Hab ich Recht? Ihr kennt doch alle das Lied „Walking In Memphis“ von Marc Cohn. Aber kennt ihr auch die Story dahinter? Über das Lied müssen wir mal eben reden. Es ist bis heute der mit weitem Abstand größte Hit des New Yorker Liedermachers. Und es ist eine sehr persönliche Geschichte. Alles trug sich irgendwie rund um die Beale Street zu, dem kulturellen Zentrum der Stadt im Mississippi Delta. Deshalb auch oben das Bild. Aber nun unterhalten wir uns mal eben über die Pilgerreise eines Musikers.
… then I’m walking in Memphis
Ich zog mir meine blauen Wildlederschuhe an und stieg ins Flugzeug. Ich landete im Land des Delta Blues mitten im strömenden Regen. W. C. Handy, halte deine schützende Hand über mich! Ja, ich habe zwar ein Ticket erster Klasse. Aber ich bin so traurig, wie ein Junge nur sein kann. Und dann ging ich durch Memphis.
Ich sah den Geist von Elvis auf der Union Avenue. Ich ging hinter ihm her bis zu den Toren von Graceland. Da sah ich, wie er glatt hindurch ging. Die Wachen haben ihn nicht bemerkt, sie drückten sich nur an seinem Grab herum. Da ist aber ein hübsches, kleines Ding, das auf den King wartet unten im Jungle Room.
Sie haben Wels aufgetischt. Gospel liegt in der Luft. Und Reverend Green, ich möchte gern mit dir reden, wenn du mal nicht gerade betest. „Junge, in Memphis fällt dir immer ein Gebet ein.“
Also, Muriel spielt Piano jede Nacht im „Hollywood“. Sie haben mich dort hingebracht, um sie kennenzulernen. Und sie haben mich gebeten, mit ihr eine kleine Nummer zu singen. Und so sang ich mit aller Kraft. Sie fragte: „Sag, Kindchen, bist du ein Christ?“ – Und ich sagte: „Gnädige Frau, heute Abend bin ich einer.“
Und ich machte meinen Rundgang durch Memphis. Ich ging zu Fuß, aber ich schwebte drei Meter über der Beale. Ich ging durch Memphis. Aber fühle ich mich wirklich so, wie ich mich fühle?
Zu sich finden
„Walking in Memphis“ ist ein zutiefst persönliches Lied von Marc Cohn. Der New Yorker Musiker war wirklich in Memphis. Er war 28 und unzufrieden mit dem, was er bis dahin geschrieben hatte. Er verglich sich mit Größen wie James Taylor oder Jackson Browne, die 10 Jahre jünger waren, als sie ihren großen Durchbruch hatten. Und er nahm sich ein Beispiel an James Taylor, der woanders hin reiste, um seine Schreibblockade zu überwinden.
So kam Marc Cohn also nach Memphis. Im Grunde genommen waren es zwei Dinge, die am Ende zu „Walking in Memphis“ führten. Die eine Begebenheit war ein Gottesdienst mit Reverend Al Green (Ja, der mit „Love is the Message“). Das löste so starke Emotionen in Marc Cohn aus, dass er mit Tränen in den Augen dem Gottesdienst folgte. Die zweite Begebenheit war eben jene Zusammenkunft mit Muriel Wilkins, von der er singt.
Er ist jüdischen Glaubens. Das macht die ganze Sache so besonders. Er hatte seine Mutter im Alter von 2,5 Jahren und seinen Vater 10 Jahre später verloren und wuchs bei seiner Stiefmutter auf. Er hatte diese Verluste immer in seinen Texten verarbeitet und war irgendwie festgefahren. Muriel hatte ihm an dem bewussten Abend mitgegeben: „Jetzt bist du so weit, dass du deine Mutter loslassen kannst.“
Und so fand Marc Cohn zu sich und fand seine Art, sich in Texten auszudrücken. Als er wieder in New York gelandet war, war „Walking in Memphis“ in seinem Kopf fertig. Er spielte Muriel sein Lied später vor, die ihm sagte, dass es das Beste war, was er haben konnte. Leider starb sie vor der Veröffentlichung der Single. Und all das findet sich wieder in „Walking in Memphis“ mit der Beale Street und dem Mississippi Delta und Elvis und Muriel.
Das Lied
„Walking in Memphis“ mit all seinen Verweisen ist eine großartige Nummer. Die Blue Suede Shoes, also die Wildlederschuhe, von Elvis. Der Delta Blues, da das Mississippi Delta als Geburtsstätte des Blues gilt. W. C. Handy, der Musikverleger in Memphis war. Klar, die Beale Street. In der Union Avenue nahm Elvis seine ersten Lieder auf. Zu Graceland müssen wir nichts sagen. Der Jungle Room ist ein seltsames, geschmackloses Zimmer darin. Der Catfish, der Wels also, ist ein typisches Gericht der Südstaaten. Al Green hatten wir. Das Hollywood-Café war der Ort, an dem Muriel spielte. Und hier haben wir nun „Walking In Memphis“:
Ich habe mir damals (!!!) sogar das Album geholt. Das ist top! Kann ich nur empfehlen!
Puh, was eine Story dahinter! Mein Freund und Partner hat seine Eltern auch sehr früh verlieren müssen (2/15) und kam nie darüber hinweg! Walking in Memphis ist einer seiner fav. Songs!! Diese parallele wirft mich grade aus dem Stuhl!! Uff..
…und dieser Artikel/Beitrag kam zwischen meiner Mutter und meinem Geburtstag online 🤯
Bin nicht abergläubisch aber schon Gläubig!!
Das einschlafen wird in dieser Nacht schwierig.. In diesem Sinne wünsche ich euch gute Träume und bleibt Gesund ✌🤍🎶
Ich habe in den späten 80ern zwei Jahre in Mississippi gelebt und mich viel mit der Entwicklung des Blues beschäftigt. Ich stimme Ihrer Textinterpretation von „Walking in Memphis“ zu – bis auf einen Punkt. Im Text heißt es nicht W.C. Hardy, sondern W.C. Handy. Es ist die Rede von William Christopher Handy (1873-1958), dem „Vater des Blues“. Das ist nicht nur deutlich zu hören, sondern passt auch einzig in die Stimmung des Songs.
Hallo Francine, stimmt. Das war bestimmt ein Verschreiber. Das werde ich noch korrigieren. Danke für den Hinweis.