Kennen Sie noch Yazoo? Das war ein relativ kurzlebiges Musikprojekt, welches aber legendär wurde. Trotz dass es nur rund 3 Jahre existierte, brachte es das Duo Alison Moyet und Vince Clarke zu einem einflussreichen Ruhm in der Elektronik-Ecke. Und „Upstairs at Eric’s“, benannt nach den Blackwing Studios, „Eric’s“, von Eric Radcliffe, einer ausrangierten Kirche, brachte es zu formidablem Erfolg.
Das Album ist die erste von zwei Langrillen der beiden Musiker. Sie hat unzählige Musiker zu der Zeit beeinflusst. Und die Hits rund um das Album treiben sich bis heute in Achtziger-Jahre-Parties herum. Am 20. August 1982 kam es auf den Markt.
Begonnen wird das Album mit dem Riesenhit „Don’t go„. Fast im HiNRG-Stil poltern die 3 Minuten daher. Alison Moyet mit ihrer rauen und tiefen Stimme brüllt sich die Kehle aus dem Leib, und Vince Clarke liefert den kalten, elektronischen Soundtrack dazu.
Scheinbar ruhiger kommt dann „Too pieces“ daher. Aber prinzipiell ist hier der unverkennbare Vince Clarke Stil zu hören. Diesen Stil hat er sich auch bei Erasure dann erhalten und schon bei Depeche Mode geprägt. Das Lied an sich ist eine melancholische Synthie-Nummer.
Mit höherer Energie kommt dann „Bad Connection“ um die Ecke. Man könnte fast denken, dass das Lied sich am California Sound der 60er Jahre bedient. Man schwingt automatisch etwas mit. Irgendwie ist es typisches Anfang-80er-Liedchen.
Mit gesampelten Ansagen und Aussprüchen hören wir dann „I Before E Except After C„. Das sehr experimentelle Stück besteht faktisch nur aus sprechenden Stimmen, die gesampelt und gemixt werden. Hier und da hat man ein paar elektronische Töne eingespielt. Es ist ziemliche Geschmackssache.
„Midnight“ ist dann ein Stück, das Sängerin Alison Moyet geschrieben hat. Die Soul-Röhre der Britin kommt hier mal wieder voll zur Geltung. Ansonsten ist das Lied eine schöne, gefällige Nummer, die die Genialität der beiden gut zur Geltung bringt.
Experimentell wird es dann wieder mit „In my Room„, das sich unter anderem mit Osiris beschäftigt. Eine wunderbare, kalte Blues-Nummer. Ich denke, sie gehört zu dem Besten, was Vince Clarke jemals geschrieben hatte. Es geht unter anderem um Einsamkeit und offene Fragen. Ich finde das Lied sehr gelungen.
Ein weiterer großer Yazoo-Hit ist dann „Only You„, das wunderbar schnulzige Liebesliedchen, das Jahre später von den Flying Pickets zum Welthit gemacht wurde. Aber die originale Version zeigt, dass dieses Lied als Synthie-Ballade erst das richtige Feeling ergibt. Es handelt sich um die allererste Single des Duos. Und klasse ist es nach wie vor.
„Goodbye 70s“ könnte genauso gut aus dem ersten Depeche Mode Album „Speak & Spell“ stammen. Irgendwie ist es HiNRG, irgendwie Pop, irgendwie Synthie und Elektro. Die Stimme von Alison Moyet macht das kurze Stück erst richtig rund. Von ihr wurde das Lied ja auch geschrieben, und sie erzählt über den Punk.
„Tuesday“ ist ein typisches Stückchen, was man als englisches Liedgut bezeichnen könnte. Ja, wenn nicht die elektronischen Spielereien und die Samples wären. Es geht um Flucht, um nicht mehr vorkommende Entschuldigungen. Und sie hat eh keine Wahl.
Mit „Winter Kills“ kommen wir zum düstersten Lied des Albums. Die langsame Blues-Nummer von Alison Moyet ist eine kalte Abrechnung mit Vergangenem. Sparsam mit Instrumenten begleitet, kann die Britin dem Werk eine kolossale Stimmung einhauchen.
Beendet wird das Album wieder mit einem typischen Vince Clarke Stück namens „Bring your love down (Didn’t I)„. Das Thema Ende einer Beziehung wird hier zum Abschluss gebracht. Es ist irgendwie so ein Lied, was man immer mit Yazoo in Verbindung bringt. Und somit kommt das Album zum guten Ende.
Ende? Wirklich? Nicht ganz.
Auf der Single „Only You“ befindet sich ein Stück, das dann später noch als Single ausgekoppelt wurde, sich aber nicht auf dem Album befindet. Es dürfte der größte Yazoo-Hit sein: „Situation„. Wie bei so einigen Liedern von „Upstairs at Eri’s“ wird hier auch wieder die Trennung besprochen. Der Stil, funkigen Gesang, elektronische Klänge und kalte Stimmung miteinander zu kreuzen, hat dann praktisch alle Musiker, die auf der Disco-Welle mitschwammen, beeinflusst.
„Upstairs at Eric’s“ ist mit Sicherheit nicht für jeden geeignet. Aber das Album ist legendär. Es wird vieles auf der Scheibe versucht, und vieles funktioniert scheinbar schlechter, als man denkt. Aber vielleicht ist ja diese Stimmung auch so gewollt? Vielleicht wird ja diese Platte auch nur durch diese scheinbaren Versuche so besonders. Jedenfalls hat sie Generationen von Elektronik-Musikern beeinflusst. Und deshalb muss man diese 42 Minuten erwähnen.