Hach, Leute, „random“ ist so ein schönes Wort. Wir können damit alles, nichts oder nur Teile davon meinen oder nicht meinen. Gibt es denn etwas elastischeres? Ich habe wirklich versucht, aus diversen Themen so viel herauszuholen, dass ich einen eigenen Artikel mit meiner Meinung dazu zaubern kann. Denn um Meinung geht es ja hier im Blog. Aber kaum habe ich angefangen, darüber nachzudenken, wieso irgendein Thema irgendeine Sau durch irgendein Dorf getrieben hatte, habe ich bemerkt, wie leer so manches Thema ist. Und darüber will ich mal etwas schreiben.
Die random Säue in den Dörfern
Man kann sich vortrefflich über alles mögliche aufregen. Nehmen wir irgendein x-beliebiges – also random – Thema: Du findest immer irgendeinen Klugscheißer, der eine wüste Diskussion darüber lostritt, aus der dann auch gern gegen irgendeine beliebige Person ein so genannter Shitstorm werden kann. Ich habe das Alles so satt. Denn vor lauter Debattiererei fangen wir gar nicht erst damit an, an den Missständen, über die wir diskutieren, irgendwas zu ändern.
Vor allem in den sozialen Netzwerken stelle ich immer wieder fest, worüber man sich da aufregt: Über Nichtigkeiten. Natürlich war es dämlich von Bundesfinanzminister Christian Lindner, Absprachen mit der Auto-Lobby zu treffen und dann einer Fortführung des 9-Euro-Tickets eine Absage zu erteilen. Sich dann aber tagelang daran abzuarbeiten, hilft niemandem. Lindner wird wohl die Unmassen an Tweets darüber ohnehin nicht lesen. Aber Wut-Twitter hat sich das Mütchen gekühlt.
Und so können wir jedes andere Thema hernehmen: Tragen wir Masken oder nicht? Fällt die Wassertiefe des Rheins unter einen kritischen Punkt? Dreht Putin den Gashahn wieder zu? Spioniert uns irgendeine dunkle Macht aus? Ihr merkt schon: Die Themenpalette ist wirklich vielfältig. Und es ist wirklich so, dass jeden Tag eine andere random Sau durch irgendein Dorf gejagt wird. Ich frage mich dabei aber letzten Endes: Wozu soll denn das gut sein?
Lösungen anyone?
Wenn ich in sowas wie Trends in den sozialen Netzwerken schaue, dann fällt schnell auf, dass schon wieder irgendein random Thema hochgejazzt wird. Derzeit ist es eine Diskussion über die steile These, dass Männer nach dem Sex sofort einschlafen, dafür aber mindestens viermal am Tag im Home Office wichsen würden. Leute, wollt ihr mich verarschen? Es ist mir dabei vollkommen egal, wer oder was der Account ist, der das von sich gab, und wie ernst gemeint das war. Ich will es nicht wissen.
Es muss doch aber Lösungen geben. Damit meine ich nicht, dass Oma Erna mit dem Lastenrad vom Kleckerdorf in die Kreisstadt fahren soll, um einzukaufen. Bei gefühlten 800 Grad draußen würde sie das nicht überleben. Gibt es denn irgendwas pragmatisches, das man wirklich als Lösung bezeichnen kann? Ich habe auch nicht zu allem und jedem eine Lösung oder Meinung. Allerdings steige ich auch nicht in jeden random Empörungszug ein.
Und das macht mich alles so müde. Es ist wie in der Politik: Die wissen doch, dass es eng wird, sobald wir heizen müssen. Lösungen? Nein. Aber man kann heftig darüber streiten, wer am letzten Pflaumenpfingsten seinen Abstimmfinger zu langsam gezückt hat. So kommen wir nicht weiter, wir vergeuden nur wertvolle Zeit. Und diese ganze „Ich glaube nicht, dass das hilft“-Haltung, ohne einen Ansatz mal einzuführen, ist am Ende nur feige.
Aus den Augen des IT-Supporters
Wie ihr wisst, arbeite ich im Support. Ganz ehrlich: Da musst du auch mal pragmatisch sein. Nur, weil eine Fehlermeldung sich um drei Zeichen zu einer lange bekannten Meldung unterscheidet, heißt das nicht, dass man die bekannte Lösung nicht auch mal bei der neuen Meldung einsetzen kann. Das heißt also: Wenn wir wissen, dass Fahrverbote und Tempolimits bei Knappheit und dicker Luft bereits geholfen haben, warum macht man es nicht nochmal, wenn der Putin den irren Iwan spielt?
Wenn wir wissen, dass die alten Ägypter urbares Land geschaffen haben, indem sie Kanalsysteme geschaffen haben, warum machen wir das nicht auch so und bewässern so die Wüsten, die noch vor ein paar Jahren Felder und Auen waren? Ja, ich bin da ein Träumer. Aber ist das wirklich so kompliziert? Und ganz ehrlich: Brauchen wir wirklich die Politik dafür, um einen random Baum vor unserer Haustür zu wässern? Oder kriegen wir selbst ein paar Kannen dorthin gegossen?
Ach, und als letztes Beispiel die Pandemie: Wenn wir wissen, dass verschiedene Krankheiten durch Impfungen in Schach gehalten werden und dass halb Asien mit Masken durch die Gegend turnt, kann beides gar nicht so etwas dämliches sein. Wozu dann also diese Diskussionen darüber? Aber nein, wir diskutieren halt lieber über beliebige Themen und treiben random Säue durchs Dorf. Aber wem ist damit geholfen? Dir? Mir? Der Welt? Oder irgendeinem geldgeilen Konzern aus dem Silicon Valley, der sich als soziales Netzwerk verkauft?
Hi Henning,
genau wegen dieser Schreihälse, die sich jeden Tag über etwas anderes aufregen können, bin ich weg von Twitter.
Und das sind es auch nur: Schreihälse, von denen ich nicht einen einzigen ernst nehme – denn so wichtig kann kein Thema sein, dass ich mich von irgendwelchen In ihren Befindlichkeiten gestörten Social Media Junkies mit militantem Aufklärungs-Wahn vor den Wagen spannen lasse. Das heisst nicht, dass ich zu manchen Themen keine Meinung habe – aber ich versuche nicht mit Vehemenz andere Menschen zu zwingen, diese ebenso zu vertreten.
Einfach mal Fünfe grade sein lassen, das Popcorn rausholen, wenn sich die Deppen in den sozialen Netzwerken bekriegen, entspannt zurücklehnen.
Sich drüber aufregen oder sich sogar in deren Spinnereien hinein ziehen lassen bringt nichts – die finden jeden Tag was anderes was sie stört. Damit schadet man nur der eigenen Psyche.
Und ja – das mit dem Pragmatismus ist genau der richtige Ansatz. Aber Du weisst was passiert? Jede naheliegende, schnelle und wirksame Lösung wird schon deshalb wegdiskutiert, weil man damit eine Lobby an deren Geldtropf man hängt, schädigen würde. Oder gibt es einen anderen Grund warum es ausgerechnet in Deutschland kein Tempolimit gibt oder Hausbesitzer die selber Strom erzeugen, finanziell benachteiligt werden, obwohl eigentlich das Gegenteil der Fall sein müsste?