„Organisation“ ist eins der am wenigsten beachteten Alben von OMD, den 4 inzwischen gealterten Herren aus dem Großraum Liverpool. Das lag vielleicht mit an dem Umstand, dass das Album gerade 8 Monate nach dem punkigen selbstbetitelten Debüt-Album erschien. „Organisation“ ist ein melancholisches, trübsinniges Album. Und es ist eine Perle der gesamten 80er Jahre der britischen Musik. Es wurde mit Lob überhäuft und hat sich auch gut im Heimatland verkauft. In Deutschland nahm noch niemand Notiz von der Band und der einzigartigen Musik. Und deshalb muss man die 40 Minuten einfach mal vorstellen.
„Organisation“ ist ein sehr in sich gekehrtes Album, das auch nachdenklich stimmt. Dumpfe Töne, melancholischer Charme, das zeichnet „Organisation“ aus. Trotzdem hört man den Punk immernoch heraus. Auf dem Album befindet sich die OMD-Heimathymne, die von der Band bis heute auf Konzerten gespielt wird. Und das sind die Lieder:
Das Album beginnt mit der einzigen Single. „Enola Gay“ war ein großer Hit der Band. Es beschäftigt sich mit der Atombombe auf Hiroshima. Zum Jahrestag der Single hatte ich einen Artikel dazu verfasst, weshalb ich mich hier kurz halte.
„Second thought“ ist dann eine sehr melancholische Nummer über die Einsamkeit. Sie ist nicht da, und er macht sich so seine Gedanken, wo sie sich denn herumtreiben könnte. Es ist so lange her, und nun sieht es so aus, als ob sie ihm etwas bedeutet. Leider ist das Video nicht frei verfügbar. Damit Sie aber einen Eindruck von dem Lied erhalten, habe ich ein Cover von Arc in Round.
Zum darauf folgenden „VCL XI“ kann ich Ihnen leider gar nichts anbieten. Das Lied ist nach der Band benannt, die Andy McCluskey und Paul Humphreys kurz am Leben erhielten. Die Band wiederum wurde nach „VCL 11“ auf der Rückseite des Kraftwerk-Albums „Radioaktivität“ benannt. Es gibt keinen wirklichen Text zum Lied, nur Gemurmel und harte elektronische Beats. Leider habe ich nichts zum Anhören für Sie.
„Motion & Heart“ galt lange Zeit als mögliche zweite Single aus dem Album. Die Pläne wurden aber verworfen. Es geht ums Versagen, was immer man versucht, um eine Verbindung wieder auf feste Füße zu stellen. Leider bietet mir das Internet auch nur eine Remix-Version dieses wunderbaren Liedes.
Zentral auf dem Album an fünfter Stelle ist das beste Lied des Albums angesiedelt. „Statues“ handelt von den schweren Depressionen, die man haben kann. Es ist unter den Eindrücken des damaligen Joy Division Sängers Ian Curtis entstanden, der sich kurz vorher umgebracht hatte. Die Band Joy Division benannte sich daraufhin um in „New Order“. Andy McCluskey fragt sich in dem Lied, wie das alles so weit kommen konnte.
Es folgt das „The Misunderstanding„, hier in einer Version aus den Peel Sessions. Sie wissen, wo die Wahrheit begraben ist. Sie wurden zum Schweigen gebracht, aber sind immernoch lebendig. Eigentlich ein wunderbares Lied, das sich auch mit neuer Weltordnung und Big Brother beschäftigt. Man muss aber Zugang dazu finden.
„The more I see you“ ist eine Cover-Version eines Liedes, das zu größter Beachtung 1966 durch Chris Montez fand. Es ist ein simples Liebeslied mit dem Inhalt, dass er sie mehr und mehr will, je öfter er sie sieht. Andy McCluskey besticht hier durch gewollt schiefes und tiefes Singen. Es ist eine ungewöhnliche Version. Schauen Sie einfach mal, ob Sie andere Versionen des Klassikers finden.
Bei „Promise“ hören wir dann Paul Humphreys singen. Die wunderbare Dancepop-Schwoof-Nummer ist leider wieder in Deutschland nicht verfügbar. Es geht schlichtweg darum, dass er ihr seine Liebe gesteht. Ein Versprechen wird gehalten. Und alles läuft darauf hinaus, dass er mit ihr zusammenbleiben will. Schade, vielleicht haben Sie mehr Glück mit einem Video.
Abgeschlossen wird „Organisation“ mit dem famosen „Stanlow„. Stanlow ist eine Erdöl-Raffinerie in Ellesmere Port in Wirral, unweit von Liverpool entfernt. Jedes Mal, wenn die Band von einem Konzert zurückkehrte, sahen sie in der Nacht die Lichter von Stanlow. Keine Jahreszeit konnte es auslöschen. Und man wird melancholisch und erinnert sich an gegebene Versprechen und an wärmende Gefühle, wenn man allein im Regen steht. Selten wurde über einen Industriepark ein derart schönes Lied fabriziert.
„Organisation“ ist ein wunderschönes Album. Es ist leise, melancholisch und überflutet mit Moll-Tönen. Mit dem Album haben die Herren nach dem punkigen Debüt gezeigt, wohin sie sich entwickeln werden. Es folgte das lange Zeit erfolgreichste Album der Band, „Architecture & Morality“, über das ich auch zu gegebener Zeit schreiben werde. Mit „Organisation“ hat die Band gezeigt, dass sie zweifellos fabelhafte musikalische Innovatoren sind.
Das Album braucht seine Zeit, bis es sich dem Hörer erschließt. So ging es mir auch. Über Strecken fühlt sich das Album an wie ein langweiliger Teppich. Wenn man dann aber ins Flair des Albums eingetaucht ist, erkennt man den nebligen Mantel, der sich um einen legt. Mit „Organisation“ zeigten OMD auf jeden Fall ihre breite Dark-Wave-Seite. Und die haben sie sich bis zum bisher letzten Album „English Electric“ bewahrt.