Auf den Tag genau 21 Jahre ist es her, dass Andy McCluskey mit seiner Zweitauflage von OMD das zweite Album und das 9. Album in der gesamten OMD-Geschichte veröffentlicht hatte. Unterm Strich ist mein Verhältnis zu diesem Album etwas schwierig. Es ist teilweise ziemlich enttäuschend. Aber es hatte auch Lichtblicke. Alles in allem kam das Album eher so la-la an.
Es könnte so etwas wie der Zwilling von „Sugar Tax“ angesehen werden, so könnte man die Gedanken vermuten. Es sind ähnliche Lieder drauf, es ist die gleiche Liedmenge, und das Album beginnt auch mit einem treibenden Lied wie „Sailing on the Seven Seas“. Der Opener „Stand above me“ könnte so etwas wie die Blaupause des früheren Openers gewesen sein. Und das verstört etwas den Fan, der es gewöhnt ist, dass sich OMD ständig neu erfinden.
Anders wird es dann mit „Everyday“, einer traurigen Nummer über die ständige Enttäuschung über eine Beziehung. Nach dem langen Streit zwischen Andy McCluskey und Paul Humphreys ist dies die erste kompositorische Zusammenarbeit zwischen den beiden Herren. Das Lied klingt sehr reif und ausgewogen.
Es wird dann ruhiger mit „King of Stone“, einer Ballade über einen Mann, der sich in seine Einsamkeit zurückgezogen hat. Obwohl ein richtiges Highlight des Albums, kann ich Ihnen kein Video außer dieser Cover-Version anbieten, da die GEMA und Youtube sich in Deutschland nicht einigen können.
Noch schlimmer mit der Verfügbarkeit in Deutschland verhält es sich dann mit der Disco Fox Nummer „Dollar Girl“. Hier kann ich Ihnen nicht mal Alternativen anbieten. Und das, obwohl es sich um eins der bekanntesten Lieder des Albums handelt. Es handelt von einer Prostituierten, die einfach ein wenig emotionale Nähe sucht.
Der große Hit des Albums ist dann „Dream of me (Based on Love’s Theme)„, einer Cover-Version des legendären „Love’s Theme“ von Barry White und dem Love’s Orchestra. Um die Produktion gab es große Diskussionen, was aber dem Erfolg des Liedes keinen Abbruch tat.
Mit „Sunday Morning“ befindet sich eine waschechte Cover-Version eines sehr bekannten Liedes von The Velvet Underground auf dem Album, einer Band, die als eine der Inspirationsquellen für OMD gilt. Hier einmal eine Akustik-Version des ursprünglichen Liedes.
Tja, und dann kann ich Ihnen wieder nichts vorspielen. „Agnus Dei“, ein Techno-House-Experiment, verwurstet so ziemlich alles, was man sich unter den „wirklichen“ OMD vorstellt. Es kommen Chor-Samples, House-Rhythmen und alles mögliche zu Gehör. Aber ich habe eben nichts zum Abspielen.
„Love and Hate you“ geht wieder zum Pop zurück. Die softe Disco-Nummer bedient sich klarer Klang-Klischees der 70er und 80er und erzählt darüber, dass man einen Menschen zur gleichen Zeit lieben und hassen kann. Leider habe ich auch hier nichts abspielbares.
Die weiteren Lieder kann ich Ihnen offen gestanden auch nicht vorspielen. Aber sie seien beschrieben. Es tut mir leid, aber Youtube einigt sich nicht mit der GEMA, und den anderen Video-Anbietern (wie MyVideo) ist „Liberator“ scheinbar egal. Also dann mal weiter beschreiben:
„Heaven is“ ist ein Lied, das in seiner Urform schon 1981 bestand, damals als Reggae. Es wurde auch bei der Junk Culture Tour zum Album mitgenommen und immer wieder aufgeführt, hat es aber nie auf ein Album geschafft. Die hier vorliegende Version ist ein locker, flockiges Pop-Liedchen über die Dinge, die für den Einzelnen den Himmel bedeuten. Ein sehr positives Lied.
Über „Best Years of our Lives“ hatte Andy McCluskey gesagt, dass dieses Lied den besten Text enthält, den er jemals geschrieben hat. Es geht um das zurückschauen, was man zusammen erlebt hat, und dass das Leben doch nicht so mies war, wie man immer vermutet hat. Es ist eine wunderschöne Ballade nach all dem Alarm vorher.
Das beste Lied auf dem Album ist dann aber „Christine“. Die soulige Nummer erzählt über eine Frau, die ihren Körper verkauft, um ihre Kinder zu ernähren, denn der Vater der Kinder hat die Familie im Stich gelassen. Letztendlich hat sie keine Kraft mehr, ordnet ihre Verhältnisse und ertränkt sich. Das 5-Minuten-Werk mit schrammelnden Streichern und wirrem Schlagzeug hinterlässt den Zuhörer äußerst bedrückt. Ich ordne „Christine“ bis heute als eins der besten OMD-Stücke überhaupt ein.
Abgeschlossen wird das Album mit „Only Tears“. Nur Tränen bleiben übrig, wenn alles kaputt ist. Es gibt keinen Weg zurück, es gibt keine weitere Chance, alles ist vertan. Einen sehr guten Schlusspunkt markiert dieses Lied, das nur aus ein paar Akkorden besteht, sich aber bis in den Rausch hinein steigert. Es ist der Abschluss einer desaströsen Beziehung, der hier laut und choral besungen wird.
Schade, dass ich Ihnen nur so wenig aus dem Album vorspielen konnte. Das sehen Sie ja an den Links. Aber vielleicht ist das ja auch gar nicht so schlecht. Denn so konnte ich mehr über ein Album erzählen.
Also: Es ist kein schlechtes Album. Aber eben ein schlechtes von OMD. 3, 4 richtig gute Nummern (inklusive dem überragenden „Christine“) können nicht über den lauwarmen Aufguss hinwegtäuschen, der hier teilweise vorgesetzt wurde. Man merkte dem Album eben stellenweise sehr stark an, dass es im Fahrwasser von „Sugar Tax“ den Leuten untergejubelt wurde.
Ich kenne das Album, und ich habe immer das Gefühl gehabt, dass „Liberator“ irgendwie sehr blass war. Aber wie gesagt: Es ist kein schlechtes Album. Es ist vielmehr eine typische 90er-Scheibe. Da war vieles ziemlich blass, und insofern: Was OMD mit „Liberator“ abgeliefert haben, ist um Welten besser, als das Zeug, was so manch anderer in den 90ern abgeliefert hat.
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