliche Probleme davon getragen. Und das, damit wir Fluorit in der Zahncreme haben oder uns bunte Steine an den Hals hängen können.
Jedenfalls münzen wir das mal auf die sozialen Netzwerke um. Ich beobachte ja viel, wenn der Tag lang ist. Da kommen irgendwelche Typen daher und palavern LinkedIn und Twitter voll mit halbgarem Zeug und verstopfen damit die Timelines. Das verbreiten die dann auch noch über irgendwelche Zweit- und Drittaccounts und nerven dabei die anderen Nutzer zu Tode. Es entsteht Lärm und digitaler Dreck. Diese Leute gehen also auch bloß mit dem Presslufthammer zu Werke.
Ich will nicht das hundertste „humbled and honored“ auf LinkedIn lesen, nicht die drölfzigste Falschdarstellung auf „Wut-Twitter“. Von Facebook mal ganz zu schweigen. Ich habe immer schon mal aussortiert, wenn es mir mit dem einen oder anderen dann halt einfach auch mal zu bunt wurde. Aber du kannst doch nicht deine ganze Timeline leer wischen. Dann kannst du eigentlich die sozialen Netzwerke auch sein lassen. Oder sehe ich das falsch?
Industrielle und digitale Revolution
Irgendwann kam es dann dazu, dass in Ilmenau kein Presslufthammer mehr zu hören war. Bei der Besichtigung wurde uns erklärt, dass „die Chinesen und Inder“ einfach mal effizienter und billiger abgebaut haben. Allerdings durch die weltweiten Krisen derzeit sind sie auf die Idee gekommen, im Berg nochmal nach Flussspat zu graben. Das Zeug ist härter als Beton, das musst du erstmal abgebaut bekommen. Aber es soll nicht mehr mit so viel Lärm und Dreck und all dem passieren.
Keine Ahnung, wie sie das machen wollen. Aber es wäre gut für die Arbeiter und für die Umwelt. Und so müssen wir das auch bei den sozialen Netzwerken sehen. Ich weiß ja, dass ich da ein Träumer bin, weil eben die Säue nach wie vor durch die digitalen Dörfer getrieben werden wollen. Aber muss man sich nicht irgendwie fragen, ob das eine oder andere wirklich sein muss? Muss jeder Dritte mit dem Presslufthammer vorgehen? Stellt euch mal den Lärm vor!
Wir müssen uns wohl auf eine Revolution einlassen, in der es darum geht, weniger anzurichten. Vielleicht sollten wir alle mal einen Schritt zurücktreten und mit unserer Grubenlampe das Werk anleuchten und uns dann fragen, ob es das wert ist. Das wäre mal eine echte Revolution. Gleichwohl weiß ich aber auch, wie die Menschen ticken. So lang es geht, wird es gemacht. Egal, ob man den Flussspat aus Ilmenau braucht oder nicht, man sucht eben nach einem Weg, das Zeug abzubauen.
Ich habe einen Einblick bekommen, wie das damals mit dem Abbau gewesen sein musste. Wenn wir das mit den sozialen Netzwerken vergleichen, so wie ich das mit dem Artikel hier mache, müssen wir zu dem Schluss kommen, dass wir sofort damit aufhören müssen. Wir werden es nicht machen, das ist mir schon klar. Aber dann wird es schneller dazu kommen, als uns lieb ist, dass diese ganzen Plattformen nur noch Industriedenkmäler sind. Und dann rottet das Zeug nur noch vor sich hin. Wie in Ilmenau.