Spätherbst 1981: Die britische Band OMD veröffentlichte ihr drittes Album. Das Konzeptalbum ist zu einem wahren Klassiker der Musik geworden. „Architecture and Morality“ ist ein experimentelles Album, was den Hörer in die Mystik und die Elektronik entführt. Es ist die Abkehr von OMD, die bislang mehr oder minder noch mit Punk verbunden waren. Und in 37 Minuten zündeten sie ein Ambient-Elektronik-New Wave-Feuerwerk und spielten sich in die Musikgeschichte.
Das erste Lied – New Stone Age – ist eine schräge Punk-Nummer, die von der Zerstörung erzählt. Das ist es, was er erreicht hat. Aber, um Himmel Willen, was hat er denn getan! Das Lied kritisiert das Verlangen nach immer mehr, was im Zweifelsfall durch Kriege erreicht werden soll. Und damit wird das neue Steinzeitalter eingeleitet.
She’s leaving – eine schnelle Ballade über die Fehler, die in einer Beziehung passieren können. Jeden Tag fängt es von vorn an. Eine billige Angelegenheit, eine schmutzige Wahrheit. Man weiß nie, wie Herzen angeleitet werden. Und man tut nur so, als ob alles gut ist und wäscht seine Hände in Unschuld. Und so geht sie nun, sie hat so lang gewartet.
Es folgt eine bekannte Single. Souvenir – eine Nummer, die es zum Evergreen geschafft hat. Das melancholische Lied erzählt davon, dass alte Dinge beendet werden, aber trotzdem immer präsent bleiben und somit ein Souvenir darstellen. In Deutschland wurde das Lied zum großen Erfolg für Nino de Angelo, der mit „Ein Engel fliegt in die Nacht“ in die Charts kam.
Mit Sealand wird es sehr experimentell, eine typische Seite von OMD. „Sealand“ hieß eine RAF-Basis auf der Wirral-Halbinsel, wo OMD herstammen. Mit dem Lied wollten die Briten einfach ein imaginäres Bild über das Fleckchen zwischen Land und Erde skizzieren. In geschlagenen 7 Minuten ist ihnen das auch gelungen, wie ich finde.
Wunderbar dann der Marsch der Jungfrau von Orleans. Joan of Arc erzählt von dem katholischen Mädchen, das in die Welt zog und ihn allein zurückließ. Es ist mehr oder weniger die Geschichte des Gefolgsmanns von Jeanne d’Arc, der sie vermisst, nachdem sie bereits tot war. Und sie wird immer wieder erscheinen und wieder entschwinden und immer wieder Leute zurücklassen.
Wenn Jeanne d’Arc ein Herz gehabt hätte, würde sie es an Leute wie ihn verschenken, die wissen wollen, wie eine Legende zu sein hat. Er hatte Träume, ihr Herz wegzugeben wie ein Waisenkind am Wegesrand. Sie tat so viel und opferte ihren Körper bis ins Grab. So die OMD-Geschichte von Jeanne d’Arc im Klassiker: Maid of Orleans.
Das Titelstück – „Architecture and Morality“ – ist leider in Deutschland nicht verfügbar. Es handelt sich um ein experimentelles Instrumentalstück. Der Titel des 3-Minuten-Stücks stammt von der Sängerin Martha Ladly und war inspiriert durch das Buch „Morality and Architecture“ von David Watkin.
Mit Georgia wird es dann wieder flippiger. Es geht dabei nicht um den US-Bundesstaat, sondern um Georgien. Sie sind zu gut, um Freunde für immer zu sein. Drei sind zu einem zusammengerollt. Sie dachten, dass sie einander kennen. Sie werden den Morgenstern über Georgien beobachten. Sie tanzen in den Ruinen der westlichen Welt, tragen Scheuklappen und kümmern sich nicht.
Das schönste Lied aber – „The Beginning and The End“ – kann ich wieder einmal nicht vorspielen. Suchen Sie einfach mal danach. Sie werden es nicht bereuen. Aber ich hatte darüber auch schon mal geschrieben. Offensichtlich wird von der Band nicht, wie ich erst glaubte, das Ende eingeleitet. Sondern sie glänzen einfach mal mit Textfetzen.
Zum Album gehört noch ein Lied, das es nicht aufs Album geschafft hat. Es wurde dann später auf der Single „Dreaming“ veröffentlicht. Die Schatten an der Wand sind nur halb so weit von zuhause entfernt, heißt es da. „Gravity never failed“ ist ein Lied über Physik und Einsamkeit. Das passt ja irgendwie zu OMD, oder? Aber wie es eben so ist: Auch das Lied ist nicht in Deutschland verfügbar. Oder doch?
Alles in allem ist „Architecture & Morality“ ein sagenhaftes Album, das OMD zu Weltstars machte. Vor allem „Maid of Orleans“ und „Souvenir“ sorgten dafür. Bis heute gibt es nur ein Album der Briten, das erfolgreicher war, nämlich das Album von 2013 – English Electric.