Ein Echo, eine klingelnde Gitarre, ein treibender Rhythmus, eine ernste Geschichte. U2 veröffentlichten vor dreißig Jahren „Where the Streets have no Name“. Es ist ein Meisterwerk und gilt bis heute als eins der erfolgreichsten Lieder der irischen Musikgeschichte. Die filigrane Produktion stellte lange Zeit die Musiker und Produzenten nicht zufrieden, und es entstand ein Lied über die Religion, ein großes Thema in Irland.
We’re still building and burning down love
Ich will weglaufen, will mich verstecken. Will die Mauern einreißen, die mich drinnen halten. Ich will mich ausstrecken und die Flamme berühren, wo die Straßen keinen Namen haben. Ich will das Sonnenlicht auf meinem Gesicht fühlen. Sehe, wie die Staubwolken spurlos verschwinden. Ich will vor dem giftigen Regen Schutz suchen, wo die Straßen keinen Namen haben.
Die Stadt ist eine Flut, und unsere Liebe rostet. Wir sind geschlagen und vom Wind davon geblasen, in den Dreck getreten. Ich werde dir hoch oben auf einer Wüstenebene einen Platz zeigen, wo die Straßen keinen Namen haben. Wo die Straßen keinen Namen haben, bauen wir immernoch die Liebe auf und brennen sie nieder. Und wenn ich da hin gehe, gehe ich mit dir. Das ist alles, was ich tun kann.
Das Besondere an dem Lied
„Where the Streets have no Name“ war einfach nur eine Spielerei vom Gitaristen The Edge. Er klimperte das weltbekannte Arpeggio vor sich hin und nahm das Ganze mit einem 4-Spur-Band auf. Er wollte ein Lied schaffen, das als „ultimativer U2-Live-Song“ gelten könnte. Dennoch war es ungeheuer schwer, das Lied dann zu realisieren. Vor allem das legendäre Arpeggio war schwierig. Von daher gilt „Where the Streets have no Name“ beim Produzententeam Daniel Lanois und Brian Eno als wissenschaftliches Projekt.
Das viel beschriebene Arpeggio ist im 3/4-Takt angelegt, wohingegen das komplette Lied im 4/4-Takt poltert. Um das Lied dann doch fertig zu bekommen, holte man sich Rat von Produzenten-Legende Flood (New Order, Depeche Mode, Nick Cave, Erasure, Nitzer Ebb etc.). Der rettete die vor der Löschung stehenden Einzelteile von „Where the Streets have no Name“ und puzzelte das letztlich fertige Stück zusammen.
Die Inspiration
Der Text zu dem Lied stammt von Sänger Bono. Der hörte, dass man in Belfast schnell mitbekam, welcher Religion man angehörte und was man verdiente. Das wurde daran deutlich, aus welcher Ecke der Stadt jemand stammt. Und er verglich das Ganze mit der Anonymität, die er in Äthiopien erlebte. Dort schrieb er auch diesen Text. Der Ort, wo die Straßen keine Namen haben, wird als spiritueller und romantischer Ort skizziert. Und das war Bono auch wichtig.
Eigentlich ist der Text unbefriedigend, weil man nicht weiß, wie die Geschichte ausgeht. Er will eben mit ihr oder mit ihm an diesen sagenumwobenen Ort gehen. Und das sei alles, was er tun könne. Ja, und dann? Was passiert an diesem Ort? Das offene Ende hinterlässt irgendwie die Hoffnung, dass irgendwann die Klassenunterschiede nicht mehr so groß sein werden. Leider hat sich diese Hoffnung bis heute nicht erfüllt. So wie es auch keine Straßen ohne Namen gibt. Es gibt nur Orte in unserer Fantasie, wo alles gut ist.
Und ich dachte immer, es ginge um New York…