Es gibt so Lieder, die können gar nicht nervtötender sein. Jedes Jahr zu Weihnachten kocht das Formatradio dem Hörer mit dem fast zum Volkslied mutierten „Last Christmas“ das Hirn weich. Man singt und schunkelt zu der Melodei und macht das traditionsbewusst seit genau 30 Jahren. Was ursprünglich mal vielleicht ein gefälliges Weihnachtslied war, das das Fest weder davon sang noch in den Himmel hob, wurde zum Ohrwurm und dann mit der Zeit für viele einfach nur zum Faktor zum Davonlaufen. Aber am 15. Dezember muss man über den größten Hit im Schaffen von George Michael reden. Auch wenn es schmerzt, es geht nicht anders.
George Michael und Andrew Ridgeley waren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von „Last Christmas“ gefeierte Popstars in Großbritannien und überhaupt in halb Europa. Hits wie „Wham Rap“, „Club Tropicana“, „Wake me up (Before you Go-Go)“ oder „Freedom“ machten aus den beiden große Stars. Und dann kam Epic, die Plattenfirma von Wham auf die geistreiche Idee, mal eben noch eine Weihnachtssingle zu veröffentlichen. Also schusterte George Michael mal eben „Last Christmas“ zusammen. Es gibt Quellen, die behaupten, dass es erst ein Osterlied war, was umgedichtet wurde. Andererseits fehlt dafür jede Bestätigung.
Sei’s drum. In den viereinhalb Minuten schimpft George Michael darüber, dass er jemandem zu Weihnachten im Vorjahr das Herz schenkte und dieses dann am nächsten Tag gleich weggegeben wurde. Was war er nur für ein Idiot, aber wird sich nicht mehr zum Narren machen lassen. Mit Küssen wird man ihn nicht mehr um den Finger wickeln. Ja, so in etwa ist der Sinn.
Das Video dazu wurde im malerischen Saas Fee in den Walliser Alpen aufgenommen. Der Ort ist autofrei, was aber die ganze Armada nicht davon abhielt, mit Stretch-Limos angegondelt zu kommen. Man nahm die Außenaufnahmen direkt am Wintersportort auf, die Innenaufnahmen dann aber etwas weiter weg in irgendeiner Hütte. Es muss ein tierisches Wooling gewesen sein, und zwischendurch durchkämmte man den Schnee, weil die ominöse Brosche aus dem Video verloren war.
Das Lied soll sehr ähnlich zu „Can’t smile without you“ von Barry Manilow sein. Es kam zu einer außergerichtlichen Einigung. Man verständigte sich darauf, dass sämtliche Einnahmen im ersten Jahr dem Projekt „Band Aid“ zufließen sollten. Das besondere an „Last Christmas“ soll dann die Tatsache sein, dass es nicht um ein konkretes Weihnachten (also letzte Weihnachten dann im Jahr 1983) ging, sondern um ein irgendwann stattgefundenes „letztes Weihnachten“, das dann ja in jedes Jahr passt. Und deshalb soll es wohl zum zeitlosen Klassiker reichen.
Seit 1984 nerven uns nun also die Radiostationen und Weihnachts-CD-Herausbringer mit „Last Christmas“ in dutzenderlei Variationen. Es gibt etliche Cover-Versionen. Und wer Pech hat, erlebt innerhalb kürzester Zeit erst das Original und dann irgendeine Cover-Version. Und das ist einer der Gründe, warum ich auf Radio während der Weihnachtstage weitgehend verzichten möchte. Aber man muss eben trotzdem den Erfolg anerkennen. Und deshalb gibt es hier das sagenumwobene Video:
Alle hassen dieses Stück. Trotzdem kommt es andauernd im Radio.