Na, wer kennt noch den übel großartigen Gassenhauer „3 A.M. Eternal“ von den Trance-Chaoten Bill Drummond und Jimmy Cauty, besser bekannt als The KLF von 1991? Ja, diese grandiose Hip House Nummer aus dem Album „The White Room“. Aber das, was wir im deutschen Formatradio Anfang der Neunziger um die Ohren gehauen bekommen haben, ist eigentlich gar nicht das, was das ursprüngliche Lied ausmacht. Deshalb steht da oben auch was von purem Trance. Was meine ich damit?
It’s 3 A.M. Eternal
Ricardo da Force quäkte in ein Megafon „KLF is gonna rock yo“ und die unbekannte Menge grölte „Ancients of Mu Mu“. Was waren das für abgefahrene Zeiten! „The White Room“ hatte in der Tat mein Leben verändert. Dabei gab es viele der Stücke bereits lange vor der Album-Veröffentlichung. Tja, und im Sommer 1990 hieß es dann „I wanna see you sweat“ auf Stadion-Gebrülle. „What Time is Love (Live at Trancentral)“ war geboren. Ein halbes Jahr später dann „3 A.M. Eternal“.
Jeder wollte irgendwie diese Band hören. Was war das für ein Hype! Für konventionell sozialisierte Teenager wie mich waren The KLF etwas völlig neues. Dabei waren sie gar nicht neu. Sie trieben schon jahrelang ihr Unwesen in Großbritannien. So waren sie in der zweiten Hälfte der Achtziger nirgendwo auf der Insel wegzudenken. Sie hatten „I wanna dance with somebody“ von Whitney Houston elektrisiert, „Down Town“ durch den Kakao gezogen und all das.
1988 schafften sie es sogar bis auf die Nummer 1 und wurden ständiger Begleiter bei „Top of the Pops“. Aber nicht als The KLF, sondern als The Timelords. Sie vergriffen sich an „Doctor Who“ und Gary Glitter, fuhrwerkten mit einer Zeitmaschine herum und nannten das Ganze „Doctorin‘ The TARDIS“. Darüber gibt es auch ein Buch: „The Manual (How to have a Number One the Easy Way)“.
Nebenbei haben sie aber auch immer weiter Musik gemacht. Nur nannten sie diese Richtung dann „Pure Trance“. Und zu dieser Zeit entstand die ursprüngliche Version von „3 A.M. Eternal“. Maxine Harvey singt darüber, dass es 3 Uhr nachts in London ist und sie ganz allein ist. Ich glaube, das ist der eigentliche Sinn des Liedes: Nächte, die niemals enden. Ricardo da Force hatte zu der Zeit noch nichts mit The KLF am Hut. Aber das änderte sich schlagartig.
Live from the S.S.L.
„This is Radio Freedom“ – Ihr kennt das Intro alle, oder? Ein Piratensender meldet sich, und die Maschinengewehre hämmern los. The KLF kommen mit „3 A.M. Eternal (Live from the S.S.L.)“ um die Ecke. Es war laut, es war anders. KLF wollen dich begeistern, verkündete der inzwischen verstorbene Rapper. Sie wollten natürlich ihr ganzes Theater um das ominöse „Mu Mu Land“ aufrecht erhalten. Aber sie erzählten auch, dass es eine Tatsache ist, dass die Zeit unendlich ist.
The KLF waren immer gesellschaftskritisch. Und mit der weltweit bekannten Version von „3 A.M. Eternal“ wiesen sie darauf hin, dass alles, was der Mensch macht, seine Auswirkungen in der Zukunft haben kann. So, wie sich Drummond und Cauty 1994 hinstellten und 1 Million britische Pfund verbrannten und kund taten, dass The KLF das Musikbusiness verlassen und erst zurück kehren, wenn Frieden auf der Welt herrscht.
„Live from the S.S.L.“ war natürlich Quatsch und bestätigt eigentlich nur das ganze Tamtam, das The KLF während der ganzen Zeit veranstaltet haben. S.S.L. ist eine Mix-Konsole im Studio. Die Marke heißt „Solid State Logic“. So eine Konsole stand im Studio der beiden rum. Und dieses wiederum war „The Sound of Mu(sic)“, später dann „KLF Communications“. Und irgendwie muss das das ominöse „Mu Mu Land“ gewesen sein.
Extreme Noise Terror
The KLF wären nicht The KLF, würde es dann nicht noch einen Nachschlag geben. Denn es gab die BRIT Awards. Sie erhielten eine Auszeichnung für „The White Room“. Und dann traten sie mit Extreme Noise Terror auf. Sie feuerten mit Maschinenpistolen Platzpatronen auf die Zuschauer und gaben erstmal die obige Ankündigung bekannt, das Musik-Business zu verlassen. Es konnte gerade noch verhindert werden, dass die Band eimerweise Kunstblut ins Publikum kippt.
Auf der Aftershow-Party hinterließen The KLF noch einen Schafskadaver mit einem Zettel: „Ich starb für dich, guten Appetit“. Das war offiziell das Ende von The KLF. Aber „3 A.M. Eternal“ sollte bleiben. Das ist übrigens bis heute so. Ich kenne viele Leute, die damals The KLF großartig fanden. Ja, man hat über den Skandalauftritt mit Extreme Noise Terror gehört. Aber sonst wird das Lied als grandios und unübertroffen angesehen. Ein Lied für die Ewigkeit.
Everything you learn will point to the fact that time is eternal
(3 A.M. Eternal – Ricardo da Force)